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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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beeindruckt. Wie wird eine Party zu einem denkwürdigen Ereignis? Zunächst durch das Buffet, durch die Kellner, das Orchester, kurz, durch eine Menge Dinge, aber es gibt eine Sache, die den Ausschlag gibt. Weißt du, welche? Die Gästeliste, sagte ich. Richtig, die Gästeliste. Wenn du eine Tussi aus Aguascaliente bist und viel Geld hast und eine denkwürdige Party veranstalten willst, dann setzt du dich mit mir in Verbindung. Ich überwache alles. Nicht anders als eine Modenschau. Ich kümmere mich um das Essen, um die Bedienung, um die Dekoration, um die Musik, vor allem aber, freilich je nachdem, wie viel Geld ich zur Verfügung habe, kümmere ich mich um die Gästeliste. Wenn du willst, dass der Schwerenöter aus deiner heißgeliebten Vorabendserie sich die Ehre gibt, musst du mit mir reden. Sagen wir, ich kümmere mich um die prominenten Gäste. Alles eine Frage des Geldes. Einen prominenten Fernsehmoderator nach Aguascaliente zu holen ist vielleicht nicht möglich. Aber wenn die Party in Cuernavaca stattfindet, könnte es vielleicht gelingen. Ich behaupte weder, dass es leicht, noch dass es billig ist, aber ich kann es versuchen. Den Schwerenöter einer Vorabendserie nach Aguascaliente zu locken ist durchaus möglich, wenn auch ebenfalls nicht ganz billig. Wenn unser Schwerenöter gerade etwas durchhängt, wenn er in den letzten anderthalb Jahren keine Engagements hatte, ist die Chance gegeben, dass er auf deiner Party erscheint. Und der Preis nicht so hoch. Was ist mein Job? Sie zum Kommen zu bewegen. Erst rufe ich sie an, verabrede mich zu einem Kaffee, mache mir ein Bild von ihnen. Dann spreche ich mit ihnen über die Party. Sage, dass es sich für sie lohnen könnte, wenn sie sich dort blicken ließen. An diesem Punkt beginnt in der Regel das Feilschen. Ich biete wenig, sie fordern mehr. Langsam nähern wir uns einander an. Ich verrate ihnen den Namen ihrer Gastgeber. Ich sage, es seien bedeutende Leute, Leute aus der Provinz, aber bedeutende Leute. Ich lasse sie mehrmals die Namen der Frau und ihres Ehemanns wiederholen. Sie fragen, ob ich auch da sein werde. Natürlich werde ich da sein. Alles überwachen. Sie erkundigen sich nach den Hotels in Aguascaliente, in Tampico, in Irapuato. Gute Hotels. Außerdem besitzen die Häuser, in denen gefeiert wird, jede Menge Gästezimmer. Am Ende treffen wir eine Vereinbarung. Am Tag der Party erscheine ich mit zwei oder drei prominenten Gästen, und die Party wird ein Erfolg. Und damit verdienst du genug Geld? Mehr als genug, sagte Kelly, das Problem ist nur, dass es Durststrecken gibt, wenn niemand etwas von Partys im großen Stil wissen will, und da mir Sparen nicht liegt, wird es eng. Später gingen wir irgendwohin, ich weiß nicht mehr, auf eine Party möglicherweise, ins Kino oder mit Freunden essen, und sprachen nicht mehr über die Sache. Auf alle Fälle hörte ich von ihr nie irgendeine Klage. Ich vermute, es ging mit ihr mal besser, mal schlechter. Eines Nachts jedoch rief sie mich an und sagte, sie habe ein Problem. Ich dachte, es handele sich um Geld, und sagte, sie könne auf mich zählen. Aber es ging nicht um Geld. Ich stecke in einer Klemme, sagte sie. Schuldest du jemandem Geld? fragte ich. Nein, das ist es auch nicht, sagte sie. Ich lag im Bett, schlief schon halb und mir schien, dass ihre Stimme anders klang als sonst. Natürlich war es Kellys Stimme, aber sie klang seltsam, als wäre sie, dachte ich, allein in ihrer Modelagentur, säße in einem Sessel und wüsste nicht, was sie sagen oder wo sie anfangen sollte. Ich glaube, ich bin da in etwas reingeraten, sagte sie. Wenn du Ärger mit der Polizei hast, sag mir, wo du bist, und ich hole dich sofort raus. Sie sagte, damit habe die Sache nichts zu tun. Um Himmels willen, Kelly, sprich offen oder lass mich schlafen. Einige Sekunden lang glaubte ich, sie habe aufgelegt oder habe den Hörer auf dem Sessel liegenlassen und sei gegangen. Dann hörte ich ihre Stimme, die klang wie die eines kleinen Mädchens. Sie sagte, ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht, mehrmals hintereinander, und ich war mir sicher, dass sie dieses ich weiß nicht nicht zu mir, sondern zu sich selbst sagte. Ich fragte sie daraufhin, ob sie betrunken sei oder etwas genommen habe. Zuerst antwortete sie nicht, als hätte sie mich nicht gehört, dann lachte sie. Sie sei nicht betrunken und habe nichts genommen, versicherte sie, vielleicht habe sie zwei Whisky Soda getrunken, mehr nicht. Sie entschuldigte sich für den

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