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anderen Soldaten, und sein Verhalten änderte sich, je nachdem, mit wem er gerade sprach. In jener Zeit wurde seinem Unteroffizier das eiserne Kreuz zweiter Klasse für Verdienste bei den Kämpfen in Polen verliehen. Das feierten sie mit Bier. Nachts verließ Hans die Baracke und streckte sich auf dem kalten Lagerboden aus, um die Sterne zu betrachten. Die niedrigen Temperaturen schienen ihm wenig auszumachen. Er dachte dann an seine Familie, an die kleine Lotte, die mittlerweile zehn Jahre alt sein musste, an die Schule. Manchmal bedauerte er es ein bisschen, so früh mit der Schule aufgehört zu haben, denn er ahnte undeutlich, dass er es im Leben besser getroffen hätte, wäre er länger dabeigeblieben.
Andererseits war ihm das Soldatenleben nicht unangenehm, und er spürte kein Bedürfnis oder war nicht dazu imstande, an die Zukunft zu denken. Hin und wieder tat er allein oder in Gesellschaft von Kameraden so, als wäre er Taucher und spazierte wieder über den Meeresgrund. Natürlich merkte das niemand, obwohl einem genauen Beobachter eine leichte Veränderung an seiner Art, zu gehen, seiner Art, zu atmen, seiner Art, zu schauen, hätte auffallen können. Eine gewisse Bedächtigkeit, ein umsichtiges Setzen der Schritte, eine kontrollierte Atmung, eine Glasigkeit der Netzhaut, als würden wegen einer defekten Sauerstoffflasche seine Augen hervortreten oder als ließe ihn just in diesen Momenten seine Kaltblütigkeit im Stich und als könnte er seine Tränen nicht zurückhalten, wozu es übrigens nie kam.
Ebenfalls in jener Zeit des Wartens wurde ein Soldat aus Reiters Bataillon verrückt. Er sagte, er höre sämtliche Funksprüche, die der Deutschen und, höchst erstaunlich, auch die der Franzosen. Der Soldat hieß Gustav, war zwanzig Jahre alt, genau wie Reiter, und nie in der Nachrichtenabteilung des Bataillons eingesetzt worden. Der untersuchende Arzt, ein müde wirkender Münchner, sagte, bei Gustav sei eine auditive Schizophrenie ausgebrochen, dergestalt, dass er im Kopf Stimmen höre, und er verschrieb ihm kalte, beruhigende Bäder. In einem Punkt jedoch unterschied sich Gustavs Fall von den meisten anderen Fällen von auditiver Schizophrenie, bei denen die Stimmen, die ein Patient hörte, sich an ihn selbst richteten, zu ihm sprachen oder ihn beschimpften, während es bei Gustav so war, dass die Stimmen sich darauf beschränkten, Befehle weiterzuleiten, Stimmen von Soldaten, von Pionieren, von Oberleutnants, die den Tagesbericht durchgaben, von Obersten, die mit ihren Generälen telefonierten, von Quartiermeistern, die fünfzig Kilo Mehl anforderten, von Piloten, die das Flugwetter mitteilten. Die erste Behandlungswoche schien sich positiv auf Gustavs Zustand auszuwirken. Er war etwas benommen und wehrte sich gegen die kalten Bäder, schrie aber nicht mehr und sagte nicht mehr, man würde seine Seele vergiften. In der zweiten Woche floh er aus dem Feldlazarett und erhängte sich an einem Baum.
Für die 79. Infanterie-Division erlangte der Krieg an der Westfront keine epische Breite. Im Juni, nach der Sommer-Offensive, durchbrachen sie fast ohne Zwischenfalle die Maginot-Linie und beteiligten sich an der Einkesselung einiger tausend französischer Soldaten in der Region von Nancy. Anschließend bezog die Division Quartier in der Normandie.
Auf der Zugfahrt hörte Hans eine seltsame Geschichte von einem Soldaten der 79. Division, der sich in den Tunneln der Maginot-Linie verirrt hatte. Der Sektor, in dem er herumirrte, hieß nach eigener Aussage Sektor Charles. Der Soldat hatte natürlich Nerven wie Drahtseile, so wurde zumindest behauptet, und suchte unverdrossen nach einem Ausgang zur Oberfläche. Nachdem er rund fünfhundert Meter unter Tage zurückgelegt hatte, gelangte er in den Sektor Catherine. Selbstverständlich unterschied sich der Sektor Catherine in nichts vom Sektor Charles, abgesehen von den Schildern. Nach weiteren tausend Metern gelangte er in den Sektor Jules. Allmählich begann der Soldat nervös zu werden und ließ seiner Phantasie die Zügel schießen. Er stellte sich vor, er würde für immer in den unterirdischen Gängen festsitzen, ohne dass ihm seine Kameraden zu Hilfe kämen. Er wollte schreien, und obwohl er sich anfangs zusammenriss, aus Angst, er könnte die Franzosen, die sich vielleicht noch irgendwo versteckt hielten, auf sich aufmerksam machen, gab er dem Drang schließlich nach und schrie, was seine Lungen hergaben. Aber niemand antwortete, und er lief weiter in der
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