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trafen, sagte er, er sei in Museen gewesen und habe sich dann in ihm unbekannten Vierteln der Stadt herumgetrieben, Vierteln, die er vage aus Erzählungen von Chesterton kannte, die aber nichts mehr mit Chesterton zu tun hatten, obgleich der Schatten von Pater Brown in ihnen fortlebte, auf unkonfessionelle Weise, sagte Morini, als wenn er versuchen wollte, seiner einsamen Odyssee durch die Stadt einen möglichst undramatischen Anstrich zu geben, die Wahrheit aber ist, dass sie ihn sich eher vorstellte, wie er eingeschlossen in sein Hotelzimmer bei offenen Vorhängen stundenlang eine schäbige Hinterhauslandschaft betrachtete und las. Anschließend rief er sie an und lud sie zum Essen ein.
Selbstverständlich freute sich Norton, seine Stimme zu hören und zu erfahren, dass er in der Stadt war, und erschien zur vereinbarten Zeit an der Rezeption, wo Morini in seinem Rollstuhl und mit einem Paket auf dem Schoß geduldig und gelangweilt den Strom der Gäste und Besucher umkurvte, der die Lobby mit einem beweglichen Sortiment aus Koffern, müden Gesichtern, kometenschweifartig den Körpern folgenden Duftnoten in Aufruhr versetzte, die steife und diensteifrige Haltung der Pagen, die philosophischen Ringe unter den Augen des Rezeptionschefs oder seines Stellvertreters, um die immer ein paar Hilfskräfte herumsprangen, die ihrerseits eine Frische umwehte, die gleiche opferbereite Frische, die (in Form geisterhaften Gelächters) einige junge Frauen ausstrahlten, die Morini so taktvoll war, lieber nicht zu sehen. Als Norton eintraf, fuhren sie zu einem Restaurant mit brasilianischer vegetarischer Küche in Notting Hill, das sie kürzlich kennengelernt hatte.
Als Norton hörte, dass Morini seit zwei Tagen in London war, fragte sie ihn, was zum Teufel er gemacht und warum zum Kuckuck er nicht angerufen habe. Morini sagte daraufhin das mit Chesterton, sagte, er habe spazieren gehen wollen, lobte die städtischen Vorkehrungen für die reibungslose Fortbewegung von Behinderten, ganz anders als in Turin, einer Stadt voller Hürden für Rollstuhlfahrer, sagte, er sei in ein paar Antiquariaten gewesen, habe ein paar Bücher gekauft, ohne zu sagen welche, erwähnte zwei Besuche im Haus von Sherlock Holmes, die Baker Street war eine seiner Lieblingsstraßen, eine Straße, die für ihn, einen Italiener mittleren Alters, gebildet, gelähmt, Kriminalromanleser, außerhalb oder jenseits der Zeit lag, liebevoll (das Wort lautete allerdings nicht liebevoll, sondern prachtvoll) eingefangen in den Aufzeichnungen des Doktor Watson. Danach fuhren sie zu Norton nach Hause, wo Morini ihr das Geschenk überreichte, das er für sie mitgebracht hatte, ein Buch mit hervorragenden Fotografien zu Brunelleschi, in dem Fotografen aus vier verschiedenen Nationen bestimmte Bauten des großen Renaissance-Architekten abgelichtet hatten.
»Es sind Interpretationen«, sagte Morini. »Am besten ist der Franzose. Am wenigsten gefällt mir der Amerikaner. Zu protzig. Zu sehr darauf versessen, Brunelleschi zu enthüllen. Brunelleschi zu sein. Der Deutsche ist nicht schlecht, aber am besten ist der Franzose, ich bin gespannt auf deine Meinung.«
Obwohl sie das Buch, das allein schon durch Papier und Einband ein Juwel war, noch nie gesehen hatte, kam es Norton irgendwie vertraut vor. Tags darauf trafen sie sich vor einem Theater. Morini besaß zwei Eintrittskarten, die er im Hotel gekauft hatte, und sie sahen eine schlechte, vulgäre Komödie, die sie zum Lachen brachte, Norton mehr als Morini, der einigen im Londoner Jargon gesprochenen Äußerungen nicht folgen konnte. Anschließend aßen sie zusammen zu Abend, und als Norton wissen wollte, was Morini den Tag über gemacht hatte, gestand er ihr, er habe sich Kensington Gardens und die Italienischen Gärten im Hydepark angeschaut und sich dann ein wenig treiben lassen, obwohl Norton, ohne zu wissen warum, sich eher vorstellen konnte, wie er still im Park saß, ab und zu den Hals reckte, um etwas besser zu erkennen, meistens aber mit geschlossenen Augen so tat, als schliefe er. Während des Essens erklärte Norton ihm die Teile der Komödie, die er nicht verstanden hatte. Da erst wurde Morini klar, dass das Stück noch schlechter war, als er angenommen hatte. Sein Respekt vor der Leistung der Schauspieler jedoch stieg gewaltig, und während er sich, zurück im Hotel, zum Teil noch im Rollstuhl vor dem ausgeschalteten Fernseher auszog, der ihn und das Zimmer wie gespenstische Figuren eines Theaterstücks
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