27 - Im Lande des Mahdi I
Amin?“
„Sehr gut sogar.“
„Was ist er für ein Mann?“
„Er wird für einen ehrlichen Mann gehalten, und ich glaube, daß er dies verdient.“
„Ich freue mich sehr, dies zu hören.“
„Willst du nach Khartum?“
„Ja.“
„Effendi, brauchst du keinen Diener? Nimm mich mit! Ich bin arm; aber du sollst mir gar nichts bezahlen. Nur Essen sollst du mir geben.“
„Gut, du gefällst mir, und ich nehme dich mit. Da du Schiffer bist, ist es mir vielleicht möglich, dich dort in eine gute Stellung zu bringen.“
„Das werde ich mit Freuden annehmen, und du sollst mich nicht als einen Unwürdigen empfehlen. Wann reist du?“
„Das ist noch unbestimmt. Ich erwarte einen Gefährten.“
„Wenn der nun heute schon kommt? Ich könnte da nicht mit, weil ich noch etwas sehr Nötiges hier zu besorgen habe.“
„Auch ich könnte nicht mit fort, denn ich muß heute unbedingt noch nach Maabdah, wo ich hoffe, den Fakir Abd Asl zu treffen.“
„Und ich auch, das ist ja das Notwendige, was ich noch besorgen möchte. Ich will mich an ihm rächen.“
„Überlaß das mir!“
„Nein, Effendi! Du willst ihn haben, und auch ich trachte nach ihm. Wir haben gleiche Ursachen und gleiche Rechte, und wer von uns beiden zuerst kommt, dem hat der andere zu weichen.“
„Wie kannst du dich rächen wollen! Du hast ja nicht einmal ein Messer bei dir!“
„Der Fakir hat es mir unter einem Vorwand abgenommen, damit ich unten im Brunnen kein Werkzeug haben möchte. Ich hoffe aber, daß du, wenn ich dein Diener geworden bin, mir eins leihen wirst.“
Der junge Mann machte einen außerordentlich guten Eindruck auf mich. Er sprach bescheiden und doch so bestimmt. Sein Gesicht hatte die ehrlichsten Züge, welche man sich bei einem Araber denken kann. Und da er die ganze Nilgegend kannte, konnte er mir wohl von Nutzen sein.
Übrigens wurde mir jetzt manches klar, was mir vorher aufgefallen war. Der Knabe, welcher mich geholt hatte, der alte Gärtner, den ich getroffen hatte, von beiden war ich verhöhnt worden. Sie schienen gewußt zu haben, was mit mir vorgenommen werden sollte. Vielleicht waren beide Mitglieder der ‚heiligen‘ Kadirine. Der Fakir hatte mir seinen eigenen Namen und auch den seines Sohnes gesagt; er hatte mir mitgeteilt, daß dieser Ibn Asl jetzt der berühmteste Sklavenjäger sei und dem Führer Ben Wasak in Maabdah einen schlimmen Streich gespielt habe. Diese Mitteilungen konnte er mir nur in einem Anfall von Übermut gemacht haben und wohl vor allen Dingen auch darum, weil er überzeugt war, daß ich kein Wort ausplaudern könne, da ich ja dem Tod geweiht war.
Nun brachen wir auf, um zur Stadt zurückzukehren. Wegen Ben Nil mußten wir langsam gehen, und so dauerte es weit über eine Stunde, bevor wir die ersten Häuser erreichten. Dort fragte ich ihn, ob er mit Waffen umzugehen verstehe.
„Ja“, antwortete er.
„Und wie steht es mit deinem Mut?“
„Stelle mich auf die Probe, Effendi!“
„Ob du sie bestehen würdest?“ meinte da Selim. „Mancher denkt, er besitze Mut, und es ist nicht wahr. Schau mich dagegen an! Ich bin der Held der Helden, der Kühnste der Verwegenen.“
„Das habe ich heute erfahren!“ antwortete Ben Nil ironisch.
„Nicht wahr? Ich bin in die Tiefen der Hölle gestiegen, um dich herauszuholen, und ohne mich würde der Effendi den Ausweg nicht gefunden haben, denn als er den letzten Sand zu entfernen hatte, habe ich ihm geleuchtet.“
„Gehört zum Leuchten Mut?“
„Dazu nicht. Ich muß es nur erwähnen, um zu beweisen, daß ich neben meiner Kühnheit und Verwegenheit auch diejenigen Eigenschaften besitze, welche notwendig sind, einen Gefangenen aus einem unterirdischen Brunnen zu befreien. Du bist Diener des Effendi geworden, und da ich sein Beschützer bin, so bin ich auch der deinige, und ich erwarte, daß du mir ebenso wie ihm gehorchen werdest.“
Da legte ich mich ins Mittel und teilte Ben Nil mit:
„Dieser lange Selim ist weder mein Beschützer noch habe ich sonst ein Verhältnis mit ihm. Er ist der Diener des Gefährten, den ich erwarte; das ist alles.“
„Herr, willst du meine Würde kränken!“ rief Selim aus. „Du nennst mich einen Diener! Ich bin der Haushofmeister, der Freund und Vertraute von Murad Nassyr, den ich zu beschützen habe.“
„So ist hier Ben Nil in derselben Weise und demselben Grad der Freund und Vertraute von mir. Er steht dir also vollständig gleich und hat dir nicht zu gehorchen.“
„Aber er ist doch nicht der
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