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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Haushofmeister mit Selim. Es sollte von den Soldaten gerudert werden. Aber was waren das für Soldaten! Als ich bei meiner Ankunft in Siut von dem Raïs Effendina nach dem Palast geführt worden war, hatte ich im ersten Hof desselben viele alte Männer sitzen sehen. Sie waren nur notdürftig bekleidet und beschäftigten sich mit Stricken, Nähen und anderen sehr friedlichen Arbeiten. Jetzt sah ich, daß dies Soldaten des Pascha gewesen waren. Ihrer zwölf stiegen ein. Sie waren jetzt bis an die Zähne bewaffnet, aber ihre Waffen hatten ein Aussehen, welches mir nicht imponieren konnte, und die Leute selbst sahen eher wie herabgekommene Insassen eines Armenhauses aus als wie tapfere Söhne des Mars, denen das Wohl eines Paschas anvertraut ist. Bald sah ich, daß ich mich wenigstens in Bezug auf ihre Kräfte geirrt hatte. Als die Boote die Mitte des Stromes erreicht hatten und nun die Segel aufgezogen worden waren, legten sich die alten Burschen so in die Ruder, daß ihr Boot wie ein Fisch abwärts schoß und wir in dem unserigen zurückblieben.
    „Halt!“ rief ich. „Wir müssen zusammenbleiben.“
    „Wir kommen ja in Maabdah zusammen“, antwortete der Dicke, indem er seinen Leuten mit der Hand winkte, sich womöglich noch mehr anzustrengen. Hatte er eine bestimmte Absicht dabei? Ich hielt es für sehr möglich. Ich war ein Christ und wollte einen Fakir fangen, welcher allgemein für heilig gehalten wurde. Durfte man das zugeben? War es nicht besser, zu tun, als ob man mithelfe, und dabei den Mann zu warnen?
    Ich gebot den Stallknechten, sich Mühe zu geben, damit wir nicht so sehr zurückblieben; ich nahm selbst ein Ruder in die Hand, doch es war vergeblich. Ich legte es also wieder fort und griff, als wir Mankabat hinter uns hatten, zum Fernrohr, um die rechts vom Nil liegenden Höhen zu betrachten. Auch auf das Boot des Hofmeisters gab ich acht.
    Als wir die Felsen von Maabdah zu Gesicht bekamen, sah ich auf einem über dem Dorf liegenden Vorsprung einen Mann sitzen, welcher den Nil und unsere beiden Boote zu beobachten schien. Ich hätte darauf schwören können, daß es der Gaukler sei. Eben lenkte das vordere Boot nach dem Ufer. Der Mann stand auf und lief fast im Galopp in das Dorf herab, zwischen dessen Hütten er verschwand.
    Die Soldaten stiegen aus und marschierten nach dem Dorf. Noch ehe sie es ganz erreicht hatten, sah ich den erwähnten Mann mit noch einem andern jenseits des Dorfes erscheinen und der Höhe zustreben. Sie verschwanden in einer engen Schlucht. Drei Minuten später legten auch wir an. Es war mir, als ob der zweite Mann der Fakir gewesen sei. Darum ging ich, als ich an das Ufer gesprungen war, nicht nach dem Dorf, sonder ich eilte in gerader Richtung dieser Schlucht zu. Ben Nil folgte mir, ohne daß ich ihn dazu aufgefordert hatte, auf dem Fuße. Der Stallmeister rief mir nach, doch keinen falschen Weg einzuschlagen, und ging, als ich mir gar nicht die Zeit nahm, ihm zu antworten, mit seinen Stallknechten auch dem Dorf zu.
    „Effendi, dein Weg ist der richtige“, meinte Ben Nil. „Vielleicht erreichen wir den Fakir und den Muza'bir.“
    „Hast du sie erkannt?“ fragte ich.
    „Ja. Meine Augen sind wohl fast ebenso scharf wie dein Glas.“
    „Kennst du diese Gegend?“
    „Ja, aber doch nicht so genau, wie ich jetzt wünsche. Wir haben einigemale hier vor Anker gelegen, aber da auf die Berge bin ich leider nicht gekommen.“
    Wir waren über eine Viertelstunde gegangen, ehe wir die Schlucht erreichten. Das Terrain war ein schwieriges, und einen Weg gab es nicht. Sie war sehr schmal und wand sich in kurzen Krümmungen zwischen die steilen Höhen hinein. Nach einiger Zeit teilte sie sich. Da war guter Rat teuer. Sollten wir nach rechts oder nach links gehen?
    Hätte ich gewußt, daß aus der einen Schlucht zwei wurden, so hätte ich gleich anfangs auf etwaige Spuren geachtet. Als ich jetzt suchte, fand ich keine. Der Boden bestand aus wüstem Geröll, in welchem ein Fußeindruck unmöglich war. Wir verließen uns auf unser gutes Glück und wendeten uns nach rechts. Nach fünf Minuten hörte diese Schlucht auf. Wir kehrten also zurück und gingen dann links. Dieser Weg schlug einen Bogen und teilte sich dann auch. Wir gingen links und standen bald vor einer Felsenwand, welche nicht zu ersteigen war, folglich wendeten wir uns rechts. Dieser Weg stieg steil an und führte uns auf eine Felsenplatte, welche auf den andern drei Seiten fast senkrecht in die Tiefe fiel. Wir mußten

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