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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wort gegeben hast? Ja, du mußt es halten, da er die Neger bei sich aufgenommen hat. Wie war doch sein Name?“
    „Murad Nassyr.“
    „Und woher ist er?“
    „Aus Nif bei Izmir.“
    Er blickte schweigend vor sich nieder. Das Gesicht, welches er mir jetzt zeigte, gefiel mir nicht. Darum fragte ich:
    „Kennst du ihn vielleicht?“
    „Es ist mir, als ob ich diesen Namen schon einmal gehört hätte.“
    „Auf gute Weise oder nicht?“
    „Nicht! Ich kann das nicht genau sagen, aber es liegt so in mir. Wenn ich länger nachdenke, werde ich wohl auf das Richtige kommen. Wir haben Zeit dazu, da wir ja miteinander fahren. Lassen wir das jetzt also fallen, und beschäftigen wir uns mit der Gegenwart. Wenn deine Angelegenheit den vorgeschrieben Gang einschlagen sollte, so müßtest du trotz deines Konsuls mehrere Wochen hierbleiben. Da ich dir versprochen habe, daß dies vermieden werden soll, so werde ich der Sache diejenige Wendung geben, welche ich für die allerbeste halte. Wir brauchen dich gar nicht; wir bedürfen nur das Geständnis dieser Schurken und einige Zeugen, welche es hören und später wiedergeben. Zeugen habe ich da, nämlich meine Leute.“
    „Also werden die Täter bestraft werden?“
    „Natürlich! Wehe dem, der wehe tut!“
    „Auch Barak, der Mokkadem?“
    „Hm! Gerade weil dieser Abd el Barak Mokkadem der Kadirine ist, wird ihm schwer beizukommen sein, da niemand, selbst der Höchste nicht, sich mit einer so mächtigen Bruderschaft verfeinden mag; aber ich werde dennoch Mittel und Wege finden, mit meiner ‚rechten Hand‘ an ihn zu kommen. Jetzt folgt mir hinab auf das Deck! Ich werde die drei Kerle vornehmen.“
    Wir stiegen die mehrmals erwähnten schmalen Stufen hinab, wobei die ‚rechte Hand‘, der Liebling, die Karbatsche von seinem Gürtel löste. Dieser brave Diener seines energischen Herrn schien die inquisitorischen Schwächen oder Stärken des letzteren sehr gut zu kennen. Als wir uns dem Mast näherten, an welchem die drei saßen, standen sie auf. Ihre Haltung war gar nicht selbstbewußt, und ihre Gesichter sahen schon jetzt erbärmlich aus. Der Emir, denn so will ich den Raïs Effendina nennen, weil sein Liebling ihm vorhin diesen Titel gegeben hatte, erhob die Hand, und augenblicklich kamen die zehn Männer herbei um einen Kreis um uns zu bilden. Der Untersuchungsrichter wandte sich zunächst an den Kajütendiener:
    „Wie heißt du?“
    „Barik“, antwortete der Gefragte.
    „Also fast wie dein lieber Mokkadem! Woher bist du?“
    „Aus Minieh.“
    „Und doch hast du zu diesem Effendi gesagt, du seiest ein Beni Baazeh namens Ben Schorak! Wie darfst du wagen, einen Mann belügen zu wollen, der in jeder einzelnen Spitze seines Haares mehr Klugheit besitzt als du mit all deinen Vorfahren und Nachkommen gehabt hast und noch haben wirst. Ich rate dir, die Wahrheit zu sagen, da ich nicht so langmütig wie dieser Effendi bin. Hast du gestern den Geist gemacht?“
    „Nein.“
    „Gut! Besinne dich! Den Takt wollen wir dir dazu angeben.“
    Ein Wink von ihm, vier Leute legten den Leugnenden auf den Boden, hielten ihn dort fest, und der ‚Liebling‘ schlug den Takt in einer solchen Weise, daß der gefühlvolle Mann beim fünften Hieb schrie:
    „Halt! Ich will gestehen!“
    „Dachte es mir! Also warst du eines der Gespenster?“
    „Ja“, antwortete der Gefragte, welcher noch liegend festgehalten wurde.
    „Wer waren die beiden anderen?“
    „Der Mokkadem und sein Diener, welcher zugleich sein Schreiber ist.“
    „Wie oft habt ihr gespukt?“
    „Von kurz nach dem Tod des Hausbesitzers an.“
    „So sind wir jetzt mit dir fertig. Stehe auf, und stelle dich hier an den Mast.“
    Die vier ließen ihn los, und der Liebling zog ihm noch einen solchen Hieb über den Rücken, daß er so schnell wie wohl noch nie in seinem Leben emporflog. Der Emir richtete nun den Blick auf den Raïs und sagte:
    „Du kennst mich und weißt genau, wie lieb ich dich habe und welche Macht mir über dich gegeben ist. Du wirst mir genaue und wahre Antwort geben, sonst bekommst du auch die Peitsche!“
    Das war dem Alten wohl noch nicht geboten worden; er fuhr daher zornig auf:
    „Emir, ich bin ein gläubiger Moslem und kein Sklave oder Diener, sondern der Kommandant dieser Dahabiëh!“
    Der Liebling wußte schon, was er in einem solchen Fall zu tun hatte; er fragte nicht, nicht einmal durch einen Blick, sondern strich ihm im Gefühl seiner Majestät, oder kürzer deutsch gesagt, seiner

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