271 - Früchte des Zorns
nach hinten, gegen seinen Kumpanen, der erschrocken aufschrie. Den dritten Angreifer beschäftigte indes Manoloo. Er tat sich leicht. Es handelte sich um ein dürres kleines Männlein, das sich nur humpelnd vorwärts bewegte - und plötzlich, da es vom Saaden im Gesicht getroffen wurde, erschrocken aufschrie.
»Eine Frau!«, sagte Manoloo und tat einen Schritt zurück. »Noch dazu die hässlichste, die ich jemals gesehen habe!«
Die Frau rief ein paar unflätige Worte, bevor sie sich tiefer in die schmale Gasse zurückzog. Ihre beiden Begleiter folgten ihr. Auch sie waren gezeichnet, wie Matt feststellte. Der Vordere mochte einmal ein geübter Kämpfer gewesen sein, doch statt der Rechten trug er nur noch einen nutzlosen Armstumpf. Der Mann dahinter war bleich und aufgedunsen wie ein Ballon, kaum noch in der Lage, eine koordinierte Bewegung auszuführen. Alle drei liefen sie davon, ohne sich weiter um ihr Opfer zu kümmern, das bewegungslos im Dreck liegengeblieben war.
»Trau dich niemals mehr in die Dunklen Wege hinab, Hoorge!«, rief der Einarmige, bevor er um die Ecke verschwand. »Sonst wirst du es bereuen!«
Die Schritte der Flüchtenden klangen hohl von den Wänden wider, entfernten sich immer weiter. Dann herrschte Ruhe.
Matt beugte sich zu dem verkrümmt daliegenden Mann hinab. Wie hatte man ihn genannt? Hoorge?
»Du bist in Sicherheit«, sagte er so ruhig wie möglich. Er griff nach einem Arm des Mannes und deutete Manoloo, ihm zu helfen. Der Saade und er zogen Hoorge hoch, schleppten ihn mit vereinten Kräften zum Ausgang der Gasse, wo eine Straßenlaterne ihr Licht verbreitete.
»Nicht!«, ächzte er. »Niemand darf mich sehen!«
»Aber du bist verletzt! Du brauchst einen Arzt.«
»Mir… geht es gut.« Hoorge beugte sich zur Seite, hustete, spuckte Blut.
»Aber sicher.« Matt bedeutete Aruula und Tumaara, an Ort und Stelle zu bleiben. Noch wusste er die Situation nicht richtig einzuschätzen. Es war besser, wenn die beiden Frauen auf Distanz blieben. Sie sollten ihre Rollen weiter spielen und gegebenenfalls von den Geschehnissen im Schatten ablenken. »Erzähl uns, was geschehen ist.«
Hoorge richtete sich erstmals zu voller Größe auf. Er war eine Handbreit größer als Matt und spindeldürr. Die Zähne seines Pferdegebisses mahlten ununterbrochen aufeinander, seine Augen blickten stumpf. »Nichts, gar nichts«, wiegelte er ab. »Das war ein Missverständnis unter Freunden.«
»Deine Freunde haben dich grün und blau geschlagen. Und sie drohten dir, ihnen nur ja nicht zu folgen.«
»Undankbares Pack!«, murmelte Hoorge.
Matt setzte den Mann auf die Mülltonne und öffnete sorgfältig dessen Hemd. Es starrte vor Schmutz, wie auch die Hose nur aus Lumpen bestand. Vorsichtig wischte er Blut von Hoorges Bauch und betrachtete die Narbe darunter. »Ein Messerstich. Du hast Glück gehabt. Die Klinge hat die Haut gerade mal geritzt.« Er zog ein Taschentuch hervor und drückte es gegen die Wunde.
»Ich sagte ja: Es ist nichts.«
»Atme bitte mehrmals kräftig durch.«
Der Mann tat ihm zögernd den Gefallen. Er stank bestialisch aus dem Mund. Nach Magensäure. Nach jemandem, der unter chronischer Unterernährung litt.
»Die Rippen dürften nichts abbekommen haben. Aber die Wunde gehört desinfiziert und genäht. Ein paar Tage Ruhe und du bist wieder auf den Beinen.«
»Ruhe?« Hoorge lachte bitter. »Ich soll mich wohl in meine Villa zurückziehen, mich von Sklaven pflegen lassen und mein Dasein genießen? Ist es das, was du mir empfiehlst?«
»Nein. Ich…«
»Geh doch zurück ins Licht zu deinen Freunden! Gehörst du etwa zu den beiden großgewachsenen Luxusweibchen da vorne? Bist du ihr Galant, darfst du ihnen das Bettchen wärmen?« Hoorge stand auf, redete sich immer mehr in Rage. »Man sieht dir an, dass du ein Tuuri bist. Glaubst du etwa, dass es in dieser ach so sauberen kleinen Stadt keine Armut gibt? Keine dunklen Seiten? - Du weißt nicht, wie es ist, wenn man in Monacco lebt und nicht dazugehört …«
Matt schwieg. Er ließ den Schwall an Anklagen über sich ergehen und wartete, bis Hoorge geendet hatte. Nachdem er sich all seinen Frust von der Seele geredet hatte, wirkte er leer und erschöpft.
»Wie du schon richtig erkannt hast: Ich bin bloß ein Tuuri«, sagte Matt nachdenklich. »Aber es war mir von vorneherein klar, dass es in Monacco um nichts besser oder schlechter sein würde als in anderen Teilen dieser Welt.«
»Ich weiß nichts von der Welt. Ich möchte bloß
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