277 - Xij
johlend auf den am Boden liegenden Hellhaarigen zu. Sie wollten ihm den Garaus machen.
»Er lebt noch!«, rief jemand. »Tötet ihn!«
Der Hellhaarige hob den Kopf, sah den rasenden und mordlüsternen Mob und war im Nu auf den Knien. Keine Sekunde später blitzte eine Waffe in seiner Hand auf. Xij erkannte sie auf den ersten Blick. Es war ein Driller vom Typ Mark VII.
Dieser Mann konnte unter keinen Umständen ein Vasall ihres Onkels sein.
Die Zeit blieb stehen: im Jahr 2248. Sie hieß Ralph Haller. Sie war Lieutenant der WCA. Nein, nicht sie . Ich. Er. Man hatte ihn an die Oberfläche geschickt, um… Er war vereidigter Henker. Er verfolgte… Er verfolgte. Man hatte ihm ins Gesicht geschossen.
Die Zeit lief weiter: Der Hellhaarige schoss.
Vor Dopees Füßen spritzte rotschwarze Tannenwalderde auf. Überraschung. Erschrecken. Geschrei. Nicht alle warfen sich zu Boden.
Dopee wich seitlich aus, verlor aber den Boden unter den Füßen und fiel aufs Maul. Der Mann hinter ihm, ein knochiges Individuum, das eine Axt schwang, musste es ausbaden: Die nächste Kugel stanzte ein Loch in seinen Schädel - und explodierte dann. Knochensplitter und Spritzer trafen jene Männer, die ihn umgaben. Sie schrien entsetzt auf, spuckten, schlugen um sich.
Doch statt den Ernst der Lage zu erkennen und in Deckung zu gehen, lief die Meute weiter.
Auf den hellhaarigen Techno zu, der eindeutig aus den alten Staaten kam.
»Aufhören!«, schrie Xij. »Sofort aufhören!«
Niemand hörte auf sie.
Die nächste Kugel traf Digg - glücklicherweise nur ein Streifschuss, der seinen Oberschenkel perforierte, aber erst hinter ihm in einer Explosion endete, deren Druckwelle ihn nach vorne warf und schreiend einen Meter vor dem Schützen auf dem Boden landen ließ. Aus Diggs Bein spritzte Blut. Er schrie wie am Spieß. Der Amerikaner verpasste ihm einen Haken, der Digg verstummen ließ, weil er nun ohnmächtig war.
Die kaltblütige Reaktion des Hellhaarigen erschreckte Duncayn von Loxlee und seine Leute nun doch. Sie blieben wie ein Mann stehen und stierten ihn an.
»Wer näher kommt«, knirschte der Fremde, »beißt ins Gras!« Er deutete mit dem Kinn auf den Driller. »Ihr habt gesehen, was diese Waffe anrichten kann! Riskiert es nicht!«
Xij hörte eine Menge Männer Flüche ausstoßen. Trotz der drastischen Demonstration des Drillers schienen einige von ihnen noch immer einen Vorstoß zu erwägen.
Um ein Blutbad zu verhindern, drängte sich Xij nach vorn. »Seid vernünftig! Hört auf ihn!« Sie baute sich neben Duncayn und Dopee auf und schaute sich den Mann an. Er war sehr exotisch gekleidet; moderner, als es üblich war. Sie witterte Kunststoffe. Was machte der Bursche hier?
Sie empfand widerstreitende Gefühle. Einerseits freute sie sich, jemanden zu sehen, der einer technischen Zivilisation entstammte, andererseits ahnte sie aber auch, was sein Auftauchen bedeutete: Der Imperialismus war auf dem Vormarsch. Die Yankees hatten Europa neu entdeckt. Wollten sie es nun kolonisieren?
Was um alles in der Welt denkst du da?
»Warum habt ihr Scheißkerle uns angegriffen?«, schnappte der blonde Fremde und holte Xij aus ihrer bizarren Gedankenwelt zurück. »Begrüßt ihr alle Reisenden auf diese Weise?« Und etwas leiser: »Verdammt - ich sollte euch allesamt abknallen, anstatt zu reden…!« Das tat er dann aber doch nicht, sondern nahm zuerst Duncayn und Dopee, dann Xij in Augenschein. Er wies mit dem Driller auf sie. »Komm her, Junge!«, sagte er. »Und die Pfoten hoch!«
Totenstille. Xij hörte Duncayn schlucken. Sie setzte sich in Bewegung. Zwei Schritte vor dem Fremden hob er die Linke.
»Stopp! Und nun gib mir deine Waffe!«
Nun war Xij nahe daran zu fluchen. Widerstrebend fischte sie die Waffe aus einer ihrer Taschen und reichte sie ihm am Lauf. Er nahm den Nadler entgegen und ließ ihn in seiner Beintasche verschwinden. Xij sah, dass er einen länglichen Gegenstand in einem Futteral am Gürtel trug, aber sie konnte ihn nicht identifizieren. Eine zweite Waffe?
Dann wies der Amerikaner auf den am Boden liegenden Digg. »Du solltest ihm das Bein abbinden, bevor er verblutet«, sagte er. »Hol dir das Zaumzeug der Androne, die du auf dem Gewissen hast, und kümmere dich um ihn! Und keine falsche Bewegung!«
Xij nickte knapp, eilte zu der verendeten Androne und schnitt ein Stück Zügel ab. Dann kehrte sie zurück, bückte sich und band Diggs Bein ab. »Wer bist du?«, fragte sie.
»Das geht dich nichts an.« Der Mann war
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