Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
Vom Netzwerk:
fünfzehnjährige Ben sein, von dem sie mir erzählt hatte.
    «Was ist hier los?», fragte ich empört.
    Natürlich war das eine ziemlich dumme Frage. Es war doch ganz klar, was hier los war: Dieses kleine Mädchen, das viel zu jung fürs Küssen war, knutschte herum. Und zwar ganz schön intensiv.
    Hannah ließ von dem rothaarigen Jungen ab, und der besaß wenigstens den Anstand, rot anzulaufen, sodass seine Gesichtsfarbe nahezu perfekt zu seinen Haaren passte. Hannah besaß diesen Anstand nicht. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, grinste mich frech an und fragte: «Wonach sieht es denn aus?»
    Am liebsten hätte ich ihr eine geknallt.
    «Du machst das mit Daniel doch auch», sagte sie.
    «Aber ich bin älter, und ich mach das nicht in der Öffentlichkeit und … warum zum Teufel diskutiere ich überhaupt mit dir?»
    «Frag ich mich auch», grinste sie noch frecher.
    Jetzt hätte ich ihr gerne zwei geknallt.
    «V… v… vielleicht sollte i… ich g… g… gehen», stammelte der Junge, der mittlerweile so dunkelrot im Gesicht war, dass man befürchten konnte, er würde gleich platzen.
    Ich war so zornig, dass ich am liebsten fies geantwortet hätte: G… g… gute … Idee … T… T… Trottel.
    Aber so fies, ihn nachzuäffen, war ich dann doch nicht. «Das solltest du tun.»
    «Find ich nicht», widersprach Hannah.
    «A… a… aber …», stammelte Ben.
    «Du bleibst!», befahl sie, schaute dabei allerdings nicht zu ihm, sondern blickte mich provozierend an.
    Der Junge sah unsicher zwischen uns zwei Schwestern hin und her. Er überlegte ganz offensichtlich, wessen Zorn schlimmer würde.
    Die arme Sau.
    Anscheinend befand er, dass Hannah ihm übler zusetzen würde als ich, denn er bewegte sich nicht. Ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen, packte Hannah am Handgelenk und erklärte: «Du kommst jetzt mit rein!»
    «Lass mich los», schimpfte sie, während Ben vor lauter Angst beschloss, das Atmen einzustellen.
    «Ich denk gar nicht daran», erwiderte ich und zog meine Schwester die Stufen rauf.
    «Ich hab gesagt: Lass mich los!», wütete sie und schlug gegen meinen Arm. Genau auf meine Wunde.
    Ich schrie auf, und mir wurde schwarz vor Augen. Ich ließ Hannah los und hielt mich am Geländer fest, um nicht auf der Treppe zusammenzubrechen.
    «Was ist, Mira? Was ist?», schrie Hannah verängstigt.
    Ihre Stimme schien mir ganz weit entfernt.
    «I… ich g… g… glaube … d… d… du hast ihr … w… w… weh getan», sagte Ben Rothaar.
    «Das sehe ich selber!»
    Mein Schmerz ließ nur langsam nach. Ich ließ das Geländer los, hielt meinen Arm, öffnete wieder leicht die Augen und erkannte verschwommenen Blickes, dass ich die Tasche mit dem Brot hatte fallen lassen. Ben Rothaar hob sie auf, während Hannah mich stützte. Der Schmerz wurde erträglicher, dafür wurde mir nun speiübel.
    «Wie, wie ist das passiert?», fragte sie erschrocken und deutete auf den mittlerweile getrockneten Fleck auf meiner Bluse. Den hatte sie vor lauter Streit zuvor nicht bemerkt. Sein Anblick ängstigte sie.
    «Später», keuchte ich und kämpfte dagegen an, nicht den ganzen Apfelsaft, den mir Amos zu trinken gegeben hatte, wieder auf die Treppe zu spucken.
    Bei dem Gedanken an Amos wurde mir wieder schwarz vor Augen.
    Hannah bat Ben Rothaar: «Es ist wirklich besser, wenn du jetzt gehst.»
    Das fand er auch.
    Er gab ihr die Tasche mit dem Brot, fragte aber noch: «S… s… sehen wir uns m… m… morgen?»
    «Ja, klar», antwortete sie knapp.
    Ich war viel zu benommen, um ihr ein Treffen zu verbieten.
    Ben Rothaar lächelte erfreut – der Stotterer mochte die Kleine wirklich sehr – und eilte davon.
    «Ich bring dich nach oben», sagte Hannah lieb zu mir.
    Die Situation hatte sie nicht völlig panisch werden lassen, stattdessen versuchte sie sie in den Griff zu bekommen. Meine kleine Schwester war reifer, als ich gedacht hatte. Nicht nur was Jungen anging. In diesem Moment war ich stolz auf sie.
    Und dann spuckte ich auf die Treppe.

13
    Beim Abendessen bekam ich von dem Sägemehlbrot vor lauter Übelkeit nichts herunter, daher teilten sich Mama und Hannah den Laib. Wobei Teilen ein relativer Begriff in diesem Zusammenhang war. Hannah schlang mehr als zwei Drittel des Brotes herunter, schmatzte und rülpste. Absichtlich. In meine Richtung. Als nachträglichen Protest gegen die Unterbrechung ihrer Knutscherei. Zusätzlich war sie auch noch beleidigt, weil ich ihr immer noch nicht erzählt hatte, wie ich

Weitere Kostenlose Bücher