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283 - Der Zorn der Königin

283 - Der Zorn der Königin

Titel: 283 - Der Zorn der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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auch Pancis war nicht hier; er holte neue Gasflaschen für Rulfans Luftschiff aus Glesgo, wie Glasgow heute genannt wurde.
    Myrial hieß Rulfans hübsche rothaarige Geliebte, die aber nicht besonders glücklich aussah. Im Augenblick schenkte sie Aruula gerade Tee nach. Xij wusste aus einem Gespräch zwischen der Barbarin und Drax, dass Myrial schwanger war. Offenbar fühlte sie sich von Rulfan alleingelassen in der großen Burg. Obwohl sie ja eigentlich nicht alleine war: Ihre Mutter, ein paar Hausangestellte und ihre Brüder Turner und Arteer lebten auch hier. Die Brüder saßen rechts von Xij und hingen an den Lippen dieses unverschämt attraktiven Mannes mit der verstümmelten Hand: Jed Stewart!
    Er war der Grund, warum sie nicht sofort wieder aufgebrochen waren. Er hielt sich seit gestern mit seiner Gefährtin Nimuee auf Canduly Castle auf und war überrascht und erfreut gewesen, als Matt und Aruula am nächsten Morgen hier eintrafen, gerade als er sich wieder auf den Weg machen wollte. Er begrüßte die beiden herzlich; es folgten ein reger Austausch und lange Diskussionen, auch über das brennende Raumschiff, das hier in Schottland natürlich ebenfalls gesichtet worden war.
    Xij konzentrierte sich wieder auf die Unterhaltung. Eben erwähnte Stuart ein Gerücht, das seinen Worten nach seit Tagen umging: Eine gewisse Queen Victoria sollte nach London zurückgekehrt sein, um erneut den Thron von England zu besteigen.
    Obwohl das in Xijs Ohren nicht sonderlich spektakulär klang - sie wusste von den Windsors, die schon ewig lange für die englische Krone herumrepräsentierten, aber das Königshaus hatte sie nie sonderlich interessiert -, riss es Matt und Aruula förmlich aus ihren Sesseln.
    »Was?«, entfuhr es dem Commander. »Bist du dir sicher?«
    Stuart schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht . Es ist, hm, ein Gerücht«, entgegnete er. »Warum fragst du?«
    Matt Drax berichtete, und so erfuhren sie, dass er und Aruula auf Guernsey Victoria Windsor als einzige überlebende Techno angetroffen hatten. Sie war geistig verwirrt gewesen - was daran liegen konnte, dass ein Schatten sie leicht berührt hatte und sie langsam, von der Schulter ausgehend, zu Stein wurde. Zu dritt konnten sie in einem Boot von der Insel fliehen, doch unterwegs war Victoria dann vollends versteinert. [4]
    Matt und Aruula hatten sie an der Südküste Britanas begraben - und das war auch der Grund, warum sie auf die Nachricht, sie sei wieder aufgetaucht, so heftig reagierten. Sie hatten natürlich angenommen, die wieder zum Leben Erwachte sei elendiglich in ihrem Grab erstickt.
    »Ich hatte schon vor, dem Gerücht, äh, nachzugehen und jemanden nach Landán, nun, zu entsenden«, sagte Jed Stuart. Xij musste über seine Art zu sprechen schmunzeln; er verwendete haufenweise »Ähs« und »Hms« und »Nuns«, als müsste er dauernd mitten im Satz überlegen, was er eigentlich sagen wollte.
    »Das können wir übernehmen«, entgegnete Matthew schnell und wechselte einen kurzen Blick mit seiner Gefährtin, die ihm zunickte. »Es ist zwar ein Umweg, aber das sind wir Victoria schuldig.« Er räusperte sich. »Es kann allerdings einige Zeit dauern, bis wir dir das Ergebnis mitteilen können. Erst will ich die Landestelle im Osten finden.«
    »Schick mir einfach einen, äh, berittenen Boten«, schlug Jed Stuart vor. »Gib ihm«, er nestelte in seinem Wams herum und schnippte Matt dann etwas Goldglänzendes zu, »diese Münze und sag ihm, er bekäme von mir, hm, vier weitere.«
    Hamlet warf Stuart einen versonnenen Blick zu: Der König von Schottland trug schulterlange, dunkelblonde Haare, war bärtig, schlank und groß. Vielleicht hatte er fünfzig Winter gesehen, vielleicht auch schon mehr. Dem Aussehen nach nichts Besonderes und viel zu alt für sie. Doch etwas an dem Kerl zog Xij magisch an.
    In seinen grauen Augen loderte ein Feuer. Lebenshungrig und neugierig, alles Fremde zu ergründen. So deutete die junge Frau aus Doyzland dieses Feuer. Obwohl seine Erscheinung und Sprache Zurückhaltung ausdrückten, blieben Xij die Spuren von Schmerz, Hass und Verlust in seinem Gesicht nicht verborgen.
    Jed Stewart hatte zweifellos schon viel erlebt und in Abgründe geschaut, die die meisten Menschen wohl nur aus finsteren Albträumen kannten. Auch wenn er inzwischen seinen Frieden gefunden hatte, so saßen die Erinnerungen immer noch wie lauernde Tiere in seiner Brust.
    Hamlet kannte das aus eigener Erfahrung. Auch in ihrer Brust schlummerten Bestien.

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