2887 - Der Tod gab mir die Hand
ließ uns lächelnd ein und fragte, ob er uns eine Erfrischung anbieten dürfe. Sehr höflich, dachte ich. Sehr nett. Der Knabe weiß, was sich gehört. Ich lehnte dennoch dankend ab.
Und dann kamen wir ohne Umschweife zur Sache. Als wir Willard Banks darauf hinwiesen, dass innerhalb kurzer Zeit drei Personen, die seinem Bruder sehr nahe gestanden hatten, gewaltsam ums Leben gekommen waren, nahm er es mit unbewegter Miene zur Kenntnis, und seine Augen fragten: Na und? Warum kommt ihr damit zu mir? Glaubt ihr etwa, ich habe damit auch nur das Geringste zu tun?
Verdammt, ja, dachte ich, das tun wir!
Er mimte den Harmlosen, den Unschuldigen, zeigte Verständnis für unseren schwierigen Job, um den er uns bei Gott nicht beneidete, gab sich aber nicht die winzigste Blöße, war schlau, wachsam und bedacht. Selbstverständlich war für ihn Mord eine sehr schlimme, höchst verwerfliche Sache, die niemand gutheißen konnte.
Wir konnten davon ausgehen, dass er wusste, dass wir ihm nicht glaubten. Es gehörte für ihn gewissermaßen zu den Spielregeln, so etwas zu sagen. Und er hielt sich sehr konzentriert daran.
Ich verglich Willard Banks insgeheim mit einem Stück nasser Seife. Man musste schon sehr geschickt zupacken, wenn man ihn kriegen wollte, sonst flutschte er einem durch die Finger.
Phil musterte Willard eine Weile nachdenklich. Dann fragte er: »Haben Sie Angst, Mister Banks?«
Der Drogenbaron sah meinen Partner an, als wäre er über diese Frage sehr verwundert. »Ich?« Er setzte ein unbekümmertes Lächeln auf. »Nein. Wieso sollte ich Angst haben, Agent Decker? Vor wem sollte ich mich fürchten?«
Phil zog die Schultern hoch. »Nun, vielleicht vor Ihrem Bruder?«
»Vor Chester?« Willard Banks schüttelte den Kopf. »Den fürchte ich nicht. Den verachte ich.« Seine Miene verfinsterte sich. »Es tut mir sehr leid, das sagen zu müssen, aber es ist bedauerlicherweise so.« Er sah meinem Partner fest in die Augen. »Ich habe es schon einmal gesagt, und ich möchte es heute mit allem Nachdruck wiederholen, meine Herren: Chester Banks mag vieles sein, aber er ist kein Krimineller . Er ist Geschäftsmann . Genau wie ich.«
Eine Unwahrheit wird nicht dadurch wahr, indem man sie immer wieder wie ein Mantra wiederholt, dachte ich.
Zu den Morden an Lester Hoblit, Reni Fisher und Alden Wilcox hatte Willard Banks begreiflicherweise nichts zu sagen.
Da wir – wie nicht anders zu erwarten – Willard Banks mit unseren lästigen Fragen und versteckten Anspielungen langsam auf den Senkel gingen, versuchte er uns so loszuwerden, dass es nicht einem Rauswurf gleichkam.
Wir kamen seiner unausgesprochenen Aufforderung nach.
Ich dankte dem Drogenbaron dafür, dass er sich für uns Zeit genommen hatte, und er erwiderte pathetisch: »Aber das ist doch selbstverständlich, Agent Cotton. Man hat als amerikanischer Staatsbürger schließlich nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, und eine davon ist, jenen, die in unserem schönen Land so unermüdlich für Recht und Ordnung sorgen, nach bestem Wissen und Gewissen im erbitterten Kampf gegen das Verbrechen zu unterstützen. Letztendlich kommt uns das ja allen zugute.«
Schön gesagt, dachte ich. Aber nicht den dafür verwendeten Atem wert.
***
Alain Hosse plante seine nächsten Schritte mit sehr viel Akribie. Schließlich ging es darum, Willard Banks’ Auftrag effizient zum Abschluss zu bringen und mit prall gefüllten Taschen nach Marokko zurückzukehren. Zurück in ein geruhsames Leben.
So, wie er es zehn Jahre lang geführt hatte. Er überlegte, was er mit der Million machen sollte. Die Hälfte davon sollen Zoe und Kitty bekommen, dachte er. Bleiben 500.000 für mich. Ich werde sie dafür verwenden, aus meinem Haus in Marrakesch einen Palast zu machen.
Aber zuerst musste er sich noch um Chester Banks kümmern.
Er ist vorsichtig geworden, seit er Alden Wilcox verloren hat, ging es Hosse durch den Sinn, verlässt sein Penthouse nur noch selten, und wenn, hat er mindestens zwei höchst wachsame Gorillas bei sich. Kerle, die bereit sind, sich für viel Geld für ihn in Stücke reißen zu lassen. Ich muss herausfinden, wo er am leichtesten zu kriegen ist.
Hosse beschäftigte sich fast rund um die Uhr mit Chester Banks und brachte in Erfahrung, dass in Kürze auf dessen 40-Meter-Jacht eine Riesenparty steigen sollte. Mit den edelsten Damen, die sich dafür auftreiben ließen.
Seit Chester und Willard getrennte Wege gingen, lud Ersterer jedes Jahr zu diesem ebenso
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