2895 - Zeugen leben nicht lange
Auslöser dafür war, wer dann?«, fragte ich.
Mein Partner erhob keine Einwände, außer gegen den Platz für solche Überlegungen.
»Ich stimme dir zu, Jerry. Aber auch für einen Neustart gibt es bessere Plätze als den Parkplatz eines Krankenhauses«, sagte er.
Da er natürlich recht hatte, startete ich den Motor und fuhr zurück ins Field Office. Dort gingen wir zuerst zu Mr High, um ihn über das Ergebnis der Vernehmung zu informieren. Anschließend zogen Phil und ich uns ins Büro zurück, um mit den Ermittlungen ganz von vorne anzufangen.
***
Es war immer schwierig, sich aus gewohnten Denkmustern zu befreien. Nachdem wir bereits so viel Arbeit in die Ermittlungen gegen das Netzwerk korrupter Angestellter investiert hatten, mussten wir uns nun davon freimachen.
»Es ist fatal, wie sich alle Hinweise auf Derek Storm verdichten. Alle anderen Fälle sind von den Kollegen ergebnislos überprüft worden. Es hat fast den Anschein, als wenn es nur dieses eine Motiv für den Anschlag geben könnte«, sagte Phil.
Mein Partner war ähnlich niedergeschlagen wie ich. Ab und zu halfen dann nur eine Pause und ein starker Kaffee, um seinen Kopf freizubekommen. Also organisierte ich von Helen eine Thermoskanne mit ihrem herrlichen Gebräu und überraschte damit Phil.
»Du bist heute so mütterlich«, meinte er scherzhaft.
Es war seinem Gesicht anzusehen, wie sehr er diese Pause genoss. Wir sprachen eine Weile über andere Dinge, die nichts mit den Ermittlungen zu tun hatten. Danach kehrten wir an unsere Schreibtische zurück, wo ich einen weiteren Trick ausprobierte. Ich suchte in den Dateien zu den ermordeten Kronzeugen nach winzigen Details, die scheinbar keine besondere Bedeutung hatten. Auf diese Weise erhielt man oft eine völlig neue Sichtweise, worauf ich auch an diesem Vormittag hoffte.
»Hast du dich schon mit den Ermittlungen zu Thomas Garth beschäftigt?«, fragte ich.
Phil und ich hatten zwei Stunden intensiv gearbeitet und bis dato nur wenige Worte gewechselt. Auf meine Frage schaute er hoch und nickte.
»Ja, ein einfacher Fall. Garth wurde zum Kronzeugen, nachdem er bei diversen Steuermanipulationen seiner Firma mitgewirkt hatte«, erwiderte er.
Er war der Tote, der uns am wenigsten Anhaltspunkte für einen Anschlag geliefert hatte. Die Inhaber des Unternehmens waren auch ohne seine Aussage so stark belastet, dass Garth im Grunde ein ungefährdetes Leben hätte führen können.
»Seine Aufnahme ins Safe House geschah, nachdem er mehrfach von merkwürdigen Typen in der Nähe seines Apartments erzählt hatte«, sagte ich.
Diesen Hinweisen waren Kollegen nachgegangen und hatten nichts Auffälliges herausgefunden. Vermutlich hatten nur die Nerven von Thomas Garth versagt. Er wäre höchstwahrscheinlich am Tag nach dem Anschlag wieder aus dem Safe House entlassen worden.
»Von allen Toten scheint er mir am unverdächtigsten zu sein. Was interessiert dich gerade so an Garth?«, fragte Phil.
»In seiner Aussage hat Garth mehrfach betont, dass es weitaus größere Betrüger als ihn gibt. Er meinte damit aber nicht seine beiden Chefs in der Firma«, antwortete ich.
Es war ein unscheinbares Detail, dem die Kollegen keine Aufmerksamkeit geschenkt hatten. Sie hatten es als die übliche Litanei eines überführten Betrügers abgetan, doch das konnte sich möglicherweise als Irrtum herausstellen.
»Sagt das nicht jeder Betrüger?«, fragte Phil skeptisch.
Das war eben das gewohnte Schema, und ich hatte nur diese minimale Abweichung gefunden, die uns noch als neuer Ansatz für die Ermittlungen übrig blieb. Als ich es meinem Partner erklärte, schaute Phil mich ungläubig an.
»Das klingt mir verdächtig nach purer Verzweiflung, Jerry. Wie willst du diese Aussage verfolgen? Garth kann nichts mehr sagen, und da es scheinbar keine Verbindung zu seinen Vorgesetzten gibt, hast du nichts in der Hand«, reagierte er skeptisch.
»Ich werde mir das gesamte Leben von Thomas Garth ansehen, Phil. Solltest du eine bessere Möglichkeit sehen, bin ich sofort dabei«, erwiderte ich stur.
Mein Partner nahm es gelassen auf und konzentrierte sich wieder auf den Monitor vor sich. Es war klar, dass die Kollegen sich ebenfalls alle denkbaren Informationen über Thomas Garth beschafft hatten. Damit war meine Aufgabe leichter zu bewältigen und ich sparte einiges an Zeit. Weitere zwei Stunden später lehnte ich mich ernüchtert zurück und starrte verärgert aus dem Fenster. Offenbar hatte ich eine Sackgasse gewählt, da sich
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