2895 - Zeugen leben nicht lange
auffälliger werden. Mit dieser Überlegung warf der Konsul seine Bedenken über Bord und bereitete seinen Ausflug ins New Yorker Nachtleben vor.
***
Als Phil und ich von unserem Trip nach New Haven ins Field Office zurückkehrten, erwartete uns eine faustdicke Überraschung.
»Wir haben einen Tipp erhalten, wo sich Seth Coburn verstecken soll«, sagte June.
Sie und Blair bereiteten einen Zugriff vor, um den gefährlichen Killer zu stellen. Trotz meiner Erschöpfung wollte ich unbedingt dabei sein.
»Er soll sich bei Antonow verstecken?«, staunte Phil.
Ich fand es ebenfalls höchst bemerkenswert, dass ausgerechnet der Inhaber vom Klub Moskwa den Killer aufgenommen haben sollte. Da die Information aber aus einer sehr zuverlässigen Quelle stammte, mussten wir sie ernst nehmen.
»Phil und ich werden zunächst allein in den Klub gehen. Vielleicht bringen wir Antonow dazu, uns das Versteck des Killers zu verraten«, sagte ich.
Es war kein besonders ausgetüftelter Plan, doch das war in diesem Falle auch nicht erforderlich. Es gab genau zwei Ausgänge, durch die Coburn das Gebäude mit dem Klub verlassen konnte. Es war sehr leicht, beide Zugänge hermetisch abzuriegeln. Innerhalb des Hauses würden die Spezialisten des SWAT-Teams jeden Fluchtversuch im Keim ersticken. Wir mussten dann aber mit einem heftigen Feuergefecht rechnen, weil ein Gangster vom Schlage Seth Coburns sich nicht einfach verhaften ließ. Er wusste genau, was ihn dann erwartete.
»Sollte Antonow nicht mitspielen, überlasst ihr aber den Spezialisten das Feld«, sagte June.
Ich konnte ihre Besorgnis nachvollziehen und sagte es zu. Mir stand genauso wenig der Sinn nach Heldentaten wie Phil.
»Wir wagen einen Versuch, June. Sobald wir erkennen, dass es aussichtslos ist, ist das SWAT-Team an der Reihe«, versicherte ich.
Kurz darauf jagten wir in einer kleinen Kolonne in Richtung Little Odessa. Auf der Fahrt besprachen Phil und ich, wie wir im Klub vorgehen wollten.
»Antonow weiß, dass er uns vertrauen kann. Wenn er einsehen muss, dass er Coburn nicht mehr helfen kann, lenkt er vielleicht ein«, sagte ich.
Phil blieb zwar skeptisch, doch es war einen Versuch wert. Es würde uns vermutlich erheblich weiterbringen in den Ermittlungen, wenn wir dem Killer einige Fragen stellen konnten. Ich wollte kein zweites Desaster erleben und auch keinen toten Killer. Es reichte mir völlig, dass Anna Kotcharev nicht mehr für ihre Taten haftbar gemacht werden konnte. Seth Coburn sollte sich vor einem Gericht rechtfertigen, aber vorher musste er uns an seinem Wissen zu dem Anschlag aufs Safe House teilhaben lassen.
***
Der Inhaber des Klubs reagierte zwar zurückhaltend, aber nicht unfreundlich auf unser erneutes Erscheinen.
»So schnell hatte ich nicht mit einem zweiten Besuch gerechnet«, sagte Antonow.
»Wir auch nicht. Es gibt eine Information, die meinen Partner und mich allerdings überrascht hat. Es geht um den flüchtigen Seth Coburn«, antwortete ich.
Antonow legte den Kopf leicht schräg, so als wenn er mit meiner Anspielung nichts anfangen konnte.
»Sie haben nicht zufällig einen Tipp für uns, wo wir Coburn finden könnten?«, fragte ich.
Der Klubbesitzer schüttelte den Kopf und wirkte glaubhaft irritiert.
»Nein, warum fragen Sie? Behauptet jemand, dass ich den Mann bei mir verstecken würde?«, fragte Antonow.
Nun war es ja nicht so, dass uns nicht fast täglich Gangster mit großer Überzeugungskraft mitten ins Gesicht logen. Im Laufe der Jahre hatte ich ein gutes Gespür entwickelt, ob ich angelogen wurde oder jemand tatsächlich die Wahrheit sagte. Zu meiner Verwunderung schien Antonow zur zweiten Kategorie zu zählen. Was hatte das zu bedeuten?
»Es gibt den Hinweis eines verlässlichen Informanten, wonach Seth Coburn sich hier im Klub versteckt halten soll«, sagte ich.
Antonow krauste die Stirn und in seinen grauen Augen stieg Wut auf.
»Da will mir jemand etwas anhängen, Agent Cotton. Offenbar trauen Sie dem Informanten auch nicht, ansonsten hätten Sie mir sicherlich ein SWAT-Team auf den Hals gehetzt«, sagte er.
Ich hätte Antonow gerne eine passende Antwort erteilt, doch bevor ich dazu kam, fielen die ersten Schüsse.
»Was zum Teufel ist hier los?«, rief er.
Der Klubbesitzer hielt urplötzlich eine Beretta in der Hand, während Phil und ich unsere SIG Sauer gezückt hatten. Für einige Sekunden wurde die Situation unübersichtlich – bis Antonow die Mündung der Waffe gegen die Bürotür richtete.
»Das
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