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3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu

3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu

Titel: 3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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Gedanken an Michael zu verschwenden.
    Sie stellte die Schachtel ab. Im allgemeinen sortierte sie die Sachen oben auf dem Dachboden. Sie wollte nicht den Staub und die Spinnweben durchs ganze Haus tragen, aber Michael hatte ihr angeboten, das blaue Schlafzimmer zu benutzen. Sie war ihm dankbar dafür. Sturm war für heute angesagt. Die ersten grauen Wolken hingen bereits über dem Atlantik, und auf dem Dachboden war es unerträglich drückend.
    Simone setzte sich auf den gepolsterten Fenstersitz und schaute sich im Raum um. Eine kräftige Brise blähte die Gardinen auf. Die frische Luft kühlte ihre erhitzten Wangen. Das Schlafzimmer war klein und für Gäste eingerichtet, aber es besaß dennoch einen gewissen Charme.
    Sie nahm die Schachtel mit den Tagebüchern auf ihren Schoß. Es hatte Stunden gedauert,

bis Simone sie unter all den Sachen in den Truhen fand. Und sie wollte alle Bücher durchlesen. Wenn sie Näheres über die anderen Sachen oben erfahren konnte, dann sicher in diesen Tagebüchern. Immerhin hatte Julia ihr nicht nur die Erlaubnis gegeben, sondern sogar darauf bestanden, dass sie die Bücher las.
    Das hatte sie auch fest vorgehabt, bis vor zwei Tagen ihr dann leise Zweifel gekommen waren. Michael war daran schuld. Sie hatte sich bemüht, aber sie konnte die Umarmung nicht vergessen. Solche starken Gefühle und solche Lust hatte sie nie zuvor erlebt. Er hätte sie auf der Stelle haben können, und fast hätte sie ihn noch darum gebeten. Das beunruhigte sie sehr, weil das so ganz gegen ihre Art war.
    Jetzt noch fühlte sie sich betroffen, wenn sie daran dachte. Sie zog die Knie an und griff stirnrunzelnd nach dem obersten Tagebuch. Vom Jahrgang her war es das erste. Sie strich mit den Fingern über den abgenutzten Einband.
    Sie hatte keine Furcht, es zu öffnen. Zumindest nicht direkt. Parallelen zwischen sich und ihrer Großmutter würde sie wohl kaum finden. Sie war eine Realistin, keine Romantikerin. Verantwortungsbewusst und fast in jeder Lage beherrscht. Sie besaß eine Moral und feste Prinzipien. Obwohl sie ihre eigensinnige und jähzornige Großmutter liebte, so wusste sie doch, dass Julia mit dem Wort Moral nichts anfangen konnte. Zu ihrer Zeit war sie ein „leichtes Mädchen" gewesen. Sie hatte sich von den Hormonen leiten lassen, sich in Männer verliebt, die sie nicht haben konnte. Und ja, Simone wusste genau, wie das war.
    Sie hatte John noch nicht vergessen, auch nicht Bryan. Einen Irrtum konnte man entschuldigen. Aber als sie entdeckt hatte, dass Bryan auch verheiratet gewesen war, war eine Welt für sie zusammengebrochen. Sie hatte sich von beiden Männern sehr schnell ge trennt, nachdem sie feststellen musste, dass sie gegen das Pech der Hartmanschen Frauen auch nicht gefeit war. Doch im Gegensatz zu Julia lernte sie aus ihren Fehlern. Sie war härter geworden, sie war klüger geworden, und vor allem hatte sie jeden Sinn für Ro mantik verloren.
    Bislang war das wie ein Schutz für sie gewesen, und sie hatte auch keinen Gedanken mehr daran verschwendet, dass sie ihrer Großmutter ähnlich werden könnte. Bis sie Michael begegnet war. Es war ihr noch immer unverständlich, wie heftig sie auf ihn reagiert hatte. Entschlossen, nicht länger darüber nachzugrübeln, klappte sie das Tagebuch auf, blätterte auf die erste Seite und versuchte, sich zu konzentrieren. Es war albern zu glauben, dass diese Tagebücher eine Bedrohung für ihren inneren Frieden darstellten. Noch alberner jedoch, sich mit etwas auseinanderzusetzen, was nie wieder vorkommen würde. Michael hatte die Umarmung inzwischen bestimmt vergessen. Er wirkte nicht befangen in ihrer Gegenwart, sondern sie unterhielten sich wie alte Freunde. Sie lachten miteinander, fühlten sich wie Kameraden. So würde das auch bleiben, bis die Sachen ihrer Großmutter sortiert waren.
    Je eher sie damit fertig wurde, um so besser für sie beide.
    Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die verblasste Handschrift. Die ersten Zeilen sprangen ihr förmlich ins Auge.
    29. Oktober 1929. Die Weltwirtschaft ist heute zusammenge brochen. Schwarzer Donnerstag heißt es überall. Ich habe mein Zimmer nicht verlassen und auch mit niemandem gesprochen. Nichts hat mehr einen Sinn. Nun werde ich die Heirat nicht länger hinausschieben können.
    Simone merkte nicht, wie die Zeit verging. Eine Stunde? Oder auch zwei? Das Telefon klingelte mehrere Male. Sie hörte eine Wagentür zufallen und musste daran denken, dass sicher die Leute eingetroffen waren, die das

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