3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu
untreu ge worden ist, aber wie kann ich sie verurteilen? Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn sie Ben nicht kennen gelernt und geliebt hätte. Aber was ist aus ihm geworden?"
„Wie meinst du das?"
„Ich meine... wie hat die Affäre sich auf ihn ausgewirkt? Weißt du, was dein Großvater danach gemacht hat?"
Michael runzelte die Stirn. „Nun, ich habe kein Tagebuch, und ich weiß nicht alle Daten aus dem Kopf, aber er hat mehrmals ge heiratet und sich wieder scheiden lassen. Glaub mir, an Frauen hat es ihm nicht gemangelt..."
„Oh, Michael. Das hatte ich befürchtet. Siehst du nicht, wie sehr sie ihn verletzt hat?"
Eigentlich sah er das nicht so, doch im Moment konnte er kein Wort sagen, da der Rasenmäher an dem offenen Fenster im Empfangsraum vorbei ratterte. Zu allem Überfluss begann auch noch das Telefon zu klingeln, und jemand klopfte wie wild gegen die Haustür. Michael fuhr sich mit der Hand durchs Haar, ohne den Blick von Simone zu wenden. Irgend etwas erkannte er nicht. Verdammt, er brauchte unbedingt einen Lehrgang, wie man mit Frau- en umging. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass sie nicht nur von dem Ende der Liebesaffäre zwischen ihren Großeltern redete.
„Ich finde nicht, dass sie ihn verletzt hat", wandte Michael be hutsam ein. „Ich meine... sie konnte nichts dafür, was geschehen ist. Es war eine an dere Zeit, eine andere Ära. Deine Großmutter war gebunden, dadurch war ihre Wahl eingeschränkt."
„Und Bens", sagte Simone leise. „Ich glaube, er hat sie wirklich geliebt, Michael. Gefühlsmäßig hat sie sich von ihm gelöst, aber er nicht von ihr. Bei ihm hat keine Beziehung mehr Bestand gehabt, oder? Sie hat die Affäre zu lang laufen lassen. Sie sagte, sie liebe ihn, aber zu guter Letzt hat sie ihm weh getan. Es war eine egoistische Liebe. Es war nur eine... Romanze. Sie hat vorgegeben, die Frau seines Lebens zu sein, und dann doch..."
Knarrend öffnete sich die Haustür. Eine Männerstimme rief: „Hallo!" Das Telefon klingelte erneut, und das Dröhnen des Rasenmähers war einfach nervtötend.
„Verflixt und zugenäht!" brauste Michael auf. Und zu Simone gewandt: „Darüber reden wir noch." Der Mann an der Tür gehörte zu dem Möbeltransporter, das sah man ihm gleich an. Hinter ihm tauchten zwei schlaksige junge Burschen auf. Michael musste ih nen zeigen, welche Möbel abgeholt werden sollten. In der Zwischenzeit ging Simone ans Telefon.
Bei dem Durcheinander gab es einfach keine Möglichkeit, die Sache auszudiskutieren. Es würde alles gut gehen, redete Michael sich ein. Später konnten sie ja noch einmal in aller Ruhe darüber reden. Er begriff, dass sie immer befürchtet hat te, so zu werden wie Julia. Aber was zwischen ihren Großeltern passiert war, hatte nichts mit ihnen zu tun. Sobald sie einen Augenblick für sich hätten, konnte er ihr das bestimmt klarmachen.
Während die Möbelpacker eine Transportkarre hereinbrachten, kam Simone vom Telefon zurück. „Ich habe gerade mit deinen Söhnen gesprochen", berichtete sie ihm.
„So?"
„Die zwei sind ja richtig süß, Michael."
„Viele Leute haben zuerst diesen irreführenden Eindruck", bemerkte er trocken. „Glaub mir, das sind zwei gewitzte Burschen."
„Das werden wir ja noch sehen. Du musst deine Ex-Frau rasch zurückrufen. Ich weiß nicht, was für eine Buchung du für die zwei gemacht hast, aber die Fluggesellschaft hat bei Carla angerufen, dass sie noch einen früheren Flug haben könnten. Sie würden dann schon heute
gegen Mitternacht hier eintreffen."
10. KAPITEL
Auf dem Dachboden klapperten und klirrten die Holzschwerter. Das Duell wütete schon eine Weile. Schweiß rann in Strömen. Schmerzensschreie hallten unter dem Dach wider. Der Pirat mit der schwarzen Augenklappe sprang auf einen wackeligen Stuhl. „Ich schlage dich zu Brei, du verdammter schweinefressender Ba stard!"
„Du träumst wohl, du Sohn einer räudigen Hündin!"
Zwei Paar blaue Augen richteten sich auf Simone, um sich zu vergewissern, dass sie auch beeindruckt war. Simone griff sich schockiert an den Hals. Sie wartete ein paar Minuten, ehe sie wie beiläufig bemerkte: „Ihr zwei seht ganz schön wild aus. Wenn ihr mit eurem Duell fertig seid, könnte ihr hier etwas Limonade bekommen."
„Limonade?" ertönte es wie aus einem Mund.
Die Holzschwerter fielen zu Boden und waren augenblicklich vergessen. Simone schenkte ihnen ein. Die beiden Piraten glichen sich wie ein Ei dem anderen. Sie hatten die gleichen Augenklappen,
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