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30 Sekunden Verzögerung

30 Sekunden Verzögerung

Titel: 30 Sekunden Verzögerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Moore Williams
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in Nationen dachten sie in Rassen, statt verschiedener Religionen sprachen sie von einem Glauben, wirtschaftliche Erwägungen ersetzten sie durch die These, daß niemand im Überfluß leben dürfe, solange es noch Menschen gab, die hungerten. Jonnors Denken war nicht auf einen Planeten gerichtet gewesen, es hatte ein ganzes Sonnensystem zum Ziel gehabt, mehr noch – das gesamte Universum.
    „Hier befindet sich der erste Generator“, sagte West, und seine Stimme zwang Zens Gedanken in die Gegenwart zurück. Der Strahl von Wests Taschenlampe huschte über das Felsgestein und blieb an einer bestimmten Stelle haften. „Nein, Sie brauchen nicht zu suchen, Oberst! Sie können nichts sehen, aber vielleicht spüren Sie etwas.“
    Zen ging langsam und ungläubig weiter, und plötzlich packte ihn ein dumpfes Furchtgefühl, das sein Herz schneller gegen die Rippen hämmern ließ. Es war ein seltsames, unheimliches Empfinden, das ihm den Schweiß auf die Stirn trieb und ihn nach Atem ringen ließ. Er sah Drohungen und Gefahren vor sich, sogar den Tod, und plötzlich war die Erinnerung an seine Feuertaufe da, die nun schon lange Jahre zurücklag. Wieder glaubte er die Einschläge von Granaten zu hören, das dumpfe Krachen der Detonationen, das Beben der zerfetzten Erde, die Schreie der Verwundeten, den ganzen quälenden Angsttraum menschlicher Furcht und kreatürlicher Erbärmlichkeit, durch den jeder gehen mußte, der gezwungen war, Waffen gegen andere Menschen zu gebrauchen.
    Zen spürte, wie Panik ihn zu überwältigen drohte. Seine Glieder begannen zu zucken, während seine Muskeln zur gleichen Zeit gelähmt schienen. „Fort von hier!“ raunte eine Stimme in seinem Innern. „Lauf! Renne um dein Leben!“
    Er bezwang den Impuls, blindlings davonzustürmen, aber die Anstrengung kostete ihn seine letzten Kraftreserven. Er versuchte zu lächeln, brachte aber nur eine verzerrte Grimasse zustande.
    „Ein sehr interessanter Effekt“, murmelte er heiser. „Wirkt der Generator auf alle Wesen in gleicher Weise?“
    West brummte Unverständliches und marschierte weiter, ohne Zens Frage zu beantworten. Auch Nedra schwieg, aber Zen fühlte den Druck ihrer kleinen, festen Hand auf seinem Arm, und ihre Nähe beruhigte ihn.
    Der Mann mit dem zerfurchten Gesicht wies nicht auf den zweiten Generator hin. Es hätte dessen auch nicht bedurft, denn Zen fühlte seine Wirkung, die noch stärker als zuvor war. Er hatte sich auf diesen Augenblick vorbereitet, und sein Wille widerstand dem Angriff, obwohl Krämpfe durch die Muskeln seines ganzen Körpers zuckten und eine knöcherne Hand nach seinem Herzen zu greifen schien.
    Mechanisch ging er weiter, und mit der gleichen Plötzlichkeit, wie sich die Wirkung des Generators bemerkbar gemacht hatte, schwand sie auch wieder. West und Nedra schienen den Einfluß der Strahlung nicht gespürt zu haben; West setzte seinen Weg fort, ohne sich einmal umzuwenden, und Zen fühlte noch immer den Druck der Hand des Mädchens auf seinem Arm. Zen tupfte sich den Schweiß von der Stirn und hastete weiter.
    Die Schritte Wests verstummten plötzlich; er war stehengeblieben und richtete den Strahl seiner Lampe auf die rechte Wand des Tunnels. Er knurrte etwas Unverständliches, und im Fels öffnete sich lautlos eine Tür, die so geschickt angebracht war, daß man sie vom Tunnel aus nicht erkennen konnte.
    „Gehen Sie hindurch!“ sagte West, als Zen herangekommen war, und deutete auf den Gang, der auf eine große Säulenhalle mündete.
    „Wer hat das alles gebaut?“ erkundigte Zen sich erstaunt.
    „Jal Jonnor. Er erwarb die Mine. Zusammen mit seinen Männern riegelte er die tieferen Schächte ab, erweiterte sie, sorgte für eine Belüftungsanlage, baute Laboratorien und Unterkünfte und schuf so eine verborgene Welt, in der es sich leben ließ.“
    Zen fühlte, wie überflüssig seine Frage gewesen war. Nach der Ansicht der Wesen, zu denen West und Nedra gehörten, verdankten sie Jal Jonnor alles, wenn man davon absah, daß er nicht die ganze Welt geschaffen hatte.
    „Ich verstehe“, nickte Zen. „Das alles hat Jal Jonnor vor seinem Tode geschaffen.“ Er erwähnte nicht, daß in keinem der Berichte, die er gelesen hatte, von dieser Tätigkeit Jonnors gesprochen wurde, und er hütete sich, den anderen diese Unkenntnis auf die Nase zu binden.
    „Sie irren sich“, sagte West. „Sie unterschätzen Jal Jonnor.“
    „Aber Sie sagten doch eben …“
    „Ich sagte nicht, wann Jal Jonnor dies alles getan

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