31 - Und Friede auf Erden
einige kurze Worte an sie richtete, war er höflich, weiter nichts; dann bat er mich, ihm zu folgen.
Er führte mich aus dem Gastzimmer durch einen schmalen Hausgang in eine Art von Blumenholz, in welchem ein kleineres Gebäude als Einzelwohnung stand. Die zu ihr gehörigen kleineren Nebenräume sah ich nicht. Das Wohnzimmer war verhältnismäßig groß und halb europäisch, halb indisch eingerichtet. Auffällig waren die vielen Sessel, die es gab. Es sah ganz so aus, als ob Tsi sehr oft Besuch habe. Auf einem Tisch stand das Teegeschirr. Wasser brodelte über einem so großen Spiritusbehälter, daß anzunehmen war, es werde den ganzen Tag im Kochen erhalten. Ich nahm Platz. Er bereitete zwei Tassen Tee und sagte dabei:
„Hier wohne ich. Merken Sie auf, lieber Freund, was ich Ihnen sage! Es ist nicht viel, aber für außerordentlich wichtig. Mein Vater ist in die Heimat gereist; ich hatte noch an verschiedenen Orten, jetzt auch hier zu tun. Was das ist, bitte, fragen Sie mich nicht! Ich darf es nicht sagen und möchte doch gerade Sie nicht täuschen. Ich gelte als Arzt, bin es eigentlich auch. Wenn Sie mich als solchen bezeichnen, laden Sie keine Unwahrheit auf Ihr Gewissen, denn ich habe in Montpellier cum laude bestanden. Ich habe viel Besuch zu empfangen und deshalb grad diese Wohnung gewählt, weil sie verborgen liegt und die zu mir kommenden Personen von etwaigen Beobachtern für Gäste der Restauration gehalten werden. Wer sich darüber hinaus zu legitimieren hätte, der könnte sagen, er hätte meine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Ich lasse mich aus Nützlichkeitsrücksichten auch hier so nennen, wie man mich in Kairo mißverständlich genannt hat – Tsi. Ich bin ganz glücklich, Sie wiederzusehen, und bitte Sie, es zu ermöglichen, daß wir uns nicht so bald wieder trennen. Aber heute und morgen habe ich keine Zeit für Sie. Von übermorgen an stehe ich Ihnen von und mit ganzem Herzen zur Verfügung. Sie sehen, ich bin aufrichtig. Wie ich Sie kenne, entnehmen Sie gerade aus dieser eigentlich rücksichtslosen Mitteilung, daß meine Freundschaft für Sie keine Höflichkeit, sondern Wahrheit ist. Werden Sie mir verzeihen?“
„Aber ganz natürlich! Leider werden wir uns doch bald trennen müssen. Morgen kommt der Dampfer ‚Coen‘ der ‚Koninklijke Paketvaart Maatschappij‘, Kommandant Wilkens, der mein Freund ist, von Padang, um nach Singapore zu gehen. Wenn er zurückkommt, wird er mich für Uleh-leh aufnehmen.“
„Sie wollen hinüber nach Sumatra?“ fragte er schnell.
„Ja.“
„Und gerade nach Uleh-leh, also Atjeh? Nehmen Sie sich in acht! Man bereitet dort Dinge vor, welche jedem Europäer, der den Kreis der Stadt verläßt, gefährlich werden können. Ich weiß das ganz genau! Doch davon sprechen wir später. Jetzt trinken Sie Ihren Tee und sagen mir, wie es Ihnen gegangen ist und wo Sie nach Kairo überall gewesen sind!“
„Wollen wir nicht auch das für später aufheben? Sie haben keine Zeit, und meine Erlebnisse sind nicht in der Absicht geschehen, Sie hier mit Erzählungen zu stören. Ich komme ja übermorgen wieder, oder suchen Sie mich im East and Oriental Hotel auf, wo ich mit Sejjid Omar wohne.“
„Was? Dieser ist noch bei Ihnen?“
„Ja. Er hat sich brav bewährt und wird sich außerordentlich freuen, Sie zu sehen. Er hielt ja schon in Kairo große Stücke auf Sie und Ihren Vater, wie Sie ja wissen. Jetzt gehe ich, doch nicht, ohne daß ich eine Frage nach unserm Freund Waller ausgesprochen habe. Wissen Sie, daß er die Absicht hatte, jetzt hier in Penang zu sein?“
„Nein“, antwortete er schnell und indem sein Gesicht den Ausdruck freudiger Überraschung annahm. „Ist er etwa hier?“
„Ich weiß es nicht. In meinem Hotel befindet er sich nicht, sonst hätte ich ihn heut an der Tafel gesehen.“
„Dann vielleicht in einem andern. Man muß schleunigst nachfragen!“
Er sagte das außerordentlich eilig und dringend.
„Allerdings“, antwortete ich. „Ich werde mich gleich jetzt im Crag Hotel, Sea View Hotel und Hotel de l'Europe erkundigen.“
„Und mir sofort, sofort Auskunft bringen oder wenigstens senden?“
„Gern!“
„Wollte Miß Mary mitkommen?“
„Ja.“
„Wissen Sie das genau?“
„Ganz genau. Sie wird ihn ja auf dieser Reise nie verlassen. Sie sind in Indien gewesen und kommen von der Ostküste herüber nach Penang.“
„Bitte, wer hat Ihnen das gesagt?“
Der liebe, junge Mann war ganz begeistert. Ich erwiderte
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