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313

313

Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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immer sonntags das Putzzeug vom Zwerg des Österreichers, wobei sich der Kleine anfangs kurz aufführt, als sei ich jetzt sein Assistent und als würden ihm die Kackeimer und -schrubber persönlich gehören.
    Er so: »Bringst du nichts durcheinander, ja?«
    Ich sag: »Vorsicht, Alter. Ich hau dir gleich eine.«
    Es dauert den halben Morgen, die Station sauber zu machen. Auf dem Gang, wo ich jetzt den Dreh raushabe, wie man das Linoleum mit dem Schrubber abzieht, ohne dass es Streifen gibt, macht es mir fast ein bisschen Spaß. Ansonsten nervt es total.
    Als ich zur Zentrale gehe, um anzusagen, dass ich Feierabend mache, weil ich heute wieder Besuch von meiner Freundin kriege, sitzt da wieder die freundliche Beamtenfotze und grinst sich einen. Ich will mich grade umdrehen, da meint sie, ich könne gleich auf der 3. Station weitermachen.
    Ich sofort: »Das ist doch ein Witz, oder?«
    Sie gleich: »Ach, dachten Sie?«
    Ich so: »Aber da kenn ich mich überhaupt nicht aus.«
    Sie zurück: »Ist genau baugleich. Nur ein Stockwerk höher.«
    Sie wartet, ob ich das Diskutieren anfange, aber den Fehler mach ich nicht noch mal. Es sind noch immer drei Stunden Zeit, bis die Besuchszeit beginnt. Sie drückt mir also die Tür auf, ich geh die Treppe hoch und steh jetzt in dem Gang, der tatsächlich genauso aussieht wie unten, nur dass ich hier niemanden kenne.
    Als normaler Gefangener hast du mit den Gefangenen auf den anderen Stationen eigentlich nichts zu tun. Du siehst die nur auf dem Hof, aber da bleiben die einzelnen Stationen unter sich. Ich weiß über die anderen also bloß, was ich gehört und gesehen hab. Die Leute von der 1 sind unauffällig, da ist kein Brecher dabei, die fliegen so unterm Radar durch. Die Leute von der 2 sind fast alles Geldstrafen, Junkies, vom Bahnhof Aufgegabelte, Schwarzfahrer, das bedeutet, die ganze Station hat kein Geld für Tabak oder Kaffee, da gibt es auf den Zellen überhaupt keine Fernseher, die beklauen sich ständig, da ist den ganzen Tag nur Terror. Die 3 ist eigentlich die einzige Station, die mit unserer ansatzweise vergleichbar ist, viele Strafhäftlinge, paar Atzlebener, die natürliche Konkurrenz sozusagen, wenn es drum geht, das Haus zu beherrschen, und auf deren Gang steh ich also jetzt.
    Zwei Stunden später liege ich total müde in meinem Bett. Keinen von der 3. Station gesehen, aber voll die Rückenschmerzen. Die verdammte Schrubberei geht auf die Bandscheiben. Ich hab eine leicht schräge Hüfte, die verträgt das gar nicht. Ich will grad ’n bisschen wegpennen, damit ich frisch bin für meine Süße, da poltert’s plötzlich an der Tür, und eine Sekunde später stehen drei Mitgefangene vor meinem Bett, alles so Piccos, Hühnerdiebe, die meisten kenne ich gar nicht, jedenfalls ist keiner von den wichtigen Jungs darunter, und alle reden wild durcheinander.
    Ich krieg nur mit, dass irgendeiner aus der 3. Station irgendwas über den Hof gebrüllt haben muss, zu irgend’nem Kollegen von ihm drüben im Regelvollzug, und dann gelacht hat.
    Ich mehrmals: »Hallo? Was hat er denn gesagt?«
    Und da sagt einer: »Er meinte, das Opfer putzt grad sein Klo.«
    Und ich: »Aha. Na super.«
    Das »Opfer« stammt natürlich noch aus dem Zeitungsartikel, in dem es hieß, ich wäre im Knast die letzte Lusche und für jeden nur ein Opfer. Ich hatte bis dahin aber nie erlebt, dass mich auch nur irgendjemand so genannt hätte, was ja die absolute Provokation gewesen wäre. Darum ist das zwar freundlich, wenn mir die anderen mitteilen, was der Typ da oben sich grade erlaubt hat, auf der anderen Seite wollen sie nun logischerweise Action sehen. Es ist Sonntag, saulangweilig, da freuen sie sich, wenn was passiert. Ich weiß überhaupt nicht, was ich machen soll.
    Zum Glück kommt jetzt Andi zur Tür reinspaziert.
    Er schreit gleich: »Was ist hier los?«
    Ich so: »Ach, vergiss es, irgendso’n Typ von oben brüllt was wegen mir in der Gegend rum.«
    Der Andi lässt sich die Geschichte von den Piccos ganz genau erzählen, als sei er ein Polizist, der eine Aussage aufnimmt.
    Der Andi also: »Wer war das?«
    Darauf Picco 1: »Das muss’n Arab gewesen sein.«
    Und dann Picco 2: »Oder’n Marok.«
    Und wieder Picco 1: »Ja, genau, ’n Marok.«
    Ich sitz im Bett und versuch, die Sache runterzukochen, aber Andi recherchiert akribisch alle bekannten Details, welche Zelle, welcher Kollege, bis hin zu dem genauen Satz, den der Marok gebrüllt haben soll. Dann jagt er die Piccos raus auf den Gang,

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