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313

313

Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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Brust, und er knallt voll in das Stahlbett rein. Es scheppert übel. Dann macht er sich auf und zischt an den beiden Typen vorbei nach draußen. Ich bin total drauf gefasst, dass die jetzt auf mich draufgehen. Aber das passiert nicht.
    Sie schreien nur: »Was baust du hier für ’ne Scheiße?«
    Ich gehe ganz langsam aus der Zelle raus. Mir wird nichts getan. Ich steh auf dem Gang, kein Marok zu sehen. Die Typen rufen mir was hinterher, aber sie kommen nicht näher. Ich bin total irritiert, dass das alles gewesen sein soll. Ich lauf die Treppe runter auf meine Station, da sehe ich den Marok. Er steht original in der Zentrale drin, bei den Beamten, hinter kugelsicherem Glas. Er zeigt auf mich. Die Beamten gucken mich an, aber ich gehe wie in Zeitlupe an ihnen vorbei auf meine Zelle und mach die Tür hinter mir zu. Mir ist vollkommen klar, was jetzt kommt.

11
    »Alter, der Typ steht in der Zentrale. Was hast du gemacht?«
    Das ist Andi, der das fragt. Er ist direkt hinter mir in die Zelle gekommen, er muss draußen auf dem Gang gestanden haben, ich hatte ihn gar nicht gesehen. Er setzt sich zu mir an den Tisch, wo ich, die Ellenbogen aufgestützt, mein Gesicht mit beiden Händen festhalte. Meine Knie zittern. Aber Andi ist auch total aufgeregt.
    Ich sag: »Alter, ich hab gar nichts gemacht.«
    »Ja, warum steht der in der Zentrale?«
    Ich erzähl dem Andi ganz genau, was passiert ist, alles.
    Und währenddessen meint er immer nur: »Oh oh oh.«
    Wir wissen beide, dass ich auf jeden Fall ’ne Anzeige kriegen werde. Die haben überall Überwachungskameras in den Gängen, die müssen nur das Scheißband zurückspulen. Wie ich reingehe. Wie ich die Tür zuschlage. Wie ich alleine mit dem in der Zelle bin. Das ist ’ne ganz einfach zu rekonstruierende Geschichte. Ich überleg nur, ob ich diesmal auch den einen Anruf machen darf, um meiner Süßen zu sagen, dass sie nicht kommen braucht zum Besuch, weil ich mich grade noch tiefer reingeritten hab.
    Dann werde ich auch schon auf die Zentrale gerufen.
    Der Beamte macht gar nicht groß rum. Keine Standpauke, keine Fragen, nix. Die Atmosphäre ist total geschäftsmäßig. Ich stehe in diesem Panzerglasaquarium vor dem Tresen, dort, wo ein paar Minuten zuvor gerade noch der Marok gestanden hat, und höre wie unter Wasser, was der Beamte zu mir sagt.
    »Wir haben gerade einen Vorfall aufgenommen, Sie wurden angezeigt. Für heute ist die Arbeit als Hausarbeiter erst mal erledigt. Wir müssen jetzt schauen, ob wir den Herrn Karl erreichen, wir haben ja Sonntag, wie das mit Ihnen weitergeht. Bis auf Weiteres bleiben Sie heute auf Ihrer Zelle. Sie gehen auf keine andere Station, Sie rennen auch nicht mehr auf dem Gang rum. Bringen Sie keine Hektik rein. Bitte, halten Sie sich da dran.«
    Ich frag gar nicht, was aus dem Besuch meiner Süßen wird.
    Ich sitz auf der Zelle und der Andi hockt bei mir. Warum kann ich nicht einfach auf diese Station gehen und als tätowierter Irgendwas den Hausarbeiter machen? Warum muss ich mich jetzt damit beschäftigen, dass ein Gefangener irgendwas brüllt? Es langweilt mich. Kann ich nicht normal sitzen? Geht das nicht? Geht’s drinnen nicht normal zu, eben weil’s draußen auch nicht normal zugeht?
    Ich könnte sagen, ich stehe da drüber. Aber das kannst du nicht. Du kannst ignorieren, wenn jemand auf der anderen Straßenseite dich nicht mag. Du kannst ignorieren, wenn du in ein Restaurant gehst und das Essen scheiße schmeckt oder dich ein Kellner scheiße behandelt. Das kannst du ignorieren. Aber du kannst keine Leute ignorieren, mit denen du gezwungen bist, auf engstem Raum zu leben. Das ist unmöglich. Du hast noch nicht einmal die Möglichkeit wegzugehen. Du kannst nie so weit weggehen, dass du nicht mehr hörst oder siehst, was die machen. Das wäre dann das Modell, das mir der Direktor damals in der Metzgerei angetragen hatte, sprich totale Isolationshaft, wo du keinen mehr mitkriegst. Das wär der absolute Albtraum. Das hinterlässt richtig Schäden. Dafür mag ich Menschen auch viel zu sehr.
    Der Andi, der die ganze Zeit zugehört hat, meint: »Ich hab dir doch gesagt, du sollst da nicht alleine hochgehen.«
    Aber ich sag: »Alter, du kannst so was nicht für mich regeln. Das geht nicht. Sonst kann ich den Vollzug nicht machen.«
    Da schweigt der Andi, denn von der Knastseite her habe ich bei der Geschichte alles richtig gemacht. Der Typ brüllt rum, und kurz später stehe ich bei dem auf der Matte. Das verbreitet sich, während der

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