32 - Der Blaurote Methusalem
weh!“ antwortete es.
„Schui tschung-kian – wer ist da drinnen?“ fragte der Methusalem.
„Ngo-men-ri – wir zwei“, hörte man es erklingen.
„Schui ni-men – wer seid Ihr?“
„Ngo Tong-tschi, t'a Ho-po-so – Ich bin der Tong-tschi und der andere ist der Ho-po-so.“
Degenfeld mußte dem Kapitän die Antworten übersetzen.
„Alle Wetter!“ meinte dieser. „Sollte das möglich sein? Ho-po-so heißen die beiden Beamten, welche alle Schiffer im Hafen von Kanton zu beaufsichtigen haben. Sollte einer von ihnen in die Hände der Piraten geraten sein? Was der zweite ist, weiß ich nicht. Tong-tschi ist mir unbekannt. Wissen Sie es vielleicht?“
„Ja. Tong-tschi und Tong-pan sind sehr hohe Magistratspersonen, mit deren Obliegenheiten ich mich oft beschäftigt habe, da sie sehr viel zu tun haben müssen. Das Gesetz trägt ihnen auf, die Abgaben an Geld oder Naturalien zu erheben, das Militär zu überwachen, die Polizei zu leiten, die Poststationen zu revidieren, für die Verbesserung der Pferderassen Sorge zu tragen, die Domänen des Staates zu beaufsichtigen, Dämme und Kanäle instand zu halten, auf die noch nicht ganz unterworfenen Bergvölker achtzugeben und endlich vor allen Dingen auf die Fremden an den Grenzen und im Inneren des Reiches zu vigilieren und das Paßwesen in Ordnung zu halten!“
„O weh! So ein armer Teufel möchte sich doch in Stücke zerreißen!“
„Ja, das Amt eines Tong-tschi ist ein schwieriges und bedeutungsvolles. Wo ist der Verschluß dieses Kastens?“
Man konnte es nicht sehen, da das Hölzchen wieder verlöscht war.
„Lassen wir das einstweilen!“ sagte Beadle. „Wir haben Nötigeres zu tun. Die beiden Kerls können noch eine Viertelstunde stecken, mögen sie nun sein, wer sie wollen. Wir müssen uns vor allen Dingen der Mannschaft versichern.“
Es waren inzwischen wohl zehn bis zwölf Stinktöpfe an Deck gebracht worden. Das genügte für den beabsichtigten Zweck. Die drei stiegen wieder nach oben, und nun wurden die schweren Körbe vor der Luke weggenommen. Unter derselben regte sich nichts. Man hätte versucht sein können, zu bezweifeln, daß so viele Menschen sich unterhalb derselben befanden. Sie wurde aufgesprengt.
Wer gedacht hätte, daß die Piraten nun herausspringen würden, der hätte sich in einem bedeutenden Irrtum befunden. Sie ließen von sich weder etwas hören noch sehen. Natürlich aber hütete man sich, der offenen Luke nun nahe zu kommen. Man hätte leicht eine Kugel bekommen können.
Nun wurden die Stinktöpfe herbeigebracht. Sie schienen sehr dünnwandig zu sein und hatten fast die Gestalt und auch die engen Öffnungen unsrer tönernen Wärmflaschen. Natürlich waren sie luftdicht verschlossen.
Einer der Matrosen warf, sich aber von der Luke so fern haltend, daß er nicht von unten gesehen werden konnte, den ersten Topf hinab. Seine Kameraden hielten ihre Gewehre schußbereit. Man hörte, daß der Topf in Scherben ging.
„Ngu-hu, hi-thu-tschang – o weh, Stinktöpfe!“ ertönte unten ein lauter Schrei.
Ein zweiter und dritter flog hinab. Die Wirkung war eine solche, daß man sie auch oben spürte.
„Macht schnell“, gebot Kapitän Beadle, „sonst müssen wir selbst ausreißen!“
Man gehorchte diesem Befehl, und dann wurde die Luke wieder zugemacht.
Unten erhob sich ein vielstimmiges Geschrei, ein wüstes Lärmen und Klagen. Es wurde an die Luke gestoßen, um sie zu öffnen, aber man hatte die Körbe wieder darauf gestellt. Dann hörten die auf dem Deck Befindlichen, daß an den Schiffsseiten die Fenster aufgerissen wurden. Die Piraten schnappten nach frischer Luft.
Das Mittel war außerordentlich drastisch. Es wirkte nicht nur auf die Patienten, sondern auch auf die Ärzte. Der schreckliche Gestank, welcher jeder Beschreibung spottet, drang durch die Fenster herauf auf das Deck. Kapitän Beadle zog sich auf das Quarterdeck zurück, Turnerstick mit ihm. Die Marineleute wären gern auch ausgerissen, mußten aber stehenbleiben.
„Na, wer diese Erfindung jemacht und vorher jeprobt hat, der muß eine Nase jehabt haben mit Nerven, so dick wie ein Heubaum!“ rief Gottfried von Bouillon. „Wat soll mein Fagott denken! Es wird mich in die schönste Seelenverstimmung jeraten. Ich retiriere es und mir mit. Wat sagen Sie dazu, Mijnheer?“
„Wat ik zeg? Foei! Donder em bliksem! Dat ruikt waarachtig na honderd duizend ongelukkige nijlpaarden – Was ich sage? Pfui! Donner und Wetter! Das riecht wahrhaftig nach
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