326 - Schlangenmenschen
einer Seite ihres Fahrzeugs – von der den Indios zugewandten.
Xij stellte das ebenfalls fest und fühlte sich bestätigt. »Hab ich’s nicht gesagt? Die Wilden sind die Bösen!«
»Soll ich aktiv gegen die Indios vorgehen?«, fragte Miki.
»Nein«, lehnte Matt weiterhin ab. Er überprüfte, ob sich die Flüchtenden mittlerweile weit genug von ihren Verfolgern hatten absetzen können.
Xij kommentierte, was der Bildschirm dazu hergab: »Sie sind am Tor. Es öffnet sich. Gleich sind sie drinnen...«
Gemeinsam verfolgten sie, wie sich das Rolltor wieder schloss, ohne dass zu erkennen war, wer die Kurbel betätigte.
»Die scheinen Generatoren zu haben«, sagte Miki Takeo. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Tor elektrisch bewegt wurde.«
Auf der dem Komplex abgewandten Seite war der Vormarsch der Indios zum Stillstand gekommen. Das Erscheinen des Fluggeräts schien sie tief beeindruckt zu haben. Aber nicht so tief, dass sie auf einen Akt barbarischer Gewalt verzichteten.
Erst jetzt bemerkte Matt, dass einer der Uniformierten den Anschluss an seine Kameraden verloren hatte. Er stand wie versteinert da und war im Nu von bemalten, halbnackten Indios umringt, deren Schusswaffen wie Anachronismen anmuteten.
Matt erwartete, dass sie den Mann gefangen nehmen und vielleicht verschleppen wollten. Stattdessen zückte einer der Wilden – jetzt traf die Bezeichnung wirklich zu – ein großes Messer, das von einer früheren amerikanischen Armeeeinheit hätte stammen können, die sich auf lautlosen Dschungel- oder Partisanenkampf spezialisiert hatte.
Die geriffelte Klinge vermochte wahrscheinlich Baumstämme durchzusägen.
In diesem Fall traf sie auf weniger Widerstand.
Innerhalb einer Sekunde war der Soldat enthauptet.
***
Xij Hamlet, die im Laufe ihrer Leben manche Grausamkeit gesehen hatte, keuchte auf, und selbst Miki Takeos Androidenkörper schien zu erbeben, als wäre er plötzlich wieder fähig, Emotionen zu zeigen.
Auch Matt war geschockt von dem Akt der Barbarei. Die Welt schien für Sekunden stillzustehen; jede Bewegung, selbst jeder Gedanke war wie eingefroren. Nur mühsam gelang es ihm, sich aus dieser Starre zu lösen.
»Diese Bastarde!«
Das war Xij. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und stützte sich damit auf eine Konsole, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
»Was tun wir?«, fragte Miki Takeo. »Für mich sieht das nur bedingt nach Rückzug aus.«
Das war es nicht einmal ansatzweise.
Im Gegenteil.
Mit stupidem Gesichtsausdruck steckte der Schlächter die Klinge wieder in das Futteral zurück, das er um die Hüfte trug. Sofort im Anschluss schnappte er sich sein Gewehr, das er hatte zu Boden fallen lassen, legte es an und feuerte einen Schuss auf das Shuttle ab.
Das neuerliche Klonk schien das Signal für den Rest der Meute zu sein, es ihm gleichzutun. Wieder prasselte bleierner Hagelschlag gegen die Hülle.
»Verschwinden wir«, knirschte Matt. Er musste sich zusammennehmen, um nicht stattdessen » Machen wir sie fertig!« zu befehlen. Die Wut kochte in ihm.
Miki startete das Shuttle ohne Rücksicht auf Verluste. Durchaus nicht zufällig richtete sich der Schub der Antriebsdüsen gegen die Gruppe, die den feigen Mord begangen hatte.
Die Indios warfen sich sofort zu Boden und ließen den heißen Atem des Shuttles über ihre Köpfe hinwegfauchen.
Während der Android das kleine Raumschiff in knapp zehn Metern Höhe über die Umzäunung des Gebäudekomplexes lenkte und dort wenig später nahe den Gebäuden sanft zur Landung brachte, fragte Xij immer noch völlig entgeistert: »Habt ihr das gesehen?«
»Wie kannst du nur fragen...«
»Ich meine nicht die Enthauptung. Diese Wilden trugen Schlangen um den Hals – lebende Schlangen!«
»Wahrscheinlich ihre Totemtiere«, vermutete Matt. »Vielleicht sind sie giftig und haben ihre Träger gebissen. Das würde zumindest das Verhalten der Indios erklären. Gift, Drogen... irgendetwas in der Art könnte ihren Blutdurst angestachelt haben.«
»Vielleicht wissen die Hausherren mehr«, sagte Miki Takeo und zeigte nach draußen, wo sich ein Trupp bewaffneter Männer dem Shuttle näherte. »Noch kann ich einen Notstart einleiten, um ganz von hier zu verschwinden. Wir sollten uns das ernstlich überlegen. Falls die Jungs nicht gemerkt haben, dass wir ihnen geholfen haben, könnte es brenzlig werden.«
Matt schüttelte den Kopf. »Wir riskieren es. Sprachlich sollte es dank unserer Translatoren keine Verständigungsprobleme geben.«
Das
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