33 - Die Werwölfe von Kregen
dich nicht mit unnötigen Problemen belasten. Du hast genug Sorgen.«
Natürlich hatte sie recht. Meine Delia hätte mich in dieser Situation schnell zur Ordnung gerufen. Ich wünschte Marion eine gute Nacht und begab mich in mein Zelt.
Eine ziemlich große Horde umstand dieses Zelt.
Ich seufzte.
Jeder dieser braven Kämpfer und Kampfmädchen war bereit, sich zwischen mich und den Feind zu schieben. Selbst wenn dieser Feind ein scheußlicher Ganchark war, was ja immerhin passieren konnte. Der Gedanke, daß sich jeder dieser prächtigen Menschen in einen Werwolf verwandeln und den erstbesten Mitmenschen überfallen konnte, erfüllte mich mit einem intensiven, schmerzhaften Zorn, der aber völlig sinnlos war.
Die Angewohnheit, einen Vorgesetzten mit ›Jis‹ anzureden oder, im Falle einer Frau, mit ›Jes‹, war auf dem Vormarsch – ähnlich wie auf der Erde ›Herr‹ und ›Frau‹ gesagt wird. Meine Beschützer würden mich Majister nennen, wenn sie mich kennenlernten, ›Majis‹, wenn sie ein Weilchen bei mir waren. Beim Schwarzen Chunkrah! Meine schöne Garde wurde von der okkulten Gefahr der Werwölfe unterwandert, marode gemacht, vernichtet. Mir kam der Gedanke, daß ich vielleicht nicht um die Notwendigkeit herumkam, eine Expedition in die Engen Hügel von Süd-Pandahem zu unternehmen, um in einem schnellen Streich alle Schrecknisse zu vernichten, die sich im Labyrinth des Coup Blag ballten.
Ich wollte mich eben erschöpft auf meine Felle sinken lassen, als ein Mädchen in den Innenraum des Zelts huschte. Sie war eine Jikai-Vuvushi, die ich eher in ihrer Rüstung zu sehen gewohnt war, behangen mit Stahlwaffen. Heute trug sie ein weites rosafarbenes Gewand und war mit noch mehr tödlichen Waffen ausgestattet, die allerdings nicht aus Stahl bestanden. Sie hatte eine kleine achtsaitige Hüftenharfe bei sich.
»Darf ich dir etwas vorsingen, Majis, ehe du einschläfst?«
Ich war zu müde, um Einwände zu erheben.
»Na schön, Floring. Ich fürchte nur, ich bin heute abend ein schlechtes Publikum.«
Floring Mecrilli, eine Jikai-Vuvushi und Schwester des Schwertes, schlug die Saiten ihrer Harfe an und spielte. Sie hatte eine schöne Stimme. Ich weiß nichts mehr von dem, was sie spielte und sang. Das Ständchen war höchst ungewöhnlich.
Nach einiger Zeit legte sie die Harfe auf den Teppich, kam mit einer geschmeidigen und zugleich aufreizenden Bewegung näher und sank auf die Knie. Das nach vorn fallende Haar verdeckte halb ihr Gesicht. Ihr Gewand war weit und locker.
»Wenn ich noch etwas für dich tun kann ...«
»Nein, und ich danke dir sehr, Floring. Jetzt laß mich schlafen.«
»Wenn du es befiehlst.« Sie schmollte. Sofort war ich beunruhigt. »Gestatte mir wenigstens, dich auf die Lippen zu küssen, um meiner Liebe zu dir Ausdruck zu geben.«
Ich fuhr zurück, richtete mich auf und sagte mit einer Stimme, die durch das Tor einer Festung hätte klingen können: »Das steht dir nicht zu, Floring Mecrilli. Jetzt verlaß dieses Zelt – sofort!«
Sie zuckte zurück. Ihre Brüste bewegten sich mit der Heftigkeit ihrer Reaktion. Das Auge, das ich hinter dem herabhängenden Haar sehen konnte, wirkte glasig und starr. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Bitte, Liebster ...«
Ich sprang auf, packte sie an den Schultern, drehte sie um und schob sie durch die nächste Zeltbahn. Dort ließ ich sie los, denn ich wollte sie nicht vor ihren Kameraden beschämen.
»Geh, Floring, dann will ich die Sache vergessen! Wenn nicht, muß ich dich daran erinnern, daß du Soldat bist und dem Mazingle unterliegst und den Vorschriften, die für alle vallianischen Soldaten gelten.«
Mit einem letzten Blick, in dem meiner festen Überzeugung nach Verblüffung und Unverständnis über sich selbst lagen, lief sie fort. Ich ging wieder zu Bett und versetzte ihrer Harfe dabei einen Tritt.
Kurz bevor ich einschlief und dabei noch einmal an Delia dachte, wie ich es an jedem Abend meines Lebens tue, erinnerte ich mich an mein Erstaunen ob der Art und Weise, wie Khe-Hi von Ling-Li-Lwingling gesprochen hatte. Vielleicht waren dort ebenfalls romantische Gefühle im Spiel?
Am nächsten Morgen erwischte ich Khe-Hi beim Frühstück und stellte ihm eine direkte Frage.
»Als ich mich in LionardDen, auch als Jikaida-Stadt bekannt, aufhielt und Kazz-Jikaida kämpfte, wurde das Spiel von Ling-Li-Lwingling als Jikaidasta kontrolliert.«
»Ja, Dray. Sie ist im Jikaida sehr gut. Das Spiel ist für sie allerdings nicht
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