34 Kurz-Krimis (German Edition)
schnell geht das nicht."
"Natürlich geht das."
"Mein Mann hatte das ergaunerte Geld damals ausgegeben", erklärte Milly ruhig. "Es ist nichts mehr davon da - und wenn das der Fall wäre, würde eine ganze Meute von Privatermittlern auf mich lauern, um herauszukriegen, wo es ist."
Der Fremde grinste. "Ich bin nicht so dumm wie die Polizei, Mrs.
Cross!"
*
Milly wartete den ganzen Tag auf den Fremden und sah immer wieder aus dem Fenster ihrer Wohnung. Er kam am Abend und schien guter Laune zu sein. Ihre Adresse schien er zu wissen, jedenfalls hatte er sich nicht danach erkundigen müssen.
"Bringen wir die Sache hinter uns", meinte er.
"Ganz meiner Meinung." Ihre Erwiderung war kalt und hart wie der Schalldämpfer der Pistole, die sie in der Hand hielt. Sie feuerte zweimal kurz hintereinander. Es gab ein Geräusch, das wie Niesen klang. Mit ungläubigem Gesicht sackte der Fremde zu Boden und rührte sich nicht mehr.
Milly Cross hatte einige Mühe damit, den Fremden in den Kofferraum ihres Wagens zu legen. Sie fuhr zum Fluß und brachte es schließlich fertig, den Toten hineinzuwerfen. Allerdings achtete sie diesmal peinlich genau darauf, daß sie niemand beobachtete. Seinen Namen und seine Adresse wußte sie durch den Führerschein und den Ausweis, den sie ihm aus der Jackentasche genommen hatte. Er hieß Bob Gillner. Die Negative der Fotos hatte er natürlich nicht bei sich gehabt. So fuhr Milly zu seiner der Wohnung. Sie klingelte. Es machte niemand auf. Dann nahm sie Gillners Haustürschlüssel hervor und ging einfach hinein. Ihr war klar, daß sie sich jetzt beeilen mußte. Sie mußte die Negative finden, sonst war sie geliefert.
Ein paar Tage noch, dann würde die Leiche sicher irgendwo an Land gespült werden. Und dann würde die Polizei alles unter die Lupe nehmen. Gillner hatte ein gut eingerichtetes Fotolabor, das für einen Amateur ganz beachtlich war. Allerdings ließ seine Ordnung zu wünschen übrig. Milly brauchte eine geschlagene Stunde, um endlich zu finden, was sie suchte.
Dann machte sie sich davon. Milly las in der Zeitung von einem Toten, den man am Flußufer gefunden hatte. Die Polizei schien im Dunkeln zu tappen.
Gut so, dachte Milly. Zwei Tage später tauchte ein Inspektor der Mordkommission an Millys Haustür auf.
Er hieß Brady und Milly kannte ihn bereits. Brady hatte den Mordfall ihres Mannes bearbeitet.
"Denken sie immer noch, ich hätte meinen Mann umgebracht", fragte Milly nicht ohne Spott in der Stimme. Der Inspektor schüttelte den Kopf.
"Alles der Reihe nach", meinte er. "Jedenfalls verhafte ich Sie wegen Mordes an einem gewissen Bob Gillner. Er hat Sie mit Fotos erpreßt, die zu beweisen schienen, daß Sie Ihren Mann umgebracht haben."
"Aber..."
"Sie meinen, kurz nach der Tat waren Sie in Gillners Wohnung, um alles auf den Kopf zu stellen. Richtig. Ein Anwohner hat Sie gesehen und genau beschrieben. Ihr Pech, daß Gillner bei einem Labor Vergrößerungen der Bilder in Auftrag gegeben hatte, die erst ein paar Tage danach per Post geliefert wurden..."
Milly schluckte und dachte an die Tatwaffe, die die Polizei mit Sicherheit hier, in ihrer Wohnung finden würde...
*
Etwa zur gleichen Zeit wartete im Foyer eines Mittelklasse-Hotels in Rio de Janeiro ein Mann auf einen Anruf. Der Mann hatte mal Cross geheißen, jetzt nannte er sich anders. Das Geld, um das er arglose Anleger betrogen hatte, hatte er in Bargeld verwandeln können, bevor man ihn erwischt hatte.
Jedenfalls einen großen Teil davon. Er selbst war nach der Haftentlassung gleich untergetaucht, um die lauernden Privatschnüffler abzuhängen, die die Geschädigten auf seine Fährte gesetzt hatten. Milly hatte das Geld für ihn aufbewahrt, erst in einem Blumenbeet, dann als riesiges, in Plastik eingehülltes und mit zahlreichen Gewichten versehenes Bündel auf dem Flußgrund.
"Hat jemand für mich angerufen?" fragte Mr. Cross den Portier zum x-ten Mal.
"Nein, Sir!"
Mr. Cross fluchte leise vor sich hin. Er hatte langsam Zweifel, ob Milly sich überhaupt je noch bei ihm melden würde...
EIN FREUND DES INSPEKTORS
Es war ein kalter grauer Tag. Und hätte es den Toten nicht gegeben, Inspektor Sutton wäre kaum hier her an die Küste gefahren, um sich den eiskalten Nordostwind um die Ohren wehen zu lassen. Jetzt stand er bis zu den Knöcheln im Schlick.
Ein halbes Dutzend weiterer Kriminalbeamte teilte mit ihm dieses Schicksal.
Ein Wattwanderer hatte den Toten gefunden.
Sutton fröstelte, während sich Dr.
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