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34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

Titel: 34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
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hinterher.
    Natalia drehte sich mit erschrockenem Blick um: »Komm, Ella, schnell!«
    Ella holte Natalia ein und flüsterte nun, während sie im Laufschritt neben ihr herlief: »Um was geht es, Natalia? Ich muss das wissen.«
    »Gleich«, sagte Natalia leise und machte eine beschwichtigende Handbewegung.
    Wenn das hier eines der seltenen Abenteuer werden sollte, das außerhalb ihres Kopfes stattfand, dann wollte sie lieber keine Abenteurerin sein, dachte Ella. Sie war keine Lady Stanhope, sie hätte niemals allein eine Wüste bereist.
    »Gleich«, wiederholte Natalia, und in ihrem Blick lag nun etwas Flehendes, das nicht so recht zu ihrer Entschlossenheit passen wollte.
    Gleich?, dachte Ella, wann ist gleich?
    Vor dem Krankenhaus nahmen sie eines der wartenden Taxis und fuhren los.
    Natalia nannte dem Fahrer eine Kreuzberger Adresse. »Ich zahl das«, sagte sie.
    Natalia lehnte sich zurück und schwieg. Natalias Schweigen war weder düster noch aufgeregt, sondern gleichmütig, als gäbe es einfach nichts zu sagen.
    Ella schaute Natalia aus den Augenwinkeln an: Jetzt wirkte sie nicht wie eine Frau, die Geschichten über ihr Leben hören wollte, jetzt wirkte sie unberechenbar, wie jemand, der ein Geheimnis hatte und einen Plan.
    »Du zitterst«, sagte Natalia.
    »Ja, ich zittere«, sagte Ella und fand plötzlich ihre Stimme wieder, »und weißt du, warum? Weil ich Angst habe. Ich kenne dich kaum, und ich weiß nicht, was wir hier machen. Um was geht es? Was für Geld? Was für eine Katastrophe?«
    Natalia starrte wieder vor sich hin, dann flüsterte sie: »Das kann ich dir nicht sagen«, und ihre Stimme klang hohl.
    »Ich…«, sagte Ella, »ich bin nicht sehr mutig, weißt du.«
    »Dir passiert nichts.« Natalia hielt inne, schien sich kurz über Ellas Geständnis zu wundern und wiederholte: »Dir passiert doch nichts.« Dann legte sie Ella die Hand aufs Knie: »Danke, dass du mitkommst. Jetzt rettest du mich schon das zweite Mal.«
    Natalias Hand war kühl. Ein zweites Mal?, dachte Ella: »Trotzdem: Ich kann das so nicht. Du musst mir was erzählen, ich muss wissen, wo wir hinfahren, ich muss wissen, ob das hier alles gefährlich wird, ansonsten muss ich hier und jetzt aussteigen.«
    Natalia schaute Ella erschrocken an. »Du musst gar nichts machen, nur dabei sein, wie bei dem Unfall, genau wie bei dem Unfall. Ich kann das nicht alleine«, sagte sie und fuhr leise fort: »und jetzt muss ich ja auch nicht mehr alleine, weil jetzt habe ich ja dich.«
    Hier lief gerade etwas aus dem Ruder, dachte Ella.
    Natalia fügte hinzu: »Wenn das Geld futsch ist, dann weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Dann ist alles im Eimer, die ganzen letzten zwei, drei Jahre, alles. Und dann? Ich kann nicht wieder von vorne anfangen. Das schaffe ich nicht. Aber dir, dir wird nichts passieren, das verspreche ich dir. Reicht das nicht? Bitte, Ella, das muss reichen.«
    »Hat der Mann mit dem weißen Haar was damit zu tun?«, fragte Ella.
    »Ella!«
    Ella schaute Natalia jetzt von der Seite an, Natalia kam ihr immer fremder vor.
    »Wieso sollte der denn was damit zu tun haben?«, fragte Natalia dann leise. »Was hast du nur mit dem? Du hast Verfolgungswahn.«
    Ich?, dachte Ella.
    Der Taxifahrer verstellte seinen Rückspiegel. Sein Blick traf Ellas kurz, ihm schien das alles auch nicht geheuer zu sein.
    »Wir sind da«, sagte Natalia plötzlich und streckte dem Taxifahrer einen Hunderteuroschein hin.
    Der Taxifahrer wechselte das Geld ohne Kommentar, bedankte sich und drehte sich zu Natalia um. Als er seinen Kopf wieder nach vorne wandte, streifte sein Blick noch einmal Ellas Blick. Er schien erleichtert zu sein, dass sie seinen Wagen verließen.
    Sie standen vor einem Eckhaus, Altbau, Graffiti, efeubewachsen, im Untergeschoss ein Kindergarten. Kreuzberger Idylle.
    »Warte hier auf mich«, sagte Natalia, »ich wohne im ersten Stock, ich winke aus dem Fenster, wenn alles in Ordnung ist. Wenn nicht, dann rufst du folgende Nummer an«, sagte sie und streckte Ella einen Zettel entgegen. »Gib mir ein bisschen Zeit«, sagte sie und deutete auf ihre Krücken, »bin heute nicht in Bestform.«
    »Und die Polizei?«, fragte Ella.
    »Die Polizei?«, entgegnete Natalia und humpelte los.
    Als Natalia im Hauseingang verschwunden war, schaute Ella auf den Zettel in ihrer Hand. Eine Handynummer, die ihr nichts sagte.
    Ein Paar joggte vorbei, beide mit Kopfhörern. Der Mann drückte sich mit jedem Schritt so weit vom Boden ab, dass er auf und ab hüpfte,

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