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34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer

Titel: 34 Meter über dem Meer - Reich, A: 34 Meter über dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
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sagte er: »Die Preise stehen alle hier an der Tafel. Mehr gibt es nicht zu wissen. Geben Sie mir Ihren Personalausweis. Ich kopiere ihn, gehe kurz auf meine Baustelle und bin in einer Stunde wieder zurück. Sie sind meine Rettung! Wirklich, phantastisch! Acht Euro die Stunde. Und was soll schon schiefgehen? Chaotischer als jetzt kann’s eh nicht werden.«
    »Eben, was soll schon schiefgehen?«, wiederholte Sibylle und schaute nun zum ersten Mal Horowitz an, der mittlerweile vor dem Tresen stand.
    »Das hättest du nicht gedacht, was?«, fragte sie und machte zwei Milchkaffees.
    »Hier«, sagte sie und schob ihm eine Tasse über den Tresen, »mit einem Prachtschaum.«
    Die Tür ging erneut auf, und vier Männer kamen ins Café. Sibylle bediente sie, als hätte sie nie etwas anderes getan, pries in höchsten Tönen die Croissants an und zwinkerte Horowitz dabei zu. Horowitz schüttelte lächelnd den Kopf, nahm seinen Kaffee, setzte sich wieder auf die Fensterbank und blickte sich in der Runde um. Der junge Mann neben ihm sagte: »Nicht schlecht, Ihre Frau!«
    Horowitz wollte gerade eine abwehrende Handbewegung machen, als Sibylles Blick ihn traf. Sie lächelte, und Horowitz nickte.
    Dann lehnte Horowitz sich mit dem Rücken ans Fenster, beobachtete, wie Sibylle sich hinterm Tresen zu schaffen machte, und auf einmal breitete sich in ihm eine tiefe Ruhe aus. Er schloss die Augen. Genau so hatte er sich das immer vorgestellt: Neben dir liegt der Ocean, es ist wahr, er brüllt nicht immer, und mitunter liegt er da, wie Seide und Gold und Träumerei der Güte.
    Vielleicht ging es gar nicht um das Meer bei seiner Suche nach dem Großen und Ganzen, sondern um etwas ganz anderes? Vielleicht ging es um etwas, das sich jetzt in Form dieser überbordenden Frau zeigte? Auf die Liebe hatte er nie gebaut, sie war ihm immer zu unwegsam gewesen. Und falls das jetzt die Liebe war, fühlte sie sich ganz anders an, als er immer gedacht hatte. Als sich Sibylles und sein Blick erneut trafen, nickte er wieder, und sie strahlte ihn an. Dann strich er mit den Fingern über das blau-weiß gestreifte Kissen, auf dem er saß, und dachte: Keine schlechte Farbe eigentlich – Blau.
    Nach drei Stunden kam der Cafébesitzer zurück, und als er Sibylle fragte, wie alles gelaufen sei, antwortete sie: »Na, gut natürlich, wie denn sonst?«
    »Sollen wir eine Probewoche machen?«
    Sibylle strahlte, überlegte eine Weile und sagte dann: »Kann ich Ihnen das morgen Abend sagen? Ich muss eine Nacht drüber schlafen.«
    Der Cafébesitzer stimmte zu, sie tauschten Telefonnummern aus, und Sibylle gab ihm zum Abschied ein Küsschen. Sibylle winkte den Gästen und verließ den Laden. Horowitz folgte ihr verdutzt auf die Straße.
    Draußen sagte sie: »Jetzt haben wir einen Plan B. Falls deine Schwester sich doch nicht erweichen lässt, können wir wenigstens die Miete zahlen. Und außerdem können wir morgen bei deiner Schwester ganz anders auftreten, wenn wenigstens einer von uns in Lohn und Brot ist, oder nicht?«

22
    In den folgenden Wochen war Ella so verbindlich, wie Paul es nie für möglich gehalten hätte. Anfangs traute er dem Frieden nicht, hatte manchmal den Eindruck, Ella spielte Beziehung, aber nach und nach schwanden seine Zweifel; und das ermutigte ihn, seiner Frau nach all den Jahren endlich reinen Wein einzuschenken. Über das, was an jenem Sonntag passiert war, verloren beide nie wieder ein Wort. Stattdessen gingen sie ins Kino, in Galerien, zum Bowlen und auf Lesungen. Und Paul stellte Ella seinen Sohn vor.
    An dem Tag, an dem Ella seinen Sohn kennenlernte, schenkte sie ihm ein Modellflugzeug. Sie setzte sich mit Pauls Sohn auf den Boden des »großen Salons« und sägte, klebte und lackierte so lange, bis das Flugzeug perfekt war und sie zum Teufelsberg fahren konnten, um es fliegen zu lassen. Es machte einen wunderbaren Bogen und stürzte dann so rasant ab, dass nichts mehr zu machen war. Als es mit seiner rotlackierten Schnauze in den Boden rammte, lachten Ella und sein Sohn so sehr, dass sie sich ins Gras fallen ließen.
    Ella teilte ihre Sorgen mit Paul, wenn ihre Schwester auf neue Ergebnisse ihrer Blutuntersuchungen wartete, und erzählte ihm Geschichten aus ihrer Kindheit. Immer wieder rief sie ihn aus dem Sender an, um ihm zu sagen, dass sie gerne bei ihm wäre. Und all das am helllichten Tag.
    Mit den Momenten, in denen Ella wie aus dem Nichts abtauchte, während eines Gesprächs plötzlich verstummte oder einfach nicht mehr ans

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