34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
gibt ihm das Messer oder eine Kugel in den Leib. Das werden wir auch tun.“
„Nein, Señor, damit bin ich nicht einverstanden.“
„Aber, warum denn nicht?“
„Weil ich weder der Richter noch der Henker dieses Mannes bin.“
„Aber das sollen Sie auch gar nicht sein, sondern wir wollen es übernehmen.“
„Sie haben mit dieser Angelegenheit gar nichts zu tun; sie ist allein meine Sache, weil ich beleidigt bin.“
„Caramba! Jetzt laufe ich seit Nachmittag hinter dem Halunken her, nehme dazu sogar den Beistand meiner Kameraden in Anspruch; es gelingt mir auch, den Mord zu verhüten, und da soll mich diese Sache jetzt nichts angehen? Hat man schon so etwas gehört! Sie haben mir eine große Wohltat erwiesen, Señor; Sie sind also mein Freund; was man meinem Freunde tut, das ist ganz so, als ob es mir selbst getan wird; wenigstens ist das der Gebrauch unter den Yerbateros. Man hat Sie morden wollen; das gilt gleich einem gegen mich selbst gerichteten Mordversuch, den ich unbedingt bestrafen muß.“
„Wäre ich ermordet worden, so könnten Sie als mein Freund mich rächen; da mir aber nicht das mindeste Leid geschehen ist, so bitte ich Sie, die Sache auf sich beruhen und den Kerl laufen zu lassen!“
„Herr, man merkt, daß Sie ein Deutscher sind. Bekommen in Ihrem Vaterland die Mörder vielleicht einen Orden oder irgendeine andere Belohnung und Auszeichnung? Bedenken Sie doch: wenn Sie ihm die Freiheit geben, so wird er dieselbe sofort benutzen, den bisher verunglückten Anschlag gegen Sie besser auszuführen!“
„Er mag es versuchen! Ich kenne seine Absichten nun so genau, daß ich sie nicht zu fürchten brauche. Prügelt ihn tüchtig durch, wenn Ihr wollt. Vielleicht macht ihn das willig, uns zu sagen, von wem er seinen Auftrag, mich zu ermorden, erhalten hat.“
„O, das zu erraten, ist kinderleicht; aber er soll es uns dennoch sagen müssen. Wie viele Hiebe soll er erhalten?“
„Ihr schlagt so lange, bis er gesteht, wer ihn gegen mich gedungen hat. Dann aber erhält er keinen einzigen Schlag weiter. Ich mag nicht dabei sein. Ich mag den Menschen überhaupt nicht mehr sehen.“
Ich ging hinaus und schritt suchend einigemal um das Haus. Es war keine Spur von den Bewohnern desselben zu sehen. Ich hörte deutlich die Hiebe fallen, welche der Bravo erhielt, doch vernahm ich keinen Schmerzenslaut. Als zehn Minuten vergangen waren, öffnete ich die Tür und sah hinein. Der Kerl lag auf dem Bauch. Seine Hose war zerschlagen und blutig gefärbt, und doch grinste er mir mit einem höhnischen Lachen in das Gesicht. Er hatte nichts gestanden, überhaupt keinen Ton, keine Silbe hören lassen; er schien die Nerven eines Nilpferds zu besitzen.
„Señor, was meinen Sie?“ fragte Monteso. „Er gesteht nichts, und wenn wir fortfahren, so schlagen wir ihn tot.“
„Er hat genug. Laßt ihn liegen! Ich kenne ohnedies den Mann, von welchem er seinen Auftrag erhalten hat.“
„Gut, so mag er liegen bleiben. Wir schließen ihn ein, so daß man nicht sogleich zu ihm kann. Besser aber ist es, wir löschen das Licht aus und bleiben hier, um die Bewohner dieses Hauses abzufangen.“
„An ihnen liegt mir nichts. Ich mag nichts mehr von ihnen hören.“
„Gott segne Ihre Milde, Señor, aber sie ist nicht angebracht. Wenn mich ein Ungeziefer beißt, so mache ich es tot, sonst beißt es mich wieder. Doch, ganz wie Sie wollen. Laßt uns also gehen!“
Er kam mit den andern heraus, schloß die Tür zu und warf den Schlüssel von sich. Wir gingen über die Blöße zurück und bogen dann in die Straße ein. So gelangten wir in die Stadt, ohne belästigt worden zu sein. Wir hatten unterwegs gar nicht gesprochen.
„Gehen Sie sofort in Ihr Hotel?“ fragte mich Monteso. „Oder würden Sie uns die Ehre erweisen, ein Gläschen mit uns zu trinken, Señor. Sie würden uns dadurch außerordentlich erfreuen.“
Ich hatte dem Mann mein Leben zu verdanken und mochte ihn also nicht durch die Zurückweisung dieser freundlichen Einladung betrüben oder gar beleidigen. Darum nahm ich dieselbe an.
Er führte mich von der Hauptstraße in eine der Querstraßen, wo wir in ein unscheinbares Haus traten, dessen Schild anzeigte, daß es eine gewöhnliche Schenke sei.
Zigarettenqualm und wüstes Geschrei drang uns aus der halb offenen Tür der Gaststube entgegen. Schon bereute ich, mitgegangen zu sein; aber Monteso trat nicht in diese Stube, sondern er klopfte an eine Tür, hinter welcher die Küche zu liegen schien. Ein
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