34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
Beweis, daß sie nicht zu den ärmsten ihres schweren Berufes gehörten.
Señor Mauricio Monteso war vom Pferd gestiegen und kam herauf zu mir in das Zimmer, um mich abzuholen. Ich ging ihm bis an die Tür entgegen, um ihn zu begrüßen. Er aber hörte die Worte gar nicht, welche ich sagte, und sah auch nicht, daß ich ihm die Hand entgegenstreckte. Er war unter der geöffneten Tür stehen geblieben und starrte mich mit einem unbeschreiblichen Erstaunen an. Er schien ganz fassungslos zu sein. Sprachlos war er ganz bestimmt, denn er hatte den Mund weit offen, brachte aber keinen Laut heraus.
„Willkommen, habe ich gesagt, Señor!“ erinnerte ich ihn. „Hoffentlich komme ich Ihnen nicht ganz unbekannt vor, und Sie erinnern sich, was wir gestern miteinander getan und gesprochen haben!“
„Gott stehe mir bei!“ Diesen Ausruf stieß er hervor, weiter nichts.
„Was bringt Sie denn so sehr aus der Fassung?“
Er trat vollends in die Stube und machte wenigstens die Tür zu.
„Kommen Sie doch zu sich!“ lachte ich. „Was haben Sie denn an mir auszusetzen?“
Er faßte mich am Arm, zog mich näher zum Fenster, betrachtete mich vom Kopf bis zu den Füßen und stieß dann ein so schallendes Gelächter aus, daß es klang, als ob die Fenster mitzitterten. Hierauf rief er aus:
„Señor, was ist denn geschehen? Wer hat Ihnen denn das angetan? Man erlebt ein wahres Wunder an Ihnen. Ich muß mich in der Zeit verrechnet haben. Springen Sie mir doch zu Hilfe, und sagen Sir mir gütigst, ob wir gegenwärtig vielleicht in der Fastnachtszeit leben!“
Er begann von neuem zu lachen. Ich ließ ihm Zeit, sich zu beruhigen. Ich wußte natürlich, daß mein Anzug es war, welcher ihn in diese überaus heitere Laune versetzte. Endlich, als er nicht mehr zu lachen vermochte, trat er weit von mir zurück, betrachtete mich durch seine beiden Hände, welche er sich wie ein Fernrohr vor das Auge hielt, und fragte:
„Señor, sagen Sie mir einmal aufrichtig, wer von uns beiden ein Narr ist, Sie oder ich?“
Jetzt machte ich ein recht ernstes Gesicht, denn einen solch vertraulichen Ton wollte ich zwischen uns doch nicht aufkommen lassen, und antwortete:
„Jedenfalls Sie! Als ich Sie zum erstenmal sah, war Ihre Erscheinung mir ebenso fremd, wie die meinige jetzt Ihnen zu sein scheint; aber ich habe mich wohl gehütet, mich über Sie lustig zu machen oder gar Sie einen Narren zu nennen.“
Das wirkte augenblicklich. Er ließ die Hände sinken und sagte in entschuldigendem Ton:
„Verzeihen Sie, Señor! So waren meine Worte nicht gemeint. Aber Sie geben doch zu, daß Sie in diesem Anzug eine gar zu komische Figur machen!“
„Das gebe ich durchaus nicht zu. Mir erscheint es vielmehr komisch, mit nackten Beinen in den Urwald zu wollen und das Pferd mit Flittern zu behängen, während der Reiter die Hose und Jacke voller Flecke und Löcher hat. Wenn Sie mich für einen so komischen Menschen halten, welcher die Lachlust anderer herausfordert, so haben Sie es frei, sich nach einem ernsteren Begleiter umzusehen!“
Jetzt wurde er ängstlich.
„Aber bitte tausendmal um Verzeihung, werter Señor! Ich wiederhole, daß ich ganz und gar nicht die Absicht hege, mich über Sie lustig zu machen. Sie kommen mir so außerordentlich fremdartig vor, daß es mir für den Augenblick unmöglich war, an mich zu halten. Nehmen Sie das ja nicht übel, und haben Sie lieber die Güte, mir zu erklären, in welcher Weise die lederne Kleidung für unsre Reise geeignet sein soll!“
„Das ist ganz genau der Anzug eines nordamerikanischen Westmannes.“
„So mag ein solcher Lederanzug wohl für Nordamerika passen, aber für den Süden doch unmöglich.“
„Sie scheinen anzunehmen, daß es im Norden nur kalt und im Süden nur warm ist. Am Äquator ist die größte Hitze; je weiter man sich von demselben nach Norden oder Süden entfernt, desto mehr nimmt die Wärme ab. Wir befinden uns gegenwärtig fünfunddreißig Grad südlich des Äquators. Ebenso viele Grade nördlich desselben haben wir im allgemeinen dasselbe Klima zu suchen. Ich habe mich aber noch weit südlicher befunden und dabei doch die lederne Kleidung getragen.“
„Das ist mir zu gelehrt.“
„So will ich populärer sein. Sie haben im allgemeinen hier warme Tage und kalte Nächte. Das Leder aber ist ein schlechterer Wärmeleiter als das Zeug, aus welchem Ihre Kleidung besteht. Infolgedessen werde ich am Tage weniger schwitzen und des Nachts weniger frieren als Sie. Während Sie sich
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