34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
Dabei schwang ich den Lasso um den Kopf. Jetzt machte ich eine schnelle Armbewegung, als ob ich die Schlinge schleudern wolle, tat dies aber nicht. Der Braune ließ sich betrügen; er machte seinen Seitensprung. Kaum jedoch hatten seine Hufe den Boden wieder berührt, so flog ihm der Riemen um den Hals. Ich hielt das andere Ende desselben fest und wurde vom Pferd einmal um den Hof gezerrt. Dabei aber zog sich die Schlinge so fest zusammen, daß dem Tier der Atem verging und es stehen bleiben mußte. Augenblicklich stand ich neben ihm und sprang auf. Ich lockerte die Schlinge, und nun gab es sich Mühe, mich abzuwerfen. Es folgte ein Kampf zwischen Reiter und Pferd, welcher mir den Schweiß in dicken Tropfen in das Gesicht trieb; aber ich blieb Sieger, und der Braune mußte sich ergeben.
Nun stieg ich ab, schickte nach meinen Sachen, welche sich noch oben in dem Zimmer befanden, und legte dem Pferd indessen den Zaum an. Als ich dann meine schöne Santillodecke auf den Rücken des Pferdes gab, um den Sattel darauf zu legen, sagte Monteso:
„Sie sind ein sehr tüchtiger Reiter, Señor!“
„Und wie ist es mit dem Lasso?“
„Nun, den werfen Sie ausgezeichnet. Ich bin beinahe überzeugt, daß Ihre Begleitung uns wenigstens keine schweren Hindernisse bereiten wird.“
„Ich danke Ihnen für diese Aufrichtigkeit! Vielleicht sehen Sie ein, daß ich Ihnen nützlich, anstatt hinderlich bin. Steigen wir jetzt auf!“
Meinen Henrystutzen umhängend, stieg ich in den Sattel und ritt auf die Straße. Der Wirt und seine Untergebenen machten mir tiefe Verbeugungen und knicksten noch hinter mir her. Der Umstand, daß ich mich nicht vom Pferd hatte werfen lassen, hatte ihre Achtung für mich erhöht.
Der erste Mensch, welchen ich sah, als ich auf die Straße kam, war Señor Esquilo Anibal Andaro, der famose Haziendero, welcher mir den Bravo nachgeschickt hatte. Er stand dem Tor des Hauses gegenüber, und es hatte den Anschein, als ob er nur gekommen sei, Zeuge meiner Abreise zu sein. Wußte er denn, daß ich jetzt Montevideo verlassen wollte? Von wem hatte er das erfahren können? Er warf einen langen, giftigen und dabei wie triumphierenden Blick auf mich. Wäre ich willens gewesen, noch länger hier zu bleiben, so hätte dieser Blick mich warnen müssen, denn derselbe sagte mir ganz deutlich: „Gestern ist es nicht gelungen, aber ich habe dir eine andere Falle gestellt, in welcher du ganz gewiß stecken bleiben wirst!“
Einen Augenblick hatte ich zu warten, bis die Yerbateros aufgestiegen waren. Als wir uns dann in Bewegung setzten, kam Andaro auf uns zu, schritt schnell quer vor dem Kopf meines Pferdes vorüber und rief mir dabei in höhnischem Ton zu:
„Glück zur Reise, Señor!“
Ich antwortete ihm natürlich kein Wort, sondern tat, als ob ich ihn gar nicht gesehen hätte. Monteso aber war ganz ergrimmt über diese Frechheit. Er stieß seinem Pferd beide Sporen in den Leib, daß es emporstieg, riß es zur Seite und zwang es dann, einen Satz zu tun, durch welchen Andaro zur Erde geschleudert wurde. Seine Flüche und Verwünschungen folgten uns laut nach.
„Dieser Halunke hätte eigentlich von meinem Pferd zertreten werden sollen!“ schimpfte der Yerbatero. „In seinem Gesicht lag etwas Drohendes; blieben wir noch da, so hätten wir wohl Gefahr zu befürchten.“
„Davon bin ich überzeugt. Ja, ich möchte fast glauben, daß er jetzt noch im Sinn hat, mir eine Schlinge zu legen. Vielleicht ist sie schon gelegt, und ich tappe ganz ahnungslos hinein.“
„So sah er allerdings aus. Aber worin könnte diese Schlinge bestehen? Höchstens könnte er irgendwo einen Kerl hingestellt haben, welcher auf Sie schießen soll.“
„Das ist möglich. Kommen wir durch Waldung?“
„Welch eine Frage! Von Waldung ist hier keine Rede. Das Land besteht aus lauter wellenförmigen Erhöhungen, in deren Vertiefungen, wenn es Feuchtigkeit gibt, ein lichtes Buschwerk steht. Bäume aber finden Sie nur an den Gebäuden stehen, welche über das Land zerstreut liegen.“
„So würden wir also einen Hinterhalt, den man mir gelegt haben könnte, sofort bemerken?“
„Augenblicklich. Übrigens werde ich zwei meiner Leute beordern, in gewissem Abstand voran zu reiten, so lange wir rechts und links noch Bauten haben, hinter denen jemand stecken könnte. Indessen sind wir nicht ganz allein auf uns angewiesen, denn es reitet ein Señor mit uns, welcher uns in dieser Beziehung von Nutzen sein kann.“
„Wie? Sie haben, ohne mich
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