34° Ost
Welcher Amerikaner wäre es nicht? Aber eine weltweite Katastrophe zu riskieren, nur weil wir auf die Sowjets wütend sind? Zumindest sollten wir uns anhören, was sie zu sagen haben.« Schlau fügte er hinzu: »Das war auch alles, was Tate wollte, und Stuart hat ihn seines Kommandos enthoben und unter Arrest gestellt. Sagen Sie mir, General – handelt so ein rational denkender Mensch? General Tate war dazu ausersehen, etwa hundert andere Anwärter in der Rangliste zu überspringen und Ihren Posten zu übernehmen, sobald Sie in Pension gehen. Das hat mir der Präsident selber gesagt.«
»Vielleicht haben Sie recht, Sir. Vielleicht treiben wir die Dinge zu rasch voran.«
»Ich bin sehr erleichtert, dass Sie meine Ansichten teilen, General«, sagte Beal und stand rasch auf, ehe Shackleford einen Rückzug antreten konnte. »Kommen Sie jetzt bitte mit mir zu Admiral Ainsworth.«
Aber wie ein Adjutant im Geschoß der ›Pit‹ erklärte, führte der Admiral gerade ein Gespräch mit der Kontrollstation Echo Sierra auf Sinai. Ob der amtierende Präsident in der Kommunikationszentrale des Admirals auf ihn warten wolle?
Shackleford, der mit jeder Minute unsicherer zu werden schien, führte Beal in den Raum, von wo man in die ›Pit‹ hinabsah. Ärgerlich über diese Verzögerung, betrachtete Beal die Computerprojektionen an der Wand. Auf der Landkarte der Sowjetunion leuchteten rote Lämpchen auf, während die Midas- und Samos-Satelliten auf ihrer Umlaufbahn die Vorgänge in jedem einzelnen sowjetischen Interkontinentalraketen-Stützpunkt registrierten. Beals Kehle wurde so trocken, dass er kaum schlucken konnte.
Nun tauchten aus einem der Nebenräume Ainsworth und Brandis auf. Der Adjutant, der Beal Bescheid gegeben hatte, wies auf die obere Galerie des War Room. Ainsworth nickte und schritt im Gespräch mit Brandis zwischen den Konsolen durch die ›Pit‹. Dann wandte sich Brandis seinem eigenen Komplex von Kommunikationseinrichtungen zu.
»Ich zähle auf Ihre Unterstützung, General. Es ist äußerst wichtig«, sagte Beal zu Shackleford.
Der Stabschef schien nicht zu hören. Seine Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf die Projektion der asiatischen Landmasse, wo die Warnsignale immer dichter wurden.
Als Ainsworth eintrat, erschrak Beal. Das Gesicht des Admirals war vor Zorn verzerrt.
»Mr. President, zu meinem Bedauern muß ich Ihnen mitteilen, dass Dale Trask ermordet worden ist. Jawohl, ermordet. Und zwar von General Tates Sekretärin. Er wurde von einer Person aus Tates engster Umgebung kaltblütig niedergeschossen. Die möglichen Folgen sind kaum abzusehen. Offenbar wollte die Frau – möglicherweise ist sie sogar eine Sowjetagentin – verhindern, dass die Befehle, die ich Trask gegeben habe, ausgeführt werden: General Tate unter Arrest zu stellen und das Kloster zu erstürmen!« Sein Blick wurde hart und kalt. »Also habe ich General Brandis angewiesen, mit der Sechsten Flotte Verbindung aufzunehmen, um ein Bataillon Marines per Hubschrauber an den Einsatzort zu bringen. Die Marines haben den Auftrag, sofort das Katharinenkloster anzugreifen und Talcott Bailey tot oder lebendig herauszuholen. Und dann Tate in Gewahrsam zu nehmen.«
Beal sah seinen sorgfältig zurechtgelegten Plan scheitern. Nun durfte er von Shackleford keine Hilfe mehr erhoffen.
Ainsworth wandte sich an Shackleford: »Tate hat den Rest seines Special-Forces-Detachments nach Sankt Katharina beordert und verschwand dann in die Zentrale Zone, um dort mit den Russen Verhandlungen zu führen.« Sein Ton ließ keinen Zweifel zu, dass dies ein konkreter Beweis für Hochverrat in den obersten Rängen des amerikanischen Kontingents sei. »Es besteht die Möglichkeit, dass sich Tates Einheiten einer Verhaftung ihres Kommandeurs durch die Marines widersetzen werden. Das wäre grotesk. Selbst er muß das einsehen. General, ich bitte Sie, mit ihm in der Zentralen Zone Kontakt aufzunehmen und ihm mitzuteilen, dass die Marines zum Kloster unterwegs sind und dass er gut daran täte, sich gemäß meinem Befehl in den Arrest zu begeben, bevor das Bataillon eintrifft. Das könnte ihm bei seinem Kriegsgerichtsverfahren mildernde Umstände einbringen.«
Der Admiral wandte sich wieder Beal zu. »Mr. President, wie Sie auf den Projektionen sehen, machen die Sowjets ihre gesamte Interkontinentalraketenwaffe feuerbereit. Während der letzten halben Stunde hat sich die Lage erheblich verschlimmert. Ich glaube, Sie sind in dem Ihnen zugewiesenen Quartier
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