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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu beobachten, was im Dorf und auf der Insel vorgehe. Er war einige Male stehengeblieben, aber nicht lange Zeit, denn er hatte es natürlich eilig, aus unserer Nähe zu entkommen. Später sahen wir, daß er an einem Busch angehalten hatte, um ein stark fingerdickes Stämmchen desselben zu schneiden.
    „Weshalb mag er das getan haben?“ fragte Unica. „Doch wohl ohne besonderen Zweck?“
    „O nein. Daß er sich einen Stock geschnitten hat, ist mir von Wichtigkeit. Wenn hier im Chaco sich einer einen Gehstock schneidet, um sich die Anstrengung des Wanderns zu erleichtern, so will er schnell vorwärts kommen und hat auch einen weiten Weg vor sich. Der Sendador ahnt jedenfalls nicht, daß er mir hier verraten hat, daß er nun direkt nach der fernen Pampa de Salinas aufgebrochen ist. Ein vorsichtiger Mann hätte sich den Stock nicht hier, sondern viel später geschnitten.“
    „Folgen wir ihm noch weiter auf der Spur?“
    „Nein. Ich weiß genug, und es ist ja gar nicht meine Absicht, ihm nachzujagen.“
    „Aber vielleicht könnten wir ihn doch einholen!“
    „Nein. Sehen Sie die Spur genau an und auch die weiße Holzfläche des Stumpfes, von welchem er den Stock genommen hat. Es sind wenigstens vier Stunden vergangen, seit er hier war, und so groß ist der Vorsprung, den er hat. Er kann schnell und ohne Aufenthalt laufen. Wir aber müßten die Augen stets auf seiner Fährte haben, kämen also langsamer vorwärts, als er, und vermöchten nicht, ihn zu ereilen. Ich gedenke, ihn ganz gewiß droben in der Pampa de Salinas zu treffen.“
    „Aber er geht direkt dorthin; Sie aber wollen erst nach der Laguna de Bambú; da versäumen Sie eine kostbare Zeit, welche er benutzen wird, eher hinaufzukommen als Sie.“
    „Er muß gehen; wir jedoch haben Pferde. Ich kenne den Weg nicht, werde mich aber erkundigen, ob es möglich ist, daß wir nicht zu spät dort ankommen.“
    Wir kehrten zurück. Noch ehe wir das Dorf erreichten, drang uns aus demselben ein appetiterweckender Bratengeruch entgegen. Auf dem Platz zwischen den Häusern, auf welchem die Paraden abgehalten zu werden pflegten, brannten viele Feuer, über denen an starken, hölzernen Spießen mächtige Braten geröstet wurden. Dabei waren Weiber mit allerlei Gefäßen tätig, um die verschiedenen Zuspeisen zu kochen und zu backen. Natürlich war auch die hoffnungsvolle Jugend in voller Tätigkeit. Ein Genremaler hätte die interessantesten Sujets mit davonnehmen können, denn es gab die heitersten Szenen und Situationen, welche man sich denken kann.
    Am meisten Spaß machte mir ein etwa vierjähriger Bub, welcher an einem Feuer lag, über welchem mein Freund, der Virtuos der Riesensignalpfeife, ein Rinderviertel am Spieß drehte. Der Junge hatte es auf das herabtropfende Fett abgesehen. So oft ein Tropfen fiel, fing er ihn mit der Hand auf, brüllte dann vor Schmerz, weil das Fett natürlich brennend heiß war, leckte die Hand ab und hielt trotz des empfundenen Schmerzes den nächsten Tropfen doch wieder an. Um dem Kleinen einen praktischen Fingerzeig zu geben, fing ich mit dem Gewehrkolben einen Tropfen auf, leckte ihn ab und nickte dem Buben zu, sich in derselben Weise eines Gegenstandes zu bedienen. Er schüttelte den Kopf, lachte mich aus und hielt die Hand wieder hin, um wie vorher abwechselnd zu heulen und zu lecken. Das Verbrennen seiner braunen Fingerchen schien ihm ganz dasselbe Vergnügen zu machen wie das Ablecken derselben; das Heulen war einfache Zugabe zum Fett.
    Der alte Desierto saß mit Pena und dem Häuptling nebst den ältesten seiner Krieger beisammen. Unica war, während ich dem Kleinen zusah, zu ihnen gegangen, um zu berichten, was wir gesehen hatten. Als ich dann folgte, sagte der Alte: „Sie sind also wirklich der Überzeugung, daß der Sendador westwärts hinauf nach der Salinas will?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „So kann er uns gefährlich werden, da sein Weg durch das Gebiet der Chiriguanos geht, welche wir überfallen und besiegt haben.“
    „Was schadet das?“
    „Unter Umständen sehr viel. Wie nun, wenn er sie, die wir zerstreut haben, sammelt und hierher führt?“
    „Er wird sich hüten!“
    „Meinen Sie? Wir fürchten sie nicht; aber unter einem solchen Anführer könnten sie uns doch gefährlich werden, besonders da wir jetzt so viele Gefangene zu bewachen haben.“
    „Selbst wenn Ihre Vermutung richtig wäre, brauchten Sie nicht bange zu sein. Senden Sie nach anderen Toba-Dörfern, um Krieger kommen zu lassen. Senden Sie

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