35 - Sturm über Vallia
Hände hatte er in seine gelbe Schürze verwickelt.
»Ja, meine Dame, hier bin ich. Das Blut ...«
»Davon hast du bestimmt schon genug gesehen. Behalt das Geld. Die Wache soll die Sache regeln. Du hast hier einen hübschen Laden, aber ich würde an deiner Stelle vor den Gästen verheimlichen, daß solche Diebe hier verkehren.«
»Aber meine Dame ...«
»Wir gehen jetzt. Gib der Wache Bescheid. Ach, was macht überhaupt die Rechnung?«
»Nein, nein, meine Dame!« plapperte er. »Bitte schweig! Du bist im Silbernen Lotus belästigt worden. Das bekümmert mich sehr, bitte, meine Dame, auf Kosten des Hauses ...«
»Das ist unter den gegebenen Umständen rücksichtsvoll. Hier, dein Geld, Lon.«
Lon war nicht sicher, ob das Geld einen Ausgleich für die Herrlichkeit dieses Augenblicks war. Was für ein Mädchen diese Lyss doch war!
Beim Verlassen der Schänke fiel Silda auf, daß das schwarzhäutige Paar intensiv hinter ihr herstarrte; offenbar hatten die beiden die freie Vorstellung in vollen Zügen genossen. Die Dame streichelte den pelzigen Likl-likl auf ihrer Schulter, und die strahlenden Augen des Geschöpfes betrachteten mit einem weisen Ausdruck die Zerstörung auf dem Boden und den verwundeten Spinlikl. Obwohl sie physiologisch einiges gemeinsam haben, waren sie als Spezies nicht sehr verwandt. Silda mußte plötzlich daran denken, daß es auch andere Gründe für den Wunsch gab, einen Likl-likl auf der Schulter zu tragen.
Ja, es waren niedliche kleine Fellbündel, die man streicheln und an sich drücken konnte, beste Gefährten. Vom Wesen her freundlich, ließen sie sich zu Gewalt nur hinreißen, wenn eine außergewöhnliche Grausamkeit sie dazu anstachelte. Der Spinlikl hatte nicht den Versuch gemacht, die schwarze Dame in dem smaragdgrünen Kleid zu bestehlen. Ihr Likl-likl hätte das sofort gemerkt und Alarm geschlagen.
Die andere Tatsache, die Silda nicht entgangen war, betraf Lons Besitz von Silber in der Form von Sinvern, Münzen aus Pandahem. Nun ja, wie es auf Kregen heißt, Gold und Onker sind wie Öl und Wasser.
Die häßliche Seite bestand darin, daß überseeische Nationen Männer und Geld schickten, um diesen Rast Alloran bei seinen Eroberungsträumen zu unterstützen.
Draußen, auf dem Weg zum Urnhart-Boulevard, begann soeben das Feuerwerk den Himmel zu erhellen. Die Frau der Schleier versteckte sich hinter dünnen Wolken und vergoldete sie mit ihrem Licht.
Lon achtete nicht auf das Feuerwerk. O nein, nicht, wenn er neben diesem prächtigen Mädchen gehen konnte und, wie er sich fest einbildete, mit ihr im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand.
»Also, Lon«, sagte Silda auf ihre offene, freie Art und bewegte sich mit geschmeidigen, lockeren Schritten, »ein freies Abendessen ist doch bestimmt nichts Schlechtes, wie?«
»Bei Beng Debrant, nein!«
Sie wanderten weiter und genossen die angenehme Luft, während hier und dort buntes Licht am Himmel aufleuchtete. Menschen eilten vorüber.
»Fischhaken, nicht wahr?« fragte Lon.
»Fischhaken? Ach ... äh, ja genau.«
»Ich hatte mir Gurt und Geldsack vom einäugigen Garndaf geliehen und meinen eigenen daher nicht dabei, der natürlich hübsch mit Angelhaken gesichert ist. Allerdings heißt es, daß Spinlikl mit den Haken fertigwerden können, zumindest wenn sie gut ausgebildet sind.«
»Das habe ich auch schon gehört.«
»Und doch, und doch, Lyss – dem Geschöpf war die Hand beinahe ganz abgetrennt worden!«
»Es sah wohl viel schlimmer aus, als es war.«
»Ja, aber ...«
»Die Wache ist wohl aus der anderen Richtung zum Silbernen Lotus marschiert, denn wir sind ihr nicht begegnet. Ich hoffe, daß sie rechtzeitig zur Stelle war.«
»Ungehobelt, diese Brokelsh. Von Natur aus sind sie nicht sonderlich als Diebe geeignet. Kein Vergleich zum Geschickten Kando.«
»Der Geschickte Kando?« Ein Licht strahlender Freude wollte in Sildas Verstand aufflackern.
»O ja, Lyss. Kando ist der raffinierteste Jünger des Flinkfingrigen Diproo, den ich kenne. Dabei habe ich wahrlich viele davon kennengelernt, das kann ich dir sagen. Ja, als ich noch in der Armee war, da gab es sogar ...«
»Ja, ja, Lon. Aber was ist mit dem Geschickten Kando? Du kennst ihn gut? Ist er als Dieb vertrauenswürdig? Könnte ich ihn kennenlernen?«
»Warum das?« fragte Lon schockiert.
»Sei doch nicht so engstirnig, Lon! Kann ich deinen Freund, den Geschickten Kando, kennenlernen? Vielleicht habe ich etwas mit ihm zu schaffen.«
»Du wirst ihn nicht der
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