36 - Das Vermächtnis des Inka
Indianer winkte mir doch!“ entschuldigte sich der Paläontologe, indem er beide Arme und Hände mit den ausgespreizten zehn Fingern weit von sich streckte.
„Abjewinkt hat er, aber doch nicht zujewunken! Sie dachten mit den Pantomimen durch die janze Welt zu kommen, und wohin sind Sie jeraten? In den Milchreis, ja, aber in wat vor welchen! Nun kann ick Ihnen waschen und spülen und auswringen und an die Sonne hängen und mit Ohdekarnallje einspritzen, um Ihnen zur früheren Sauberkeit und zum alten menschenwürdigen Odör zu verhelfen! Wissen Sie, wat ick Ihnen vorschlagen werde?“
„Was denn, mein lieber Fritze?“ fragte der Doktor kleinlaut.
„Wir haben gleiche Anzüge und sind auch von derselbigen Jestalt. Sie werden mir Ihr Habit verehren, wofür ick Ihnen dat meinige offeriere.“
„Das geht nicht, Fritze. Das meinige ist ja naß und schmutzig, lateinisch mit udus und limosus ausgedrückt.“
„So! Und wenn der Herr naß ist, so soll der Diener trocken sind? Dat wäre mir eine schöne Dienstboten- und Jesindewirtschaft! Wat dem Herrn recht ist, dat muß dem Diener billig sein. Ick dulde da keinen Widerspruch ins akustische Kabinett. Da hinten, wo wir vorhin waren, jibt's helles, reines Wasser. Da will ick den Schlamm schon herunterbekommen. Ick habe Ihnen bisher jehorcht; nun können Sie auch mich einmal parieren.“
Er zog ihn mit sich nach der Landzunge, wo der Umtausch der Anzüge vor sich gehen sollte. Der Indianer blieb zurück und untersuchte das Krokodil. Es war tot. Fritze hätte keinen Augenblick später erscheinen dürfen, um der Retter seines Herrn zu sein.
Als er nach einiger Zeit mit ihm wiederkann, hatte er den zwar gereinigten, aber noch nassen Anzug an, während Morgenstern den trockenen trug. Dieser letztere hatte erst jetzt Zeit und Ruhe, das Krokodil genau zu betrachten; er schüttelte dem Stralauer die Hand und sagte: „Ich verdanke dir mein Leben, Fritze; das werde ich dir nicht vergessen. Hoffentlich kann ich es dir vergelten!“
„Darauf war's nicht anjefangen. Wenn ick auch 'mal in den Schlamm jerate, angeln Sie mir wieder heraus; dann sind wir quitt. Wat aber wird nun mit die großen Knochens, wegen denen Sie in die Versenkung jingen?“
„Die – die – werde ich mir natürlich ansehen müssen, selbst wenn ich sie dann für einstweilen liegenlasse.“
Dieser Zusatz und der Ton, in welchem er diese Worte sprach, ließen vermuten, daß seine Begeisterung um viele Grade gesunken sei. Die Nähe des Krokodilrachens war nicht ohne Einfluß geblieben. Fritze führte ihn nach dem betreffenden Ort, wo sich ihm allerdings ein Anblick bot, welchem seine augenblickliche Niedergeschlagenheit nicht zu widerstehen vermochte. Dennoch fragte er in ungewöhnlich ruhigem Ton: „Meinst du, daß es jetzt hier Leute gibt, welche sich heute oder morgen dieser Knochen bemächtigen könnten?“
„Nein. Hier jibt's nur Indianer, und wat wollten die mit die Knochens machen? Auch weiß der Häuptling, daß Sie solche Jerippe suchen, und wird jewiß nicht dulden, daß sich seine Leute an sie verjreifen.“
„So werde ich darauf verzichten, sie heute mitzunehmen. Auf alle Fälle aber kehre ich zurück, doch nicht allein, sondern in Begleitung mehrerer Leute, welche graben müssen und zugleich dafür sorgen können, daß ich nicht wieder von einer solchen Gefahr überrascht werde. Die halbe Stunde, welche uns erlaubt wurde, ist längst vorüber. Wir wollen weiterreiten.“
Sie kehrten mit dem Indianer zu den Pferden zurück und trieben dieselben sodann zu solcher Eile an, daß sie die Vorangerittenen nach zwei Stunden einholten. Morgenstern sprach nicht von seinem Unfall, und dem treuen Diener fiel es auch nicht ein, seinen Herrn durch die Erzählung desselben zu kränken.
Es war um die Mittagszeit, als die Bodenformation eine andere wurde. Es gab niedrige, aber lange, wellenförmige Erhebungen, welche die Ebene nach verschiedenen Richtungen durchschnitten und derselben das Ansehen gaben, als ob hier eine Unzahl kleiner Seen und Teiche gelegen hätte, nach deren Austrocknung nun die früheren Dämme als Erhöhungen zu sehen seien. Diese Dämme waren meist mit Büschen bestanden, während in den tieferliegenden einstigen Wasserbetten Gras wuchs. Hinter dieser eigenartigen Szenerie breitete sich ein endlos scheinender Streifen Waldes aus, welcher gerade an dem Punkt, auf welchen der Führer zuritt, eine Öffnung hatte. Rechts und links, so weit man zu sehen vermochte, lief dieser Wald in
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