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365 Geile Nacht Geschichten 1 Juni

365 Geile Nacht Geschichten 1 Juni

Titel: 365 Geile Nacht Geschichten 1 Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster , Sissi Kaipurgay , Nia White , Savannah Lichtenwald , Sophie R. Nikolay , France Carol
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Schock über das Verschwinden der schrulligen Dame verstummt war. Auf jeden Fall hatte er den ganzen Monat, den Erik bereits hier war, nicht ein einziges Wort mit ihm gesprochen. An jenem ersten Tag hatte Jack ihn nur mit riesigen, verstörten Augen angesehen und ihm durch hektische Gesten klar gemacht, dass er dringend Eriks Hilfe benötigte um den Garten in Schuss zu halten und dass dieser unter gar keinen Umständen die Polizei informieren dürfe.
    Der stumme Jack kochte für sie beide und erledigte alle Hausarbeiten, die anfielen. Dabei war er viele Stunden täglich außer Haus, ohne je durch die Tür herein oder hinaus zu gehen. Erik blieb nichts weiter, als einfach nur festzustellen, dass der Riese zwar nirgendwo auffindbar war, stets aber ein köstliches Mahl für ihn bereitgestellt hatte. Abends war Jack plötzlich und wie selbstverständlich wieder da, schlürfte stumm eine gehaltvolle Suppe, die er für sie beide gekocht hatte, und stierte Erik dabei erwartungsvoll an. Da dieser den ganzen Tag mit niemandem gesprochen hatte, erzählte er Jack dann von dem, was er tagsüber so getrieben hatte und berichtete von seinem Leben. Nie jedoch erfuhr er mehr über den stummen Jack, der vermutlich noch nicht einmal Jack hieß.
    Vier Wochen waren mittlerweile ins Land gezogen und Erik hatte alle Hände voll zu tun gehabt, den Garten in Schuss zu halten. Er dachte immer weniger über Nährwerte und Kalorienbilanzen nach, sondern über die Aspekte seiner verbissenen, verkrampften Art zu leben. Er aß alles, was für ihn zubereitet wurde und arbeitete unter freiem Himmel, kümmerte sich um die Pflanzen und die darin umher schwirrenden Tiere – die er als wesentlichen Teil des erfolgreichen Kreislaufs und letztendlich der Schönheit des Gartens erkannte. Die Zeit verging wie im Flug, aber keine Spur von Tante Mary, kein Wort vom stummen Jack. Irgendwann begann Erik, dem schweigenden Mann Fragen zu stellen – oder besser – ihm ein Leben anzudichten.
    „Du machst gewiss dieses oder jenes“, sagte er zu ihm. „Du denkst vermutlich dies und das“, unterstellte er dem schweigenden Mann. Dieser stierte ihm dabei unbeirrt auf die Lippen, als wäre er auch taub oder beherrschte die Sprache nicht.
    Heute Morgen, als Erik vergeblich versuchte in eine seiner alten Jeans zu passen, stellte er fest, dass er sich grundlegend verändert hatte. Die Arbeit an der frischen Luft, die gute Küche – er hatte seine magere Gestalt verloren und überall an ihm wucherten Haare, die er normalerweise abrasierte oder wachste. Die Hände hatten Schwielen und die Schultern waren breiter geworden. Die Sonne hatte mehrmals seine Haut versengt und so hatte sich diese allmählich an die Sonne gewöhnt – er war braun geworden. Erik blickte an sich herunter. Die Rippen standen nicht mehr so weit heraus wie üblich, da er Muskeln und eine leichte Fettschicht angesetzt hatte. Auch die Beine und Arme hatten an Umfang zugenommen, waren kräftig geworden.
    Er kratze mit den Fingernägeln über sein borstiges Kinn. Zumindest den Bart sollte er abrasieren.
    Der stumme Jack hatte stets ein glattes Kinn – von ihm würde er sich richtiges Rasierzeug leihen können – mit seinem
'Mädchenkram'
kam er bei diesem Wuchs nicht weit.
    Der schweigende Riese lieh ihm ein gutes Rasiermesser und gestattete Erik, sich in seiner Stube zu rasieren. Jack besaß sogar einen Spiegel. Den einzigen im gesamten Haus – wenn auch nur einen kleinen, runden, der das Antlitz arg vergrößert darstellte. Erik hatte bei der überstürzten Abreise auch seinen Taschenspiegel vergessen. Nach einigen Krisen in den ersten Tagen, die er deswegen hatte ausstehen müssen, hatte er sich inzwischen aber damit abgefunden, sein Äußeres nicht dauernd kontrollieren zu können. Hier war doch ohnehin niemand, außer dem stummen Jack – und der schien auf Äußerlichkeiten keinen Wert zu legen.
    Erik trocknete die gereizte Haut am Kinn, gab dem schweigenden Mann Tuch und Rasierzeug zurück und jammerte kläglich: „Ich muss schrecklich aussehen.“
    Jack blickte zunächst so starr und stumm, wie all die Wochen zuvor. Doch dann reagierte er, schien erstmals Eriks Worte verstanden zu haben. Seine Miene erhellte sich und er schüttelte, nur ganz leicht, den Kopf. Erik hielt erstaunt inne. Konnte der stumme Jack ihn also
doch
verstehen?
    „Hast du eben den Kopf geschüttelt?“, fragte Erik und wusste nicht, ob ihn diese Regung wütend machen oder erfreuen sollte. In diesen vier Wochen hatte

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