38 - Satan und Ischariot II
grüßt mich so, wie ihr es mir schuldig seid! Sonst bekommt ihr augenblicklich die Bastonade!“
„Das darfst du nicht wagen!“ fuhr der Beduine auf. „Wir sind freie Männer, wie ich bereits gesagt habe.“
„In der Wüste seid ihr frei; wenn ihr euch aber beim Pascha oder bei mir befindet, seid ihr Untergebene, denn ihr zahlt uns die Kopfsteuer. Und wo ich meinen Fuß hinsetze, da gelten die Gesetze des Pascha. Wer die nicht befolgt, wird bestraft. Also zwanzig Schritte zurück, und dann ordentlich gegrüßt! Fort mit euch!“
Sie sahen, daß es ihm Ernst war, und ich war auch überzeugt, daß er seine Drohung ausführen würde, falls sie ihm nicht gehorchten. Sie entfernten sich bis auf zwanzig Schritte, kamen dann wieder und grüßten, indem sie sich tief verbeugten und die rechte Hand auf die Stirn, Mund und Brust legten. Dennoch fuhr Krüger-Bei sie an:
„Wo bleibt das Sallam? Seid ihr stumm geworden?“
„Sallam aaleïkum!“ grüßte der Scheik. „Allah verlängere dein Leben und schenke dir die Freuden des Paradieses!“
„Sallam aaleïkum!“ grüßte der Scheik. „Allah verlängere dein Leben und schenke dir die Freuden des Paradieses!“ wiederholten seine dreizehn Begleiter einstimmig.
„Aaleïk es Sallam!“ antwortete Krüger-Bei kurz. „Wie kommt ihr hierher?“
„Man hat uns gezwungen“, antwortete der Scheik. „Weil wir ein Weib der Uled Ayar bestraften, mit denen wir in Blutrache leben.“
„Wer zwang euch?“
„Die drei Männer, welche an deiner Seite sitzen.“
„Und ihr seid vierzehn? Wie kannst du das sagen, ohne daß dein Angesicht errötet?“
„Wir brauchen nicht zu erröten, denn die Männer stehen mit dem Scheïtan im Bund; er hat ihnen Gewehre gemacht, gegen welche hundert Krieger nicht aufkommen können.“
„Sie halten es nicht mit dem Teufel, sondern sie fürchten Gott; aber sie sind tapfere Männer, welche schon in vielen Kämpfen gesiegt haben und weder Furcht noch Zagen kennen.“
„So kennst du sie noch nicht, uns aber haben sie gesagt, wer sie sind.“
„Nun, wer sind sie?“
„Der eine ist ein Nemsi, der andere ein Inglesi, und der dritte ein Amierikani. Sie alle drei sind Ungläubige, welche in der Hölle wohnen werden. Was haben sie in unserem Land zu suchen? Wer gibt ihnen das Recht, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen? Die Hunde haben uns – – –“
„Halt!“ gebot der Oberst ihnen in drohendem Ton. „Beleidigt sie nicht, denn sie sind meine Freunde und Gäste, und ihr beleidigt mich mit ihnen. Laßt also kein solches Wort wieder hören!“
Und in einem ganz anderen, merkwürdigen freundlichen Ton fuhr er fort:
„Ihr habt Blutrache mit den Uled Ayar? Seit wann?“
„Seit fast zwei Jahren.“
„Ich ziehe jetzt gegen sie, um sie zu bekämpfen. Sie sind also meine Feinde ebenso, wie sie die eurigen sind.“
„Wir wissen es und hoffen also, daß du und als Freunde behandeln wirst.“
„Für wen ist die Blutrache günstiger ausgefallen, für euch oder sie?“
„Für uns.“
„Wieviel Männer haben sie euch getötet?“
„Keinen.“
„Und ihr ihnen?“
„Vierzehn.“
Ich wußte, daß der plötzliche freundliche Ton des Obersten einen Grund haben müsse. Jetzt meinte er in ganz veränderter, strenger Weise:
„Das wird euch teuer zu stehen kommen! Denn ich werde euch den Uled Ayar ausliefern.“
„Das wirst du nicht!“ rief der Scheik erschrocken. „Sie sind doch deine Feinde!“
„Sie werden dadurch, daß ich euch ihnen gebe, meine Freunde werden!“
„O Allah! Sie werden Rache nehmen und uns töten! Aber du hast kein Recht, uns auszuliefern. Wir sind nicht deine Sklaven, die du nach Belieben verschenken kannst!“
„Ihr seid meine Gefangenen! Ich sage euch, der Ritt nach der Stelle, an welcher ihr das Weib eingegraben hattet, wird euch teuer zu stehen kommen!“
Der Scheik sah finster vor sich nieder: dann blickte er zu dem Obersten auf, sah diesem scharf und forschend in das Gesicht und fragte:
„Ist es dein Ernst, uns auszuliefern?“
„Ich beteure es bei meinem Namen und bei meinem Barte!“
Da ging ein Zug grimmigen Hasses über das Gesicht des Mannes, und in höhnischem Ton fuhr er fort:
„Du meinst wohl, daß sie uns töten werden?“
„Ja.“
„Du irrst, bei meiner Seele, du irrst! Sie werden uns nicht töten, sondern die Diyeh (Blutpreis) von uns nehmen. Einige Pferde, Kamele und Schafe werden ihnen lieber sein als unser Blut. Dann sind wir wieder frei und werden an dich
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