39 - Meuchelmörder von Scorpio
verbundenen Entfernung mußte irgendwo etwas im Gange sein, das die Schwierigkeiten der Verständigung erklärte.
Das flache Dach füllte sich plötzlich mit einer Gruppe von Leuten mit geröteten Gesichtern und lachenden Augen, die alle eifrig mit Tüchern und Federn winkten. Sie sangen und tanzten auf ihrem Weg über die Dächer und zogen dabei andere Leute mit, bis sich die Prozession auf den Hauptstraßen in Gruppen auflöste. Nun, das war nicht das gewöhnliche Verhalten jener, die versuchten, ins Gilium zu kommen. Die Atmosphäre des allgemeinen Vergnügens und der Besuch Deb-Lus versetzen mich in bessere Laune. Ich würde bald Delia wiedersehen. Ich wußte, und das mit einem plötzlichen düsteren Schauder, daß Deb-Lu recht hatte. In der Zukunft lagen große Möglichkeiten – Möglichkeiten und Gefahren, bei Vox!
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»Du hast dich geschickt aus allen Schwierigkeiten herausgehalten, Schwachkopf. Nun, ich will dir was sagen. Wir haben eine Krise zu bewältigen.«
»Und das soll neu sein?«
»Ach, du!«
Als der Tod der Königin in Orphasmot allgemein bekannt wurde, kam es, wie vorausgesagt, zu einem Massenexodus. Mein einfacher Plan hatte funktioniert, und ich hatte mich Rodders und Kirsty angeschlossen. Jetzt wollte ich es bei San Chandro riskieren, aber ich ging zuerst zur Mishuro-Villa, um Mevancy zu finden. Sie war wohlauf. Sie verlor keine Zeit, um mich auf den neuesten Stand der dramatischen Ereignisse zu bringen, die sich während meiner Abwesenheit in Makilorn abgespielt hatten.
Irgendwie war es Lunky gelungen, seinen Seher-Kollegen Yoshi dazu zu überreden, sein Verbündeter zu werden. Vielleicht hatte eine gefühlsmäßige Auseinandersetzung Yoshi dazu gebracht, sich mit Vasama zu überwerfen. Was dem für eine Bedeutung zukam, erwies sich, als nicht nur ein, sondern zwei Neugeborene entdeckt wurden, die den Anspruch erhoben, den Geist der Königin zu beherbergen.
Vasama, die laut Mevancy ›wie Pudding zitterte‹, hatte behauptet, das Baby des ehrwürdigen Lords Pling-Fe-Hwang sei dazu auserwählt worden, den Geist der wiedergeborenen Königin zu empfangen. Sie hatte stolz den Säugling aus Hwangs Villa gebracht, um ihn der Menge zu präsentierten.
Zur gleichen Zeit hatte Lunky auf der anderen Flußseite den Geist der Königin im Kind von Tsun und Hosifi Shiang aufgespürt. Sie waren Töpfer, und die Wiege ihrer Kleinen bestand aus der Hälfte eines zerbrochenen Topfes. Lunky holte das Neugeborene aus dem Tonöfenviertel und brachte es über den Fluß zum königlichen Palast, um dann der erzürnten Vasama gegenüberzustehen, die auf ihrem Fund bestand.
Zwei Faktoren bestimmten den Ausgang.
Erstens hatte sich Yoshi mit Vasama zerstritten und war aus Gehässigkeit dazu bereit, sich auf Lunkys Seite zu schlagen, was jedoch für das Kollegium der geringere Grund zu sein schien.
Wichtig war ganz einfach, daß man Lunky bereits als Seher von großer Macht anerkannt hatte. Wie gewöhnlich gärten im Hintergrund politische Machenschaften, bei Krun! Am Ende wurde entschieden, daß Lunkys Wahl, das Shiang-Kind, den Geist der Königin in sich barg.
»Vermutlich wünschten die Everoinye deshalb, daß wir Lunky retten sollen, Schwachkopf.«
»So scheint es.«
»Alles wäre so gelaufen, wie die Everoinye es gewünscht haben, aber ...«
»Was?«
»Erinnerst du dich, daß ich dir von Kaopan erzählt habe?«
»O nein.« Es versetzte mir einen Stich – wegen des Kindes, wegen der Königin und wegen Lunky.
»Ja. Jemand hat das Kind gemäß den Riten von Kaopan töten lassen.« Sie schüttelte den Kopf. »Die Königin ist nun wirklich tot. Sie wird nicht in einem neuen Körper nach Tsungfaril zurückkehren. Sie wird nicht ruhmreich in den Gilium einfahren. Sie wird in die Todesdschungel von Sichaz niederfahren.«
Ich schwieg. Ich vermochte wirklich nicht zu sagen, ob ich dem ganzen Hokuspokus um die Verfluchten, die Paol-ur-bliem, glaubte, die zur Strafe Leben um Leben nach Kregen zurückkehrten. Bei Opaz, dem Ewig Verschleierten, es gibt auf Kregen genügend seltsame und wunderbare Dinge, daß es für viele Lebensspannen ausreicht! Die ganze Geschichte, der religiöse Glaube, die Reinkarnationen, all das konnte der Wahrheit entsprechen.
»Dieser verdammte Haufen, der von Shang-Li-Po angeführt wird«, sagte ich. Ich hörte meine eigene Stimme. Ich hörte das Knurren. Knurren! Wäre ich ein unabhängiger Agent gewesen und hätte die von San Chandro aufgestellten Einschränkungen
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