4 Meister-Psychos
ich
doch irgend etwas für Sie tun.«
Er sah sie einen Augenblick
lang an, dann lachte er mit einem grimmigen Unterton, der sie wütend machte.
Ihre Augen sprühten.
»Hören Sie, wenn Sie mich
auslachen wollen...«
Er schüttelte den Kopf und
unterdrückte das Lachen mühsam.
»Nein — verzeihen Sie — , mir
fiel nur eben ein, was Sie für mich tun könnten — und das war so komisch — so
blödsinnig.«
»Was kann ich tun? Sagen Sie es
mir!«
»Nein, nein — schon erledigt —
war nicht weiter wichtig.«
Sie packte ihn am Arm, und er
bemerkte mit Erstaunen, wie kräftig sie zupacken konnte. »Ich will es jetzt
wissen, hören Sie? Sonst nehmen Sie Ihr vierbeiniges Geschenk und verschwinden.
Denken Sie denn, ich bin ein kleines Kind?«
Natürlich, wollte er sagen,
aber er unterließ es lieber.
»Los, antworten Sie! Was war
es?«
Wunderbar ist sie, dachte
Peter. Wirklich zu blöd...
Er machte sich behutsam los.
»Ich dachte, Julia«, sagte er leise, »daß Sie mir jedes Jahr, wenn dieser Tag
wiederkommt, ein paar Blumen aufs Grab legen könnten. Aber Sie können es
natürlich auch öfter tun.«
II
Sie trat zwei Schritte zurück
und betrachtete ihn prüfend unter gesenkten Wimpern. Dann nahm sie eine
Zigarette, zündete sie an, warf das Streichholz mit einer lässigen Bewegung in
den Aschenbecher und wandte sich zum Fenster. »Sie sind mir interessant genug,
Herr Doktor. Sie brauchen sich nicht noch interessanter zu machen. Ich dachte,
aus dem Alter wären Sie raus. Und schlechte Witze kann ich nicht leiden.«
Als er nicht antwortete, wandte
sie sich um. Er saß im Sessel, die Ellbogen auf die Knie gestützt und starrte
auf den Teppich. Jetzt sah er aus wie ein kleiner Junge, der bei einer Unart
ertappt worden ist. Seine Selbstsicherheit war von ihm abgefallen, und sie
fand, daß die leichte Unsicherheit besser zu ihm paßte.
»Ich hätte es nicht sagen
sollen. Jetzt halten Sie mich für einen Idioten. Aber Sie können hundert zu
eins wetten, daß ich mir in einigen Tagen die Kartoffeln von unten ansehe —
oder was sonst für Zeug dort wächst.«
Sie tat einen tiefen Zug. »Und
aus welchen Gründen haben Sie es so eilig?« fragte sie in sachlichem Ton.
Er seufzte. »Sie hätten
Staatsanwalt werden sollen. Aber warum soll ich es nicht wenigstens einem
Menschen erzählen. Sie haben ja doch den dickeren Kopf. Haben Sie einen
Kognak?«
Sie trat an die fahrbare
Hausbar, schenkte zwei bauchige Gläser halb voll und setzte sich.
Er nahm einen großen Schluck
und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Das reine Gotteswort.« Sie
antwortete nicht. Der Hund sah mit klugen, glänzenden Augen auf die beiden
Menschen, den Kopf zwischen den Pfoten. Marohn trank sein Glas leer.
»In vino veritas«, sagte er,
»im Schnaps ist auch was. Ich bin nicht verheiratet, und ich war es auch noch
nicht, Julia, Ich glaube, ich bin nicht gerade ein Schürzenjäger, aber ich bin
den Gelegenheiten auch nicht aus dem Weg gegangen. Es waren im allgemeinen
Mädchen, die mich mehr liebten, als ich sie, nachdem ich die üblichen Sprüche
lange genug hergebetet hatte, und deswegen schonte ich meine Seele weitgehend.
Aber 1942 geriet ich an eine Frau, die mich durchschüttelte wie der Samum eine
Karawane, und ich kam erst wieder zu mir, als ich grenzenlos in sie verliebt
war. Ich studierte damals in Leipzig, und sie langweilte sich in ihrer großen
Wohnung, wie so viele. Sie war achtundzwanzig, ich zwanzig ohne acht, ich
lernte sie auf einem Medizinerball kennen, und sie zeigte mir manches, von dem
ich noch keine Ahnung hatte. Ihr Mann war im Osten — als Stabsarzt und Chirurg
in einem Feldlazarett. Er schrieb ihr fast jeden Tag, er liebte sie noch mehr
als ich, wenn das überhaupt möglich war. Sie machte mit uns beiden, was sie
wollte, aber ich hatte stets das Gefühl, daß er ihr nicht traute. Ich schämte
mich meiner Schwäche und des Betrugs, aber ich kam nicht los von ihr. Es muß
ihr einen Heidenspaß bereitet haben, uns beide zu beherrschen und zu
vergleichen.
Er hätte vielleicht nie etwas
erfahren. Ich wurde nach Frankreich kommandiert, und sie gab mir zum Abschied
eine Pistole mit — er sammelte Waffen und hatte schon ein ganzes Arsenal davon
herumliegen. Sie meinte, er würde es nicht merken.
Aber er ahnte etwas seit dem
Zeitpunkt, da er mich kennengelernt hatte, als er einmal auf Urlaub gekommen
war und sie mich ihm vorstellte — gegen meinen Willen. Aber es muß ihr ein
unsinniges Vergnügen
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