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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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geschickt, und er erflehte vom Himmel einen Abend ohne Einsatz. Sie spielte!
Seinetwegen brauchten die anderen gar nicht aufzutreten, sie genügte ihm
vollkommen.
    Er gab seinen Mantel ab,
handelte selbstverständlich ein Opernglas ein, und im Foyer umfing ihn die
Atmosphäre, die er neuerdings so liebte, der zarte Geruch nach Parfüm und
Weihrauch, die gepflegten Menschen und die schillernden Spiegel. Er warf in
jeden von ihnen einen Blick, er war mit sich zufrieden. Was der Kommissar nur
hatte! Nichts als blanker Neid.
    Er kaufte sich noch ein
Programm und trat dann durch eine Flügeltür an der linken Seite in den
Parkettraum.
    »Die Mitschuldigen« von Goethe.
    »Sophie« — Dora Wellein.
    Er konnte es kaum erwarten, und
als der dumpfe Gong ertönte und der Vorhang sich hob, hatte er schon das Glas
an den Augen. Entzückend war sie wieder! Und wie ihr das altmodische Kleid
stand! Na ja, sie konnte eben alles tragen. Sie sprach und lief auf der Bühne
herum, und einmal, als sie vorn an der Rampe stand, warf sie ihm einen hellen,
schnellen Blick zu und nickte kaum merkbar, und ein beseligender Feuerstrom
schoß durch sein Blut. Was sie bloß an ihm fand? Versteh’ einer die Frauen...
    Am Ende des Aktes, bevor der
Vorhang fiel, stand sie allein, die anderen waren abgetreten, und Steinmann
lauschte ihrer Stimme und klatschte wie ein Wahnsinniger, als der Vorhang sich
senkte.
    Der zweite Akt begann, und nun
erschien Herr Alcest, der hatte bis jetzt gefehlt. Steinmann sah wieder nur
seine geliebte Dora, er schenkte dem Mann mit den komischen Kniehosen nur einen
flüchtigen Blick.
    »Verzeihen Sie, Madam, wenn ich
Ihnen beschwerlich falle...« begann er. Steinmann lauschte — jetzt sprach Dora
— jetzt Alcest — jetzt Dora — jetzt Alcest — sie — wieder er — und langsam
richtete sich Steinmann kerzengerade in seinem Sessel auf.
    Die Stimme! Voll, warm,
vibrierend! Es war, als brauche der Mann sich gar nicht anzustrengen, er sprach
leicht und mühelos, aber seine Stimme füllte das Theater und schlug die Zuhörer
in ihren Bann. Warrenders Stimme! Die Stimme vom Telefon! Und hier im Theater
hatte er sie zum erstenmal gehört, wie ein Blitz durchzuckte ihn die
Erkenntnis.
    Er fühlte, wie seine
Handflächen feucht wurden.

VII
     
     
    Mit Anstrengung zwang er sich
zu ruhigem Überlegen. So schön das Mädchen war, aber das hier war Jagd und
Dienst — Einsatz sozusagen. Er ließ das Glas sinken und sah ins Programm.
    Alcest — Jens Fehling. Nie
gehört. Aber im letzten Stück war er auch dabeigewesen, ja, jetzt erinnerte er
sich, den Vater des Majors, den Präsidenten, hatte er gespielt.
    »Verzeih mir, Dora«, sagte
Steinmann zu sich selbst und richtete das Glas auf Alcest, der Sophie gerade in
glühenden Versen seine Verehrung klarmachte. Mittelgroß, scharfgeschnittenes,
dunkles Gesicht, wohl schon älter, aber noch gut in Schuß. Jeden Zug dieses
Gesichtes prägte Steinmann sich ein, diesmal wollte er die Spur nicht wieder
verlieren, mit oder ohne Schminke, diesmal fand er Herrn Warrender wieder, und
wenn er sich sonstwohin verkrümelte.
    Das Spiel ging weiter, und von
Szene zu Szene wurde Steinmann seiner Sache sicherer. Das war er, kein Zweifel.
Wenn er leiser sprach, glich seine Stimme der am Telefon aufs Haar.
    Steinmann freute sich. Wie gut,
daß er ins Theater gegangen war. Der Kommissar würde Augen machen! Jetzt konnte
ihm der Kerl nicht mehr aus den Fängen!
    Da, jetzt war Schluß!
    »So! Diesmal blieben wir wohl
alle ungehangen!« kamen die Worte von der Bühne herab.
    Du nicht, Herr Alcest, dachte
Steinmann ergrimmt und drängte sich, heftig klatschend, durch die Reihe. Er gab
das Opernglas zurück und legte noch eine Mark dazu.
    »Zu den Garderoben! Seien Sie
so gut!«
    Die Schließerin runzelte die
Stirn.
    »Ich weiß, was Sie sagen
wollen. Sagen Sie es nicht. Lassen Sie mich rein.«
    »Junger Mann«, sagte sie
mißbilligend, »es ist nicht üblich...«
    »Ausnahmen bestätigen die Regel!«
und er legte noch eine Mark zu. »Ich bin die Ausnahme. Außerdem kenne ich
Fräulein Wellein schon.« Er sah sie bittend an, und sie schmolz hörbar.
    »Los, hier hinein. Machen Sie
bloß keinen Lärm!«
    Er versprach es und flitzte den
Gang entlang. Da, das war ihre Garderobe, unverschlossen, welches Glück. Er riß
einen Zettel aus seinem Notizbuch.
    »Liebes Fräulein Wellein — «
Quatsch, und er strich es durch. »Schönste Sophie — ich möchte Herr Söller
sein! Ich verspreche, mich besser

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