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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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zu suchen — vorausgesetzt, daß nicht beide dieselbe
Person sind. Aber solange wir die nicht haben, bleiben Sie unser bestes Pferd
im Stall.«
    »Es freut mich wirklich für
Sie«, sagte Peter sarkastisch. »Der Falsche im Gefängnis ist besser als gar
keiner. Aber den Heiligen Abend möchte ich eigentlich nicht hier verbringen.«
    »Ich kann’s Ihnen nachfühlen.
Wenn ich Sie jetzt auch noch laufenlasse, wird die Staatsanwaltschaft ziemlich
böse. Und pensionsberechtigt bin ich noch nicht.«
    »Ich kann Ihnen leider auch
keine Rente aussetzen«, erwiderte Peter. »Also muß ich schon drinbleiben und
das Beste erhoffen. Es tröstete mich schon, zu wissen, daß noch andere
aussichtsreiche Bewerber vorhanden sind.«
    Sie lächelten beide. »Wir
finden schon den geeignetsten«, sagte Nogees. »Wiedersehen«.
    Er sah dem Häftling nach und
spielte mit dem Brieföffner, wie immer, wenn er an etwas dachte. Wirklich ein sympathischer
Bursche. Er merkte ganz gut, daß es ihm im Augenblick mehr darum ging, Marohns
Unschuld zu beweisen, als den wahren Täter ans Licht zu ziehen. Aber beides
hing untrennbar zusammen.
    Sie suchten weiter. Von
nirgendwoher kam eine Meldung über Warrender. Steinmann strich ausgiebig in der
Stadt umher, musterte mit Argusaugen die Schuhe der Vorübergehenden. Nichts,
keine Spur von gelben Schuhen. Mehrfach traf er Julia mit ihrem Hund, sprach
mit ihr und tröstete sie. Aber auch sie wußte nichts Neues, und er konnte ihr
nichts berichten. Es war wirklich zum Verzweifeln.
     
     
    Als Ilse Randolph acht Tage
später zurückkam, fand sie unter der eingelaufenen Post ein großes, weißes
Kuvert, auf dem ihre Adresse mit klaren, energischen Schriftzügen geschrieben
stand. Sie kannte die Handschrift nicht.
     
    »Sehr verehrte gnädige Frau,
als alter Patient Ihres Gatten erlaube ich mir, Ihnen aus Anlaß seines
tragischen Todes mein tiefempfundenes Mitgefühl auszusprechen.
    Ihr Stefan Warrender.«
     
    Nichts weiter, kein Absender.
Das also war der Warrender, nach dem der Kommissar suchte. Nun gut, mochte er.
Sie war nicht der Meinung, daß er viel mit Kurts Tod zu tun hatte. Irgendein
Patient, der ihr sein Beileid aussprach — das war nett von ihm und brauchte
nichts auf sich zu haben. Sie überlegte, ob sie den Brief vernichten oder
totschweigen sollte, beantworten konnte sie ihn ja doch nicht. Aber es schien
ihr zuletzt doch besser, Nogees in Kenntnis zu setzen. Sie zeigte ihm mit ein
paar kurzen Zeilen ihre Rückkehr an und legte Umschlag und Brief dazu.
    Nogees erhielt beides am
nächsten Tage. Er las den Brief, Steinmann las ihn und beide sahen sich an.
    »Herr Warrender spricht sein
Beileid aus. Haben Sie schon einmal gehört, daß ein Mörder der Witwe des
Ermordeten sein Beileid ausspricht?«
    »Nein«, sagte Steinmann, »aber
es ist eine aparte Idee.«
    »Mir wäre lieber, Sie könnten
sich erinnern, wem seine Stimme am Telefon gehörte, als daß Sie dumme Witze
machten!« Nogees war gereizt.
    »Wir haben keinerlei Beweise,
daß Warrender der Täter ist«, sagte Steinmann ungerührt. »Aber ich habe das
Gefühl, ich begegne ihm noch einmal, und dann werde ich ihn fragen.«
    »Ich habe das Gefühl, daß ich
mit Ihnen einen großen Mißgriff getan habe«, gab der Kommissar zurück. »Dieser
Bursche macht sich über uns lustig, und wir sind machtlos. Warum, zum Teufel,
haben Sie das gute Hemd schon wieder an?«
    »Ich gehe heute abend ins
Theater. Ich finde, man sollte viel mehr für seine Bildung tun. Man kennt seine
Klassiker viel zuwenig. Ich würde Ihnen wirklich empfehlen...«
    »Ihre Klassiker kenne ich«,
sagte der Kommissar voller Hohn. »Sie tragen die Schulter frei und benutzten
Lippenstifte. Solche Leute wie Sie sollte man gar nicht reinlassen. Ich sehe direkt
vor mir, wie Sie unter der Gewalt des dichterischen Wortes erschauern werden.
Verschwinden Sie, und vergessen Sie nicht, der Logenschließerin das Opernglas
zurückzugeben!«
    Steinmann verbeugte sich artig
an der Tür und schritt hinaus. Er wußte, trotz seiner giftigen Reden war Nogees
der beste Vorgesetzte, den er sich wünschen konnte. Mit ihm konnte man
wenigstens wie mit einem Menschen reden, ohne daß er ununterbrochen auf
Paragraphen und Bestimmungen hinwies. Wenn der Direktor sie beide manchmal hören
könnte — o Heimatland.
    Steinmann verließ das Gebäude,
sprang die Stufen der Haupttreppe hinunter und ging mit schnellen Schritten die
Straße entlang. Er freute sich mächtig. Wieder hatte sie ihm eine

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