4 Meister-Psychos
gestohlen haben.«
Horvath schüttelte den Kopf.
»Nein, Herr Kommissar. Ich mache gern mal eine kleine Sache — aber Mord — nein.
Und ich war schon um sieben Uhr in Harlaching — der...«
»Wer?« fragte Nogees scharf.
»Der Aichinger — der die Reifen
brauchte — er war mit dort — er kann es bestätigen.«
Die Tür öffnete sich, und
Prendl trat ein. Dick, mit kleinen Schweinsaugen und einer ungeheuren Zigarre.
»Tag, Prendl. Ich habe hier
einen Herrn für Sie, der über die Autoreifen Bescheid weiß.«
»Was Sie nicht sagen«, rief
Prendl dröhnend. »Kennen wir uns nicht, Leopold?«
»Ja«, sagte Leopold betrübt.
»Ja, leider. Und ich glaubte
Sie auf dem Wege der Besserung. Wie kommt er denn zu ihnen, Nogees?«
Nogees erklärte ihm kurz den
Sachverhalt. »Es wäre ja möglich«, schloß er, »daß unser Freund den Diebstahl
im Interesse des Alibis dem Mord vorzieht.«
»Das werden wir bald
heraushaben«, sagte Kommissar Prendl. »Den wackeren Aichinger kenne ich auch, der
entgeht uns nicht. Aber ehrlich gesagt halte ich Leopold nicht für fähig, einen
Mord zu begehen. Das schafft er nicht.«
Horvath warf ihm einen
dankbaren Blick zu. »Das ist nett von Ihnen, Herr Kommissar. Ich habe es auch
nicht getan. Gestern abend glaubte ich, die Polizei käme wegen der Reifen.
Deswegen versuchte ich auszureißen. Ich nahm an, er wäre allein gekommen. Aber
im Treppenhaus stand noch einer.«
»Ich kann Ihren Schmerz
nachfühlen«, sprach Nogees. »Aber wir hätten Sie sowieso erwischt. Und wie war
das jetzt mit den Schuhen?«
»Wie ich Ihnen sagte, Herr
Kommissar. Am Abend nach unserer — äh...«
»Geschäftsreise«, ergänzte
Prendl verständnisvoll.
»Ja — am Abend danach fand ich
die Sandalen — sie schienen mir noch ganz gut, ich wollte sie verkaufen, aber
als ich merkte, daß sie mir paßten, habe ich sie dann behalten.«
»Und wo war das?«
»In Schwabing irgendwo. Ich
kann Ihnen die Gegend zeigen.« Prendl musterte die Füße seines Kandidaten, dann
sah er Nogees an. »Seltene Galoschen, was? Sehen bald aus wie Mokassins eines
kriegslüsternen Häuptlings.«
Nogees nickte. »Deswegen
erkannten wir sie auch wieder und verfolgten errötend ihren Spuren. Sie führten
uns zu Herrn Leopold. Und er säße ungeheuer in der Klemme, wenn er nicht doch
lieber bei seinen Leisten geblieben und eingebrochen wäre.«
Er hob die Stimme. »Wenn seine
Geschichte stimmt, hat er Glück im Unglück — wenn nicht, dann wehe ihm!«
Trotz dieser Wendung überlief
Herrn Horvath beim Ton der Stimme ein leichter Schauder. Er warf Prendl einen
flehenden Blick zu. Der betrachtete ihn interessiert.
»Wäre wirklich unklug von
Ihnen, Leopold, auf Ihre alten Tage noch das Ressort zu wechseln«, sagte er mit
teilnahmsloser Härte. »Wo Sie doch schon solche Erfolge zu verzeichnen haben.«
Er wandte sich an Nogees. »Heben
Sie ihn für mich auf, Herr Kollege. Ich werde mal nachsehen, ob Herr Aichinger
ein paar preiswerte Reifen für mich hat.«
Er schüttelte ihm die Hand,
warf noch einen Blick auf den zusammengesunkenen Horvath und verließ das
Zimmer. Der durchdringende Duft seiner Zigarre hielt sich noch lange.
Kommissar Prendl liebte die
Bewegung als Mittel zur Verringerung seines Gewichtes, dessen Kilogrammzahl ihm
schwere Sorgen bereitete. Bewegung war immerhin noch leichter durchzuführen als
die Einschränkung des Bierverbrauches, wovon er nur häßliche
Entziehungserscheinungen befürchtete. So hatte er sich zum Vorsatz gemacht,
auch dienstliche Wege nur zu Fuß beziehungsweise mit öffentlichen
Verkehrsmitteln hinter sich zu bringen.
Er ging nun, obwohl die Hitze
ihm zu schaffen machte, durchaus nicht gemächlich in Richtung der Behausung des
Herrn Ignaz Aichinger, mit dem ihn langjährige Partnerschaft, wie er es nannte,
verband.
Herrn Aichinger, der mit
geübter Hand gerade ein paar Reifen vulkanisierte, die er als »fast neuwertig«
abzustoßen gedachte, wären wohl Bedenken bezüglich des friedlichen Ausganges
dieses Tages gekommen, wenn er geahnt hätte, in wessen Person ihm das
Verhängnis schwitzend nahte.
Prendl trat mit fröhlicher
Miene durch das baufällige Tor, über dem die Inschrift »Ignaz Aichinger,
Autoreifen« etwas unklar von der Tätigkeit des Besitzers Kunde gab. Er
verfolgte erst eine Weile interessiert die emsige Geschäftigkeit des Meisters,
ehe er sich räusperte. Achinger blinzelte ihn an, man konnte nicht erkennen, ob
sein schweißnasses, faltiges Gesicht
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