Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
Vom Netzwerk:
einer Minute zur anderen. Was
sprach dagegen?
    Sie wollte mich heiraten. Sagte
sie. Sie haßte die Calhoun, wie nur eine Frau die andere hassen kann, noch
dazu, wenn es um viel Geld geht. Und sie hatte Furcht, nach Mara und Ronald die
nächste zu sein.
    Alles gut und schön. Woher
wußte ich eigentlich, ob sie genauso ein Schurke sein konnte wie ich?
    Die Glocke des Telefons war wie
eine Begnadigung vor dem Galgen.
    Viertel vor sechs. Ich zwang
mich, den Hörer bedächtig hochzunehmen.
    »Knightsbridge 8804.«
    »Paul?«
    »Paul.«
    »Ich bin raus. Telefonzelle.«
    »Ja.«
    »Geh in den Pub. Besser, wir
sind nicht zu Hause.«
    »Aha. Darjeeling oder Haig?«
    »Haig«, sagte Tessa.
    Sachte legte ich auf.
    Ich warf die leere Flasche in
den Mülleimer. Das Glas wusch ich aus. Alles mußte in Ordnung sein. Das Fenster
ließ ich einen Spalt breit offen.
    Unten ging ich langsam
vorwärts, umgeben vom Berufsverkehr. Unsere Stammkneipe war alt und hübsch.
    Tessa kam zwei Minuten nach
sechs. Das Cocktailkleid hatte ein paar Knitterfalten. Das Make-up hatte nicht
gelitten. Entweder aufgefrischt oder sie hatte sich nicht im mindesten erregt
bei der Arbeit.
    Ich gab ihr einen Kuß auf die
Schläfe. Sie trank den Gin in einem Zug. Dann rauchte sie und schwieg. Ich fing
behutsam an, ihr meine Erlebnisse zu schildern. Die Furcht wegen des Tees. Der
Anruf bei Lesley. Der Anruf bei Richardson, der die Ehre hatte, mir einen guten
Tag zu wünschen.
    »Der Tee war schon fertig, als
ich kam«, sagte Tessa. »Ich trank ihn und sprach mit meinem Vater. Ich
pflichtete ihm bei, daß es so nicht weiterginge. Ich sah ein, daß du nichts
taugst. Zwischendurch fand ich heraus, daß mir nur noch der Whisky blieb.«
    »Lobet den Herrn«, sagte ich.
    »Wenn ich vernünftig werden
würde, meinte Papa, wäre alles in Ordnung. Ron wäre im Suff erstickt, seine
eigene Schuld. Den, der Mara umgebracht hat, würde man finden. ›Ich glaube, du
hast recht, Pa‹, sagte ich. Die Calhoun hat das Maul nicht aufgemacht, war auch
gut so, sonst hätte ich mich vielleicht nicht beherrschen können. Hat immer nur
dämlich gelächelt. ›Jetzt brauche ich aber einen Drink‹, sagte ich. ›Mach uns
einem, sagte er. Ich hatte Zeit im Nebenzimmer an der Bar. Keiner kümmerte sich
um mich.«
    »Wieviel hast du genommen?«
    »Vier Blättchen für ihn. Ich
hatte Angst, es wirkt sonst zu schnell.«
    »Nichts für sie?«
    »Nein. Wie wir’s besprochen
haben. Ich hab’ die Blättchen gleich reingeworfen und erst mal einen Schuß Haig
daraufgegossen. Umgerührt. Umständlich Eis auseinandergebrockt und mit der
Wasserkanne und dem Löffel geklappert. Sie unterhielten sich und merkten
nichts.«
    »Wie lange waren die Blättchen
darin?«
    »Neun Minuten. Ich hab’ auf die
Uhr gesehen. Als es nicht mehr in die Länge zu ziehen war, habe ich die Dinger
noch mit einem Grogstäbchen gequetscht und umgerührt. Dann rausgefischt und
ausgewrungen wie Babywindeln?«
    »Wie kommst du gerade auf
Babywindeln?«
    »Nur so. Papas Glas war nur
Whisky und Eis und das Zeug. Liebevoll vor ihn hingestellt. Und dann tranken
wir. Ich trank aus.«
    »Er?«
    »In drei Portionen. Sie in
zweien. Und dann war es Zeit zu gehen.«
    »Das war es wohl.«
    Ich holte eine neue Runde für
uns beide. Tessa rauchte, als ich mit den Gläsern wieder herauskam. Wir
blickten in den Abendhimmel. Halb sieben.
    »Man kann nicht sagen, was
passieren wird, Tessa. Aber lange wird es nicht mehr dauern, und er kommt sich
saukomisch vor. Du warst prima.«
    Sie gab mir einen gezielten und
lang dauernden Kuß. Es fiel nicht weiter auf. Ein paar andere Leute küßten sich
auch. Die Männer waren nur jünger als ich. »Ich möchte mich besaufen, Paul.«
    »Kannst du haben. So viel Geld
habe ich mit. Du hast einen Rausch verdient. Der mit Alkohol ist mir
sympathischer als der mit LSD.«
    Die Straße lag da wie eine der
verdämmernden Gassen auf einem Utrillo-Bild. Es wurde kühl. Wir wanderten ab in
die Bar.
    Als die Glocke losgellte wie in
einem Schiffsrumpf, waren Tessa und ich so stockbetrunken wie der Milchmann.
    »Last Orders, please«, riefen
heisere Stimmen hinter der Theke. Ich schnappte noch eine Runde für uns. Wir
tranken aus und schlingerten heimwärts. Ich preßte viele Zitronen aus, denn der
Brand würde kommen in der Nacht und böse Träume hervorrufen. Im Bett wärmten
wir uns aneinander.
    Ich muß schnell weggewesen
sein. Ich träumte von der Schule.
    Die Glocke nach der großen
Pause ließ das Gebäude

Weitere Kostenlose Bücher