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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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drin etwas regte.
Aussichtslos. Der Lärm um mich herum verschluckte alles.
    Ich klopfte kurz an und trat
ein.
    Peters lag in seinem
Schreibtischstuhl. Er war bleich und unausgeschlafen. Sein Lächeln strengte ihn
mehr an als sonst.
    »Na — guten Morgen. Was gibt es
denn?«
    Ich sah mit einem kurzen Blick,
daß der Monitor neben dem Waschbecken ausgeschaltet war. Allerdings war auch
keine Kaffeetasse zu sehen.
    »Guten Morgen«, sagte ich. »Ich
wollte Ihnen den ersten Anstieg zeigen. Sieht nicht aus, als ob es was für uns
wäre. Ganz normal.«
    Ich legte das Blatt vor ihn
hin.
    Wenn die Anfangsmessung normal
war, kam bei den folgenden meist auch nichts heraus. Aber Peters schenkte mir
selten etwas. Auch diesmal nicht.
    »Ja, nun«, sagte er in seiner
gedehnten Art, die ich so haßte. »Ganz normal ist das aber doch nicht...«
    Es war keine Spur von einer
krankhaften Abweichung daran.
    »Da würde ich aber doch dafür
sein, daß wir weitermachen — der 48-Stunden-Wert ist immer wichtig — , und auch
normale Befunde können wir später auswerten.«
    »Natürlich«, sagte ich. »Ich
würde gern noch mit der anderen kommen. Sind Sie nachher noch da?«
    Er nickte müde. Er würde bald
Kaffee brauchen. Ich nahm das Blatt und ging.
    Der Fahrstuhl war unterwegs.
Ich lief die Treppe hinunter. Im Labor trug ich die Meßwerte der zweiten
Patientin ein. Es dauerte fünf Minuten. Ich ließ noch fünf vergehen.
    Dann ging ich hinaus. Ich
öffnete den Wandschrank, zog die Bleiröhre aus meiner Aktenmappe und schob sie
in die Hosentasche. Das Strontium strahlte, aber das war nicht zu ändern.
    Vor Peters’ Tür wartete ich,
wie vorher.
    Der Zähler, dachte ich.
Hoffentlich hat er den Zähler nicht eingeschaltet.

X
     
     
    Peters’ Stimme drang durch das
Holz. Ich öffnete langsam die Tür. Mein Herz schlug schnell und hart.
    Zwei Dinge sah ich, bevor ich
über die Schwelle trat. Die rote Kontrollampe am Zählwerk brannte nicht. Die
Kaffeetasse stand vor ihm auf dem Schreibtisch. Während ich unten war, hatte er
sich eingeschenkt. Seine Hand bewegte langsam den Löffel.
    Ich legte die Kurve vor ihn
hin. Mein Blick ging über den Schreibtisch. Es gab noch andere Zählgeräte. Da
war der FH 40, ein kleines Rohr, transportabel und handlich, das die
Strahlenmenge direkt in Röntgeneinheiten anzeigte. Peters spielte immer mit
irgend etwas herum. Wenn so ein Ding in der Nähe war, konnte es gefährlich
werden. Aber ich sah nichts. Peters studierte die Kurve. Der Geruch des Kaffees
zog durch den Raum.
    Jetzt müßte ihn jemand abrufen,
dachte ich. Nur eine Minute. Eine einzige Minute würde genügen.
    Ich spürte das Gewicht der
Bleikapsel in meiner Tasche.
    Eine Minute.
    Peters musterte das Blatt und
rührte in der Tasse. Er nahm sich Zeit. Außerdem schien er nicht bei der Sache.
Ob er an Vera dachte?
    »Na, ich denke, hier können wir
auf die anderen Werte verzichten. Das ist nichts. Hat sie klinisch was?«
    »Nicht viel.«
    »Dann lassen wir’s.«
    Ich staunte. Er ließ die
Gelegenheit vorübergehen, mir eine nutzlose Arbeit aufzuhalsen.
    »Gut«, sagte ich.
    Er schob mir das Blatt hin und
griff nach der Tasse. Ich sah, wie er trank. Viel auf einmal. Fast alles.
    »Sehr zum Segen«, sagte ich.
    »Danke, danke«, erwiderte er.
    Ich konnte nichts mehr tun. Ich
ging.
    Während der folgenden Tage
erschien ich immer zu seiner Kaffeezeit, jedesmal mit einer anderen Frage. Der
einzige Erfolg war die Gewißheit, daß er seine Tasse stets zur gleichen Zeit
trank. Fünf bis zehn Minuten nach elf.
    Ich trug das Strontium sechs-
oder achtmal umsonst nach oben. Wenn das so weiterging, war ich eher tot als
Peters.
    Dann kam der 29. März.
    Jedes dieser Daten hat sich
tief in mein Bewußtsein eingegraben.
    Ich brachte eine Jodbestellung
zur Unterschrift hinauf. Eine Versuchsanordnung, die ich auch ein andermal mit
ihm hätte besprechen können, hielt ich in Reserve.
    Die elektrische Uhr auf dem
Korridor zeigte fünf Minuten nach elf. Als ich eintrat, sah ich die dampfende
Tasse und roch den Kaffee. Peters war guter Laune und hatte glänzende Augen. Er
redete viel und machte läppische Witze. Ich saß, fühlte das Blei in meiner
Tasche und sah die Tasse. Ich war jetzt besser trainiert. Meine Unruhe war
geschwunden. Ich war nur noch ein Bestandteil meines Planes.
    Es vergingen zwei oder drei
Minuten. Peters begann in der Tasse zu rühren.
    Das Telefon klingelte. Peters
hob lässig den Hörer ab. »Ja — nun, was haben wir denn?«
    Ich hörte

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