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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Straße. Ich wußte, wo sich meine Meldestelle befand. Dort war auch das
Polizeirevier. Die frische Nachtluft drang tief in meine Lungen. Eine selten
schöne Nacht war um mich.
    Vera hätte bei mir sein können.
    Alles hätte anders sein können.
    Ich kam an einem Briefkasten
vorbei und warf meine Briefe ein. Mein Vater würde entsetzt sein. Meine Mutter
würde niemals verstehen, wie ich diese Tat hatte begehen können. Es wäre auch
das erste Mal, daß sie mich verstanden hätte.
    Ich dachte an die Kliniken und
den Aufruhr, den es geben würde. Meine Stellung war verloren. Aber das machte
nichts. Die Stadt war mir ohnehin verleidet. Ich war schon viel zu lange
hiergewesen.
    Nach der nächsten Ecke sah ich
das blau-weiße Schild:
     
    6. Polizei-Revier.
     
    Ich stieg ein paar Stufen
hinauf. Die Tür wurde durch ein Lederpolster einen Spaltbreit offengehalten.
Von einem halbdunklen Raum gingen einige Türen ab.
    Ich sah das Pappschild.
     
    Wachstube
     
    Ich klopfte kurz und trat ein.
Es roch nach billigem Fußbodenöl. Eine brusthohe Barriere lief mitten durch den
Raum. In der Ecke, vor dem graugrünen Fenstervorhang, saß ein Polizist an einer
uralten Schreibmaschine Und tippte mit zwei Fingern. Durch die halbgeöffnete
Für neben seinem Platz drangen leise Stimmen.
    Eine plumpe Holzbank stand an
der Wand, gegenüber der Barriere. Darüber klebte ein Plakat mit dem finsteren
unrasierten Gesicht eines Mannes.
    Raubmord! 5000 DM Belohnung!
    Es war zwei Jahre alt.
    »Guten Abend«, sagte ich. Ich
lehnte mich an die Barriere und stellte meine Tasche zu Boden.
    »Guten Abend«, rief der
Polizist fröhlich. Er sah knabenhaft und frisch aus. »Was können wir so spät
noch für Sie tun?«
    Er stand auf und kam heran.
    »Oh!« sagte er teilnahmsvoll.
»Schlägerei? Das sieht ja übel aus!«
    Ich nahm meine Brieftasche
heraus und legte meinen Personalausweis vor ihn hin.
    »Ich bin Doktor Butterweis«,
sagte ich. Das Sprechen fiel mir schwer. Meine Lippe brannte, trotz der
Tabletten.
    Er sah mich erwartungsvoll an.
»Ja, Herr Doktor?«
    Ich griff in die Brusttasche
und legte die Mauser neben den Ausweis. »Hier ist meine Pistole«, sagte ich.
»Ich habe vor zwei Stunden einen Mann erschossen. Parkallee 17. Doktor Peters.«
    Seine Augen weiteten sich. Auf
seiner Haut erschienen rote Flecke.
    Er schluckte ein paarmal, ehe
er ein Wort herausbrachte.
    »Haben — haben Sie einen
Waffenschein?«

XVI
     
     
    Sie saßen zu dritt um mich
herum. Sie hatten die gleichen Augen, die gleichen Anzüge, die gleichen
Manieren. Wahrscheinlich hatten sie alle die Polizeischule absolviert.
    Sie behandelten mich mit
unerbittlicher Behutsamkeit. Schon auf der Wache waren alle mit gramerfüllten
Gesichtern um mich herumgeschlichen. Ich tat ihnen leid, aber gleichzeitig
waren sie froh, nicht in meiner Haut zu stecken.
    Noch in der Nacht hatte ich sie
zu Peters begleiten müssen. Sie blieben in der Wohnung, während ich zum
Präsidium gefahren wurde. Bis zum Morgen durfte ich schlafen. Dann holten sie
mich zum Verhör.
    Ich erzählte meine Geschichte
noch einmal. Noch nie hatte ich aufmerksamere Zuhörer.
    »Doktor Peters war überall als
schwieriger Mann bekannt«, sagte ich. »Ich kam leidlich mit ihm aus. Ein
anderer hätte ihm den Kram längst hingeworfen. Mir liegt es nicht, zu streiten.
Ich tat meine Arbeit und hielt mich zurück. In ein paar Tagen oder höchstens
Wochen wäre ich sowieso auf eine andere Abteilung gekommen. Er wußte das. Er
war wütend, weil er nun wieder allein arbeiten sollte.«
    Ich lächelte im Kreis herum.
    »Arbeit war nicht seine
Lieblingsbeschäftigung. Er hatte mich für gestern abend eingeladen. Er wollte
mich überreden, noch länger in der Abteilung zu bleiben. Ich lehnte ab. Er
wollte Gründe wissen. Ich machte einige Ausflüchte, ich müßte auch einmal die
anderen Sparten kennenlernen, und so weiter. Er erregte sich. Schließlich Sagte
ich ihm den wahren Grund. Die Zusammenarbeit mit ihm wäre nicht einfach, sagte
ich. Deswegen bekäme er keine Mitarbeiter. Seine Assistentinnen seien ihm
davongelaufen, eine nach der anderen. Er wurde wütend und beleidigte mich. Ich
wollte gehen. Er wurde noch ausfallender. Schließlich verlor ich die Geduld und
sagte ihm meine Meinung.«
    Ich hielt inne und betupfte
meine Lippen mit dem Taschentuch.
    Die drei Männer betrachteten
mich. Aufmerksam und unpersönlich, wie ein Aktenstück.
    »Vielleicht hätte ich es nicht
tun sollen«, sagte ich. »Aber es hatte sich

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