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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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allerhand in mir angesammelt. Wir
schrien uns an. Dann schlug er mich. Wir kamen ins Handgemenge. Er gab mir ein
paar Schläge. Meine Brille zerbrach. Dann würgte er mich am Hals.«
    Ich fing an, mich zu erregen
und zu zittern, als übermannte mich die Erinnerung an das Entsetzliche.
    »Ich bekam keine Luft mehr. Ich
wollte um Hilfe rufen und konnte nicht. Ich wußte keinen anderen Ausweg.«
    Ich schwieg und atmete schwer.
Ich versuchte, so beklagenswert wie möglich auszusehen.
    »Ich wollte ihn nicht töten.
Bitte, glauben Sie mir.«
    Mein hilfeflehender Blick
prallte an ihren Gesichtern ab.
    »Ich wollte ihn abschrecken.
Als ich zu mir kam, war er tot.«
    Ich ließ den Kopf sinken.
Allmählich tat ich mir selbst leid.
    Eine Weile geschah nichts. Der
Kommissar hinter dem Schreibtisch hatte glänzendes, schwarzes Haar und
Nikotinfinger. Der zweite Mann schrieb unablässig, ohne aufzusehen. Der dritte
saß ein Stück entfernt auf einem Stuhl und tat nichts und sagte nichts.
    »Warum trugen Sie die Pistole
bei sich?« fragte der Kommissar.
    Ich blickte auf.
    »Es kling vielleicht komisch,
Herr Kommissar, aber — ich habe sie meistens bei mir. Ich sehe schlecht und bin
jedem anderen unterlegen. Einmal bin ich schon nachts überfallen worden.«
    Zufällig stimmte es. Zwei
Betrunkene hatten mich angefallen, als ich von einem Heimatfest nach Hause kam.
»Ich hatte sie für den Heimweg bei mir. Für nichts anderes. Warum sollte ich
Doktor Peters umbringen?«
    Ich weiß es, dachte ich. Und
ihr möchtet es gern wissen. »Nie wieder will ich das Ding sehen«, sagte ich.
    Der Kommissar nickte, als
verstünde er meine Pein.
    »Wann hat Doktor Peters Sie
eingeladen?«
    »Am Donnerstag«, sagte ich,
ohne zu zögern.
    »Was haben Sie getrunken?«
    »Nicht sehr viel«, sagte ich.
»Zuerst Wein. Eine Flasche. Ich bekam davon nur zwei Gläser. Er trank viel
schneller. Und dann Rum mit Zitrone. Die Flasche muß noch dort stehen. Ich
hatte sie mitgebracht.«
    »Sie hatten sie mitgebracht?
Warum?«
    Vorsicht, dachte ich. Sie
dürfen nicht wissen, daß die Einladung von mir ausging.
    »Ich wollte auch etwas
beisteuern«, sagte ich, »das ist doch heute so.« Ich sah im Kreis herum, aber
ich gewahrte kein Zeichen von Zustimmung.
    Ich lächelte verlegen.
    »Um die Wahrheit zu sagen — ich
mache mir nicht viel aus Wein. Deswegen habe ich den Rum mitgebracht.«
    »Sie wußten, daß es Wein geben
würde?«
    Himmel, was wollte er bloß mit
dem Wein!
    »Ja. Ich war schon einmal bei
ihm eingeladen.«
    »Wann war das?«
    Ich dachte nach, obwohl ich es
wußte.
    »Im Januar. Er hatte ein paar
Leute eingeladen, darunter auch mich.«
    »Wer waren diese Leute?«
    »Ja, wer war das?« fragte ich.
»Ich war damals noch nicht lange hier. Warten Sie mal — unsere Fotografin, eine
technische Assistentin — ein anderer Kollege. Das sind alle, glaube ich.«
    Von Vera brauchten sie nichts
zu wissen.
    Der Mann an der Seite schoß
eine Frage ab.
    »Haßten Sie Doktor Peters?«
    Ich wandte langsam den Kopf.
    »Ich mochte ihn nicht. Er
konnte etwas in seinem Fach. Als Mensch war er wenig angenehm. Jeder im
Institut wird Ihnen das bestätigen. Aber gehaßt habe ich ihn nicht. Man
erwischt immer mal einen schwierigen Vorgesetzten. Das ist noch kein Grund zum
Haß.«
    Die Augen des Kommissars
wanderten über mein zerschundenes Gesicht. »Und — private Gründe hatten Sie
nicht?«
    Doch Vera.
    »Keine Spur«, sagte ich. »Ich
hatte überhaupt keine privaten Berührungspunkte mit ihm.«
    »Na ja, es könnte doch sein«,
sagte er freundlich lächelnd. »Eine Frau zum Beispiel...«
    »Eine Frau?« Ich versuchte zu
lachen, um meine Erschrecken zu verbergen. »Ich hatte keine. Er hatte genug.
Nein, Herr Kommissar. Und deswegen erschieße ich niemanden.«
    »Natürlich nicht.«
    Ich atmete auf. Sie tappten an
der Wahrheit vorbei und merkten es nicht.
    »Das Bild auf Ihrem
Schreibtisch — wer ist das?«
    Wieder dieser Kerl von der
Seite.
    »Das ist — eine Bekannte von
mir. Wieso?«
    »Wie heißt sie?«
    »Ring. Doktor Ring.«
    »Vorname?«
    »Vera«, sagte ich, aber ich
verstehe nicht...«
    »Das macht nichts«, sagte der
Kommissar. »Wo ist sie jetzt?« Nur nicht nervös werden, dachte ich. Sie können
nichts wissen. »Es ist schwer zu sagen, wo sie jetzt ist«, sagte ich. »Sie ist
vor vierzehn Tagen gestorben.«
    Es beunruhigte mich, daß sie
nicht überrascht waren. Vermutlich waren sie durch nichts zu erschüttern. Außerdem
konnte sich die Geschichte auch bis

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