Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
Vom Netzwerk:
spürte, wie sie den Blick zu ihm wandte. Einige
Sekunden hielt er es aus, dann drehte er ängstliche den Kopf. Ihre Augen waren
groß und hell und sahen ihn unverwandt ernsthaft an. Nichts in ihrer Miene ließ
ihre Gefühle erraten. Als Handflächen wurden feucht.
    Was würde sie sagen?
    »Passen Sie auf die Straße auf,
Mr. Maycock.«
    »Ja, Miß June.«
    Al atmete auf. Es schien, als
könnte er die Stellung behalten. Kein einfaches Mädchen das. Mit ihr war es
nicht so, wie mit den anderen.
    Der Rolls lief lautlos und
leicht. June hatte sich zurückgelehnt und hielt das Kinn in den Wind.
    Al nahm das Gas weg, als die
Häuser eines Dorfes auftauchten. Die Straße fiel leicht ab. Die letzten Zäune
blieben zurück, der Rolls gewann an Fahrt.
    Dann kam die Kurve.
    Al sah das Kind, das am Ende
der Biegung plötzlich hinter einem Baum hervorsprang, rechtzeitig.
    Nichts hätte passieren können.
    Aber sein Fuß fand keinen
Widerstand, als er das Bremspedal heruntertrat. Der Wagen reagierte nicht.
    Der helle Kopf des Mädchens war
zwei Meter vor dem Kühler. June stieß einen gedämpften Schrei aus. Al riß das
Steuer nach rechts. Der Rolls knickte auf dem Vorderrad ein und schoß quer über
die Straße. Ein krachender Stoß warf Al mit der Brust gegen den Volant. Der
Wagen bäumte sich, das Heck schwang herum, und die Hinterräder schmirgelten
kreischend über den Asphalt.
    Bleiernde Stille folgte.

VII
     
     
    Al sah sein verstörtes Gesicht
im Rückspiegel. In der Brust spürte er einen bohrenden Schmerz, der nur für
kurze Atemzüge Raum ließ. Eine Rippe wahrscheinlich.
    Dann dachte er an June.
    Der Wagen hing nach links, er
stand mit einer Hälfte in einem flachen Graben, June lag mehr als sie saß und
öffnete die Augen, als Al in jäher Angst ihre Schultern faßte.
    »June! Miß June! Was ist mit
Ihnen? Haben Sie irgend was?«
    Sie richtete sich auf und
strich ihr Haar aus der Stirn. »Nichts. Wo ist das Kind?«
    Al sah sich um. Auf der anderen
Seite der Straße stand das Mädchen. Es hatte einen Finger im Mund und starrte
mit aufgerissenen Augen nach dem Wagen und seinen Insassen. Al wollte rufen,
aber da fuhr es herum und lief wie gehetzt dem Dorf zu.
    »Sieht ganz unbeschädigt aus«,
knurrte er. »Gleich wird die gesamte Bürgerschaft hier sein.«
    »Bin ich froh, daß ihr nichts
passiert ist«, sagte June.
    »Ich auch. Aber was anderes ist
mir noch wichtiger: Sind Sie wirklich ganz, Miß June?«
    »Ja.«
    »Heiliger Georg, ich danke
dir«, sagte Al, und es klang so aufrichtig, daß June lächelte. Al ließ sie los
und lehnte sich in seinen Sitz zurück. Er faßte unter seine Jacke. Junes
Lächeln verschwand.
    »Was haben Sie?«
    »Keine Sorge. Es ist... au!«
    »Hand weg!«
    Er ließ resignierend seinen Arm
sinken. Junes Finger fühlten behutsam über die schmerzende Stelle.
    »Wird nur ‘ne Rippe sein. Sind
ja zwölf auf jeder Seite. Sie betasten die Brust eines Helden, Miß June.«
    »Versprechen Sie mir, zum
nächsten Arzt zu gehen?«
    »Aber es ist doch...«
    »Versprechen Sie es oder
nicht?«
    »Ich verspreche es.«
    »Gut.«
    Al sah sie an. »Habe den
Eindruck, daß meine Glückssträhne abgerissen ist.«
    »Halten Sie mich immer noch für
Ihren guten Engel?«
    »Unbedingt. Hätte bedeutend
mehr passieren können. Ich möchte bloß wissen...«
    Er starrte auf das Bremspedal
hinunter. Dann trat er es durch.
    Mühelos senkte sich die Platte
bis zum Anschlag.
    Er warf einen Blick zu June,
die ihm gespannt zugesehen hatte. »Geht ziemlich leicht, was?«
    »Ziemlich sehr.«
    Er kletterte aus dem Wagen und
öffnete die Motorhaube. Da war der Behälter mit der Bremsflüssigkeit. Al hob
den Deckel ab. Leer. Trocken und leer.
    »Na?«
    »Nichts drin.«
    »Haben Sie vorher nachgesehen?«
    Al senkte den Kopf.
    »Nein.«
    Dann kam ihm ein Gedanke. Er
ließ die Haube fallen und ging nach vorn. »London — 48 Meilen« stand an dem
Stein, auf den sie aufgebrummt waren. Al zwängte sich mit Anstrengung unter den
Wagen.
    Wenn nur die verflixten
Schmerzen nicht gewesen wären!
    Die Vorderachse sah lieblich
aus, aber die interessierte ihn jetzt nicht. Er tastete nach dem Druckzylinder
neben der Bremstrommel. Hier mußte die Verschlußmutter sitzen. Sie fehlte. Als
Zeigefinger fuhr in das leere Gewindeloch.
    Einen Augenblick lag er still,
dann wälzte er sich nach der anderen Seite. June war ausgestiegen und sah ihm
zu.
    »Hier, Miß June! Lege Wert
darauf, daß Sie das sehen.«
    June kam herunter, und ihre
Gesichter

Weitere Kostenlose Bücher