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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewonnen zu haben, der jederzeit bereit war, sein Leben für mich hinzugeben. Ich rauchte die Pfeife an, blies den Rauch nach den vorgeschriebenen Richtungen und reichte sie ihm dann hin. Er wiederholte die Zeremonie und rauchte den Inhalt des Kopfes schweigend zu Ende. Die Pfeife war ein Geschenk Winnetous. Der Ton zu dem Kopf stammte aus den heiligen Brüchen des Nordens, und jede ausgestoßene Rauchwolke galt als ein unverbrüchlicher Schwur zum großen Geist, die geschlossene Freundschaft bis zum Tod treu zu halten. Die Freundschaft der ‚Bleichgesichter‘ wird oft auch durch Tabaksqualm und Spiritusduft geschlossen, aber was ist sie wert? Sie hört auf, sobald der Qualm sich verzogen und der Spiritus sich verflogen hat!
    Jetzt gab es keine Geheimnisse mehr zwischen uns, und ich erfuhr nun, was ihn an den Bighorn geführt hatte: Er war als Kundschafter da, und ohne mein Zusammentreffen mit ihm wäre die Besatzung des Forts und die übrige Bewohnerschaft desselben höchstwahrscheinlich verloren gewesen.
    „Die Krieger der Tetongs kamen an die Pässe des Gebirges, um den Büffel zu jagen, der dort vorüber kommt“, sagte der Häuptling. „Sie hatten eine gute Jagd, denn der Büffel kam mit seinen Frauen und Kindern in einer großen Herde, wie man sie seit vielen Sommern nicht gesehen hatte. Die Söhne der Tetongs sind stark und tapfer, darum lagen die Büffel und die Kühe zu großen Scharen tot am Boden. Da aber kamen die Bleichgesichter, welche bunte Kleider tragen, und verlangten, daß man die Büffel ihnen überlasse. Sie hatten mehr Feuergewehre als die roten Männer. Diese wehrten sich, mußten aber weichen und ließen dreimal fünf und noch drei Tote zurück. Waren die Bleichgesichter in ihrem Recht?“
    „Nein“, mußte ich leider antworten.
    „Das denken die roten Männer auch. Darum haben sie den Medizinmann gefragt und einen großen Rat gehalten. Der große Geist hat ihnen einen Sieg verheißen, wenn sie die verräterischen Bleichgesichter angreifen. Nun sind sie ausgezogen, um den Feind zu bestrafen. Sie liegen im Wald und haben das ‚Tödliche Feuer‘ ausgesandt, nach Fort Cast zu gehen, um zu sehen, wie viele Feinde sich dort befinden und was man tun muß, um die festen Wohnungen der Bleichgesichter zu erobern.“
    Das hatte ich kommen sehen! Dieser Sioux sah mich heut zum erstenmal; er wußte, daß ich jetzt zu den Bewohnern des Forts gehörte, und dennoch vertraute er mir das alles an. Ist es zu verwundern, daß ich ihn für meiner Freundschaft würdiger hielt als diejenigen, welche seine Rache so – gelind gesagt – unbesonnen herausgefordert hatten? Aber durfte ich ruhig zusehen, daß das Fort überfallen wurde? Nein! Und grade aus diesem Grund befand ich mich gegenwärtig in einer gar nicht beneidenswerten Lage.
    „Wird mein Bruder Old Shatterhand mit mir zu den Kriegern der Tetongs kommen, um das Fort zu überfallen?“ fragte er, als ich längere Zeit sinnend schwieg.
    „Nein“, antwortete ich aufrichtig.
    „Warum nicht? Du hast mit mir das Kalumet geraucht!“
    „Ich bin dein Freund, aber auch alle Bleichgesichter sind meine Brüder.“
    Ich gestehe offen, daß es mir nicht leicht wurde, diese Worte auszusprechen, und ich bekam die Folgen denn auch sofort zu hören:
    „Du sagtest selbst, daß sie unrecht gehandelt haben, und dennoch willst du der Bruder dieser Verräter und Lügner sein! Ich freute mich, als ich vernahm, daß du Old Shatterhand seist, aber ich sehe doch, daß es schwer ist, der Freund eines Bleichgesichtes zu werden!“
    Was sollte ich antworten? Ich konnte leichter mit einer ganzen Herde wilder Büffel anbinden, als diesem einfachen Wilden beweisen, daß es jetzt meine Pflicht sei, sein Vorhaben an seine Feinde zu verraten.
    „Ihr wollt die Bleichgesichter töten, weil Manitou es euch befohlen hat?“ fragte ich.
    „Ja.“
    „Nun wohl! Auch ich muß meinem Manitou gehorchen, und er sagt, daß er allein der Rächer sei.“
    „Warum hat denn dieser Manitou nicht bereits längst seine roten Kinder gerächt? Oder ist dein Manitou ein anderer als der meinige? Das ‚Tödliche Feuer‘ ist in den Städten der Bleichgesichter gewesen und hat die Reden ihrer Priester vernommen. Kennt Old Shatterhand diese Reden? Wer Menschenblut vergießt, der soll auch sterben, sagt euer Buch; deshalb sollen auch die Bleichgesichter im Fort sterben! Einer soll den anderen lieben, sagt euer Buch. Warum wurden dreimal fünf und noch drei Krieger der Tetongs getötet, die doch

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