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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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geschenkt, und als er sich danach erkundigt hatte, war ihm klar geworden, dass es sich um ein ziemlich teures Tröpfchen handelte. Aus diesem Grund hatte er sie aufgehoben.
    Ira sah ihn fragend an.
    » Ich trinke keinen Alkohol«, sagte er.
    » Du…« Sie hielt inne, dann überzog eine leichte Röte ihre Wangen. » Oh, natürlich. Du bist Muslim!«
    Er lehnte sich zurück. » Stimmt.«
    Da warf sie fluchend die Arme in die Luft. » Herrgott, Faris! Wenn du dir jedes Wort aus der Nase ziehen lässt, wird dieses Frühstück ziemlich ungemütlich werden.«
    Ich habe dich nicht gebeten herzukommen.
    Die Entgegnung lag ihm auf der Zunge, aber er schluckte sie hinunter. Er schaute aus dem Fenster, wo es inzwischen dämmerte, und dabei dachte er an die vergangene Nacht. Er war heilfroh, dass Ira bei ihm gewesen war. Er wusste nicht, was er andernfalls getan hätte.
    Er zwang sich zu einem schwachen Lächeln. » Entschuldige. Du hast recht, ich bin Muslim, aber das ist es nicht. Jedenfalls nicht vordergründig. Natürlich bin ich muslimisch erzogen worden, und mein Vater meidet den Alkohol aus religiösen Gründen. Als Teenager habe ich diese Gewohnheit übernommen, auch wenn ich mich immer an seiner Frömmigkeit gerieben habe.« Er legte die Unterarme auf die Tischplatte. » Ich glaube, ich habe es mehr aus sportlichen Gründen getan. Aber in den letzten Monaten war ich froh über diese Angewohnheit.«
    Ira setzte sich nun ebenfalls. » Warum?«
    Die Kaffeemaschine röchelte.
    » Weil ich nach allem, was geschehen ist, wahrscheinlich sonst das Saufen angefangen hätte.«
    Sie nickte verstehend. » In meinem Glauben gilt der Wein als Zeichen für Zusammengehörigkeit.« Sie wischte das Thema vom Tisch und wies auf die Teller. » Es ist kein fürstliches Mahl, aber ich habe mich nicht getraut, einkaufen zu gehen und dich hier allein zu lassen.«
    Mit einer langsamen Bewegung griff Faris nach einer Scheibe Toast und begann, sie mit Marmelade zu beschmieren. » Warum tust du das?«, fragte er und machte eine Geste, die sie einschloss, ihn selbst, das Essen, die Küche.
    Sie nahm ihr Messer und drehte es zwischen den Fingern, während sie Faris musterte. » Mich um dich kümmern?« Ihr Blick streifte das Smartphone, das er neben sich auf den Tisch gelegt hatte, und sie schien sich unwohl zu fühlen, als sei es kein technisches Gerät, sondern eine fette Vogelspinne, vor der sie sich fürchtete. Faris schob es ein Stück zur Seite. Sie hatte ihn bisher mit keinem Wort auf das brutale Video angesprochen.
    Er nickte und biss in seinen Toast. Sein Mund zog sich zusammen, so hungrig war er auf einmal.
    Sie zuckte die Achseln. » Vielleicht, weil ich das Gefühl habe, dass es nötig ist.«
    Er kaute. Schluckte. » Dein Beruf«, meinte er nur.
    Verständnislos hob sie eine Augenbraue.
    » Du bist Pfarrerin«, erklärte er. » Du musst dich um die Menschen kümmern, sie retten.«
    » Gewöhnlich tue ich das nicht so.« Eine leichte Röte überzog ihre Wangen. Er wusste, sie dachte an den Sex.
    » Glaube ich dir sofort.«
    Ein schwaches Lächeln glitt über ihre Miene. » Für das Retten bist wohl eher du zuständig.«
    Eine Plattitüde lag ihm auf der Zunge, etwas wie Es gibt verschiedene Arten, einen Menschen zu retten, aber er behielt sie für sich. » Was ist mit dir?«, hörte er sich fragen.
    Sie sah erstaunt aus. » Was soll mit mir sein?«
    » Hast du Familie?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Miene verriet ruhiges professionelles Interesse für das Thema, das er angeschnitten hatte, und er wusste, dass sie ihn jetzt wieder mit den Augen einer Seelsorgerin betrachtete. Bezeichneten die christlichen Prediger ihre Gemeindemitglieder nicht gern als Schäfchen? Die Vorstellung, in ihren Augen ein Schaf zu sein, war ihm unangenehm, und er versuchte, diesem Gefühl zu entkommen. Die Erinnerung an die vergangene Nacht fühlte sich plötzlich noch verwirrender an als zuvor.
    » Einen Mann?« Er hielt inne, überlegte. » Darfst du überhaupt einen Mann haben? Als Pfarrerin, meine ich?«
    Sie nickte. Plötzlich wirkte sie distanziert.
    » Entschuldigung«, murmelte er und beschloss, sich auf sicheres Terrain zu retten. Auch seine Wangen fühlten sich jetzt verdächtig heiß an. » Durch die SERV weiß ich zwar eine Menge über deinen Glauben, aber so gut wie nichts über deinen Beruf.«
    » Was ist die SERV ?« Sie schien erleichtert, das Thema wechseln zu können.
    » SERV bedeutet Sondereinheit für die Ermittlung bei religiös

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