Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
um Hilfe, und da ihr Ruf gehört wurde, so mußte ich leider abtreten.“
    „Donnerwetter, das begreife ich nicht! Waren es denn so viele, welche herbeikamen?“
    „Nur einer, aber dieser Kerl hatte das höllische Feuer im Leib.“
    „Das muß ja ein wahrer rasender Roland gewesen sein, so einem Riesen gegenüber, wie Sie sind.“
    „Ein Roland? Pah, ein Zwerg war er, aber was für einer.“
    „Wenn ich nur seinen Namen wüßte.“
    „Sternau rief sie ihn.“
    „Sternau? Ah, das ist ja der Schulmeister!“
    „Schulmeister!“ rief der Herzog ergrimmt. „Ein Schulmeister? Ist das wirklich wahr?“
    „Ja. Sternau heißt der Erzieher des Sohnes des Bankiers.“
    „Alle Teufel! Also wirklich ein Schulmeister! Und vor ihm bin ich gewichen. Wenn ich diesen Kerl einmal erwische, so soll Gott ihm gnädig sein. Dürr und zerbrechlich wie ein Schulmeister sah er allerdings aus; aber Kraft hatte der Kerl in den Knochen wie ein Schmied, und schnell war er wie ein Satan. Also da wissen wir nun schon etwas. Weiter!“
    „Dieser Erzieher ist ein Deutscher und hat ein Auge auf die Gouvernante geworfen.“
    „Das mag er bleibenlassen.“
    „Keine Sorge, Serenissimus! Sie mag nichts von ihm wissen, obgleich auch sie eine Deutsche ist.“
    „Ah, das ist mir lieb. Um eine Ausländerin wird sich kein Mensch kümmern, wenn ihr etwas nicht ganz Gewöhnliches begegnen sollte. Und besonders diese Deutschen braucht man gar nicht zu fürchten. Wie heißt sie?“
    „Es ist eine Señora Wilhelmi.“
    „Hat sie es bei diesem Filz, dem Salmonno, gut?“
    „Ich glaube schwerlich.“
    „Hm, wenn man sie aus dem Haus bringen könnte. Es ist das aber wohl zu schwierig.“
    „Ich glaube nicht.“
    „Ah! Hast du bereits darüber nachgedacht?“
    „Ein wenig.“
    „Nun?“
    „Das Kind, welches sie zu erziehen hatte, ist gestorben –“
    „Alle Teufel, das wäre gut!“
    „Ja. Der Bankier ist nicht derjenige, welcher eine Gouvernante bezahlt, für welche er keine Beschäftigung hat. Er wird ihr jedenfalls in nächster Zeit kündigen.“
    „Schlaukopf! Du meinst, daß sie dann vielleicht in eine bedrängte Lage geraten wird, welche sie gefügig macht?“
    „Nein, darauf rechne ich nicht. Diese Deutschen sind da von einer Ehrenhaftigkeit, welche ganz und gar unglaublich ist; sie haben Fischblut in den Adern. Nein, ich – dachte an etwas anderes!“
    „Nun? Heraus damit!“
    „Werden Sie mir verzeihen, wenn mein Plan etwas zudringlich erscheinen sollte?“
    „Schweige nicht, sondern rede!“
    „Nun, ich dachte daran, daß Eure Exzellenz ja selbst eine Tochter besitzen, für welche es sehr –“
    Der Herzog sprang wie elektrisiert vom Stuhl auf und unterbrach ihn:
    „Donnerwetter, das ist ja wahr! Ich kann sie als Gouvernante engagieren. Dann wohnt sie bei mir, und ich möchte sehen, ob sie sich dann nicht bewegen ließ, auch den Vater ein wenig zu erziehen. Der Plan ist gut, ist prachtvoll. Aber wie führen wir ihn ins Werk?“
    „Auffällig darf man nicht werden.“
    „Nein.“
    „Also anbieten dürfen wir uns nicht.“
    „Nein.“
    „Man könnte eine Annonce in das Blatt rücken –“
    „Ob sie sich da melden würde?“
    „Man muß nur sagen, daß man einer Deutschen den Vorzug geben würde.“
    „Ja, das könnte gehen. Aber wenn sie diese Annonce gar nicht liest, gar nicht zu sehen bekommt?“
    „So ist es immer noch Zeit, an ein anderes Mittel zu denken. Man muß es abwarten.“
    „Gut, bleiben wir also bei der Annonce. Willst du sie abfassen?“
    „Wie Sie befehlen.“
    „Tue es, sei aber vorsichtig. Es muß jede Auffälligkeit vermieden werden. Aber, da fällt mir ein: Das Mädchen wird mich doch nicht wiedererkennen?“
    „Hatten Sie denn die Maske abgenommen?“
    „Nein, sondern nur bis zum Mund empor gezogen.“
    „So wäre ja nur der Bart zu fürchten.“
    „Ich werde ihn ein wenig kürzen. Übrigens ist es gar nicht notwendig, daß ich selbst das Engagement mit ihr bespreche und abschließe. Das werde ich dir überlassen. Ist sie einmal eingetreten, so soll es ihr nicht leicht werden, gleich wieder fortzugehen. Also, besorge die Annonce, und hier hast du eine Anweisung an den Kassier. Du sollst nicht um deine sechzig Duros kommen.“
    Er notierte eine Summe auf einen Zettel, den er Cortejo gab, und dieser entfernte sich. Er freute sich der ganzen Angelegenheit königlich, denn je mehr er zum Vertrauten der Schwächen seines Gebieters gemacht wurde, desto mehr Herrschaft gewann er über

Weitere Kostenlose Bücher