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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ungewöhnlich tief vor ihm.
    Ferdinando hatte inzwischen die Gestalt der vierten Dame mit Kenneraugen überflogen. Sie trug einen langen, fledermausartigen Mantel, der von ihrer Gestalt nichts sehen ließ, aber das Haar war prachtvoll, das Ohr klein, die Lippen zum Küssen schön und das Kinn von jener schönen Rundung, die auf einen vollen Körperbau schließen läßt, und eben jetzt, als sie sich verbeugte und ihre Lippen sich ein wenig öffneten, erblickte Ferdinando zwei Reihen kleiner Zähne, die gar nicht prächtiger gedacht werden konnten. Sein Entschluß war gefaßt; er wandte sich ausschließlich nur an sie:
    „Señorita, bitte, Ihren Arm!“
    Er sprach nur die vier Worte, ohne alle Phrase, aber es lag in seiner Stimme ein eigenartiger Wohlklang, dem man nicht gut widerstehen konnte.
    „Sie sollen ihn haben, Señor.“
    Auch ihre Stimme hatte etwas unendlich Weiches und Sympathisches an sich. Sie legte ihren Arm in den seinigen, und nun brachen die vier Paare auf.
    Es wurde zunächst wacker umhergetollt, zuweilen eine Tasse Schokolade und ein Glas Wein getrunken. Die vier Paare hielten sich einzeln, aber doch immer in einer Gruppe, so daß man sich sah, jedoch gegenseitig keines der Zwiegespräche verstehen konnte.
    Ferdinando hatte längst erkannt, daß er es mit einer ausgezeichneten Schönheit zu tun hatte. Schon als sie ihm den Arm gab und er die elektrisierende Fülle und Rundung desselben fühlte, war es wie eine glückliche Ahnung über ihn gekommen. Sodann war ihm der unendlich leichte, schwebende Gang sehr bald aufgefallen, und endlich hatte er an dem Faltenwurf des Mantels bemerkt, daß dieser eine Venus verhüllen müsse.
    Jetzt schritten sie hinter den anderen drei Paaren langsam dahin, leise, trauliche, abgebrochene Worte flüsternd.
    „Werden Sie mir sagen, wer Sie sind?“ bat sie.
    „Jetzt nicht, erst dann, wenn Sie mir auch Ihren Namen nennen.“
    „Vielleicht werde ich es tun, darf ich raten?“
    „Ja, bitte, Señorita!“
    „Sie sind adelig. Dies vermute ich bei Ihrem Benehmen. Ferner sind Sie sehr reich.“
    „Hm! Woraus ziehen Sie diesen Schluß?“
    „Aus dem Brillantring, den ich hier fühle und immer funkeln sehe.“
    Ferdinando hatte seinen rechten und ihren linken Handschuh ausgezogen, so daß sie sich jetzt barhändig führten. Dabei hatte er das kleine und doch so kräftige Händchen bewundert, das sie ihm so widerstandslos überlassen hatte.
    „Wollen Sie nicht auch raten, was ich bin?“ fragte sie.
    „Nein.“
    „Ah! So bin ich also ganz ohne Interesse für Sie?“
    „Nicht so, Señorita! Es ist mir, als wandle eine Fee, ein lichter Engel neben mir; das will ich glauben und diesen Traum nicht durch triviale Fragen zerstören.“
    „So träumen Sie also?“ fragte sie in einem Ton, der beinahe innig genannt werden konnte.
    „Ja.“
    „Ich hätte Sie eher für einen Mann der Tat gehalten.“
    „Das bin ich auch ganz gewiß; aber sobald ein sympathisches Wesen sich an meiner Seite befindet, dann spreche ich nicht viel, dann fühle und empfinde, dann denke und träume ich lieber.“
    „Gut, auch ich bin so. Kommen Sie also, und lassen Sie uns träumen.“
    Damit gab sie sich und ihm eine plötzliche Schwenkung, so daß sie, ungesehen von den anderen, in ein Seitengäßchen einbogen.
    „Aber, Señorita, wir verlieren die Freunde.“
    „Freunde? Pah! Kommen Sie nur!“
    Ihre Stimme klang halb traurig und halb hart; es lag etwas Magisches in dem Klang derselben. Sie führte ihn durch viele Straßen und Gassen langsam auf den Manzanares zu, dessen Wellen im Mondesstrahl wie Silber funkelten. Dort blieb sie stehen.
    „Wir wollen träumen“, sagte sie. „Das geht auf dem Wasser am besten. Können Sie rudern?“
    „Ja, aber wir nehmen uns trotzdem einen Schiffer.“
    „Warum?“
    „Ich will heute nur Ihnen gehören, nicht aber meine Zeit dem Fahrzeug widmen.“
    „Dann werden wir aber nicht allein sein.“
    „Diese Leute sind aus Gewohnheit taub. Kommen Sie!“
    Ferdinando führte seine schöne Begleiterin zu einem der Kähne und half ihr hinein. Sofort kam der Bootsmann herbei und griff nach den Rudern.
    „Wohin?“ fragte er.
    „Spazieren.“
    Nun wußte er, daß er nach eigenem Belieben rudern und fahren konnte. Er kannte diese Art von Leuten, die mit jeder Richtung zufrieden sind, sobald man nur nicht sieht und nicht hört, was sie tun und sprechen.
    Ferdinando setzte sich neben seine Dame, und sie sagte nichts dagegen, daß er noch näher an sie

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