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434 Tage

434 Tage

Titel: 434 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Hand. „Ich mache mir mal ein Sandwich. Ich würde dir auch eines machen, aber das macht wenig Sinn, wenn du gleich essen gehst.“ Er steht auf und geht in Richtung Flur, dann dreht er sich noch einmal um. „Dieser Tag hat mich komplett überrascht.“ Er strahlt mich an. „Du hast mich überrascht.“ Und dieses Lächeln macht mich fertig.
    „Du mich auch...“ Er ist schon fast an den Stufen angekommen, als ich ihm nachrufe. „Tobias?“
    „Hm?“
    „Machst du mir bitte auch ein Sandwich?“
    Er mustert mich irritiert. „Was ist mit dem Essen?“
    „Ich werde absagen.“
    Er kommt langsam zurück ins Schlafzimmer. „Kannst du da so einfach absagen?“ Und jetzt heißt es aufpassen. Denn, wenn ich jetzt sage, dass es kein Problem ist, wird er sich fragen, weswegen ich das vergangene Jahr so oft mit Investoren beim Essen war, wenn ich auch einfach hätte absagen können. Wenn ich aber gehe, dann werde ich vermutlich wieder mit Julian schlafen, so wie immer. Weil ich nicht nein sagen kann. Zumindest nicht zu ihm. Er hat etwas an sich, das jeden klaren Gedanken in meinem Kopf implodieren lässt. Bei ihm werde ich zu einer Version von mir, die ausschließlich von ihren Trieben geleitet ist. Diese Version kennt keine Vernunft und keine Reue. Ich werde in seiner Gegenwart wieder zu dieser anderen Frau. Der Frau, die sich nicht zusammenreißen kann, die nicht genug bekommt. Und dann wird das wunderbare Gefühl einfach wieder verschwinden. „Schnecke?“
    „Na ja, ich meine, die können doch nicht erwarten, dass ich an einem Samstagabend auf Abruf bereit stehe. Ich kann doch auch Pläne haben.“
    „Er meinte aber, es wäre wirklich wichtig.“ Tobias setzt sich neben mich. „Nicht, dass das dann zu einem Problem wird.“
    „Die werden das schon ohne mich schaffen“, sage ich und lege meinen Kopf auf seine Schulter.
    „Versteh’ mich nicht falsch“, sagt er und küsst mich auf die Stirn. „Ich will nicht, dass du gehst, aber er meinte, es wäre einer deiner wichtigsten Kunden. Da solltest du lieber gehen.“
    Das gute Gefühl beginnt bereits zu bröckeln. Er überredet mich gerade dazu, meinen Liebhaber zu treffen. Das ist alles so absurd. „Ich rufe ihn jetzt mal zurück.“
    „Tu das.“ Er lächelt mich an, dann steht er auf. „Ich bin unten.“
    …
    „Bist du völlig geisteskrank?“, flüstere ich aufgebracht.
    „Ich muss dich sehen.“
    „Das kannst du nicht machen.“ Ich gehe ins Bad und schließe die Tür. „Du kannst dich nicht als Kollege ausgeben. Tobias kennt die meisten meiner Kollegen. Was ist, wenn er das nächste Mal nach dir fragt und keiner weiß, wer du bist?“
    „Was hätte ich denn bitte machen sollen?“
    „Nicht anrufen?“, flüstere ich gereizt. „Wie wäre es denn damit?“
    „Ich konnte doch nicht wissen, dass er drangehen wird. Und als er dann dran war, konnte ich doch nicht einfach auflegen, das hätte ihn sicher stutzig gemacht, und dann ist mir nichts Besseres eingefallen.“
    „Okay, verstehe, aber wir hatten den Deal, dass du mir schreibst und ich rufe dich dann zurück.“
    „Das hab ich ja auch. Im Laufe des Tages drei Mal. Aber du hast nicht reagiert.“
    „Ich hatte keine Zeit.“
    „Den ganzen Tag?“ Und plötzlich flackert etwas in seiner Stimme. Und ich kann nicht sagen, was es ist. „Es ist Samstag. Du hast gesagt, an den Wochenenden stirbst du regelmäßig vor Langeweile.“
    „Ja, gut, das habe ich gesagt, aber ich konnte heute eben nicht nach Mails schauen.“
    „Ich muss dich aber sehen.“
    „Nicht heute.“
    „Bitte.“
    „Julian, hör’ auf.“ Und da ist er wieder. Der Dämon in meinem Bauch hebt sein Haupt. Er will, dass ich gehe. Er will ihn sehen. Unbedingt. Und das sofort. Er will alles, was meine Vernunft nicht will.
    „Er denkt doch ohnehin, dass du zu einem wichtigen Abendessen musst.“
    „Julian, ich...“
    „Bitte.“ Und gegen dieses Bitte komme ich nicht mehr an. Ich wünschte, ich wäre stark genug, aber ich bin es nicht.
    „Ist gut“, sage ich und hasse mich dafür. „Ich bin um halb acht da.“ Mein Dämon triumphiert.
     
Kapitel 16  
    Ich starre ihn an. Ungläubig über diese Direktheit, mit der er mich völlig überrumpelt hat. Wir sind keine siebzehn mehr. Wir sind erwachsen. Was ist mit Tobias? Ich bin doch eigentlich glücklich verheiratet. Was denke ich denn da? Ich bin nicht nur eigentlich glücklich verheiratet. Ich bin es. Punkt.
    Und doch ist da ein Teil in mir, der ihn noch immer will. Es wäre

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