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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mitzuteilen.“
    „Du siehst ja, was diese Freundlichkeit gefruchtet hat, sie ist von der Zigeunerin für Schwäche gehalten worden. Soll dieses Weib dich, den Herzog von Olsunna, beherrschen? Soll es deinen Stolz demütigen, dein Selbstbewußtsein zertreten, dein Gemüt verfinstern und deine Gesundheit zerstören? Nein, mein Vater! Seit du mir den Grund deines Kummers mitgeteilt hast, habe ich die heilige Pflicht, deine Seele von ihm zu befreien. Gott ist allgütig; er wird uns den Weg finden lassen, der zu deinem Sohn, meinem Bruder, führt. Und wenn alles andere nutzlos wäre, so wende ich mich an die Behörde und lasse die Zigeunerin festnehmen. Man wird sie zu zwingen wissen, den Aufenthalt des Gesuchten anzugeben.“
    Da leuchtete das Auge des Kranken freudig auf.
    „Welch ein guter Gedanke!“ sagte er. „Deine Entschlossenheit gibt mir neue Hoffnung, wie mir dieser Arzt Sternau neues Leben gegeben hat. Gott scheint deinen Vorschlag zu billigen, da er die Zigeunerin hierhergeführt hat. Laß uns überlegen, wie wir zu handeln haben, ehe sie verschwindet.“
    „Das wird in diesem Augenblick unmöglich sein, denn siehe, dort kommt der Besuch, den wir erwarten.“
    Der Kranke blickte nach dem Weg, der von der Stadt nach dem Hafen führte, und sah einen Herrn langsam daherkommen. Flora ging demselben entgegen. Es war Otto von Rodenstein.

DRITTES KAPITEL
    Der Wahnsinnige
    Otto hatte noch immer keine Ahnung von dem hohen Stand, dem die Geliebte angehörte. Er sah zwar in diesem Augenblick, daß der galonierte Diener, der die Zigeunerin fortgebracht hatte, in das Haus trat, das Flora bewohnte, aber er dachte nicht, daß sie die Herrin des Dieners sei. Er sah also mit ziemlicher Unbefangenheit dem Augenblick entgegen, der ihn mit dem Vater der Geliebten bekannt machten sollte.
    Sie kam ihm entgegen und bot ihm beide Hände zum Gruß dar.
    „Willkommen!“ sagte sie mit einem Lächeln der Freude in den Zügen und dem Strahl des Glückes in den großen, treuen Augen. „Du kommst zur guten Stunde. Vater wird dich gern willkommen heißen!“
    Die Augen des Herzogs ruhten forschend auf der Gestalt und den Zügen Ottos, der sich ihm mit der Haltung eines Edelmannes und Künstlers näherte und nach einer gewandten Verbeugung sagte:
    „Ich bin von ganzem Herzen erfreut, Sie begrüßen zu können, mein Herr. Mein Name wird Ihnen bereits bekannt sein. Es ist mein höchster Wunsch, nach dem Besitz Ihrer Achtung trachten zu dürfen.“
    „Man sieht, daß Sie dieselbe zu erlangen wissen werden“, entgegnete der Herzog in wohlwollendem Ton.
    Das Äußere Ottos hatte sichtlich einen vorteilhaften Eindruck auf ihn gemacht. Er lud denselben mit einer Handbewegung ein, an seiner Seite Platz zu nehmen, da der aufmerksame Diener einen Gartensessel für Flora gebracht hatte. Diese lenkte das Gespräch sofort auf einen passenden Gegenstand.
    „Vater war sehr leidend“, sagte sie, „fühlt sich aber von neuer Hoffnung beseelt, seit Doktor Sternau bei ihm gewesen ist.“
    „Ja“, fiel der Herzog lebhaft ein. „Schon das Äußere, das ganze Auftreten, die geistige Sicherheit dieses Mannes machten einen Eindruck, der das innigste Vertrauen erweckt. Ich habe Ihnen sehr zu danken, daß Sie ihn zu mir sandten. Wie ich höre, ist er Ihr Freund?“
    „Der einzige, den ich habe, Monsieur; aber er ersetzt mir alle anderen, die ich haben könnte, aber nicht haben mag. Die Richtung, die mein Leben verfolgt hat, ist mir keine Aufmunterung zum Anschluß an andere gewesen.“
    „Ja, ich hörte bereits, daß Sie die Einsamkeit lieben“, meinte der Herzog, indem er mit einem feinen, aber doch nicht unfreundlichen Lächeln seinen Blick von Otto auf Flora gleiten ließ. „Und ich gebe Ihnen recht. Die Einsamkeit hat auch ihr Anziehendes. Doch, um nicht von Sternau abzukommen, so hat es mich sehr betrübt, daß er so plötzlich und unerwartet abreiste. Ich war sogar zunächst erschrocken über seine Abreise.“
    „Sie müssen ihn entschuldigen, mein Herr“, bat Otto. „Mein Freund lebt in ganz außerordentlichen Verhältnissen, die ihn gerade jetzt zwingen, eine Seereise zu unternehmen, während welcher ihm jede Minute kostbar ist. Er hat auch mir nur eine Stunde widmen können. Darf ich fragen, ob er Ihre Behandlung abgelehnt hat oder nicht?“
    „Er hat mir Medizin gegeben –“
    „Ach, dann können Sie sicher sein, daß Sie genesen, wenn Sie seinen Ratschlägen genau Folge leisten. Er macht niemals einem Patienten vergebliche

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